Hoden-Krampfader

Die Varikozele ist eine Hoden-Krampfader, also eine Venenerweiterung, die am Nebenhoden in der Nähe des Samenleiters befinden. Diese Krampfadererkrankung tritt meist linksseitig, gelegentlich aber auch auf beiden Seiten auf. Die Erkrankung ist häufig: ca. 15% der Männer sind davon betroffen.

Meist bleiben die Varikozelen von den betroffenen Männern unbemerkt, bei ausgeprägteren Befunden kann es zu einer Schwellung des Hodens sowie Spannungsgefühlen kommen. Ursache ist eine Behinderung des Blutflusses in die Nierenvene. Dadurch kommt es zu einer Druckerhöhung in diesem Bereich und zu einer Aussackung des Gefäßes.

Diagnose
Die Diagnose erfolgt durch den Tastbefund und Ultraschall. Dabei werden verschiedene Ausprägungsgrade unterschieden:

-Subklinische Varikozelen können nicht getastet werden und sind meist nur durch den Ultraschall nachweisbar.
-Varikozelen Grad I können getastet werden, jedoch lediglich, wenn der Druck im Bauch erhöht ist (Bauchpresse)
-Varikozelen Grad II können problemlos auch ohne Pressen getastet werden, sind jedoch nicht mit dem bloßen Auge erkennbar
-Bei Varikozelen Grad III werden die Krampfadern durch die Haut des Hodensacks gesehen und getastet.

Symptome und Folgen
Die Krampfader am Hoden wird oft für eine verminderte Spermienqualität verantwortlich gemacht. Durch die verminderte Durchblutung und den Blutstau kann es zu einer Überhitzung des Hodengewebes kommen und in Folge davon zu einer Verminderung der Hodenfunktion. Der Zusammenhang zeigt sich auch statistisch: 25-40 Prozent der Männer, die in die Fruchtbarkeitssprechstunde kommen, haben eine Varikozele.

Diese Krampfadern können bei stärkerer Ausprägung Schmerzen verursachen und das sollte immer eine Indikation für eine operative Beseitigung sein.

Die Therapie kann mikrochirurgisch durchgeführt werden, die gebräuchlichste Methode ist jedoch die Sklerosierung, wobei eine Flüssigkeit in die Vene gegeben wird, welche diese verschließt.

Sollte man jedoch auch bei einer schlechten Spermienqualität die Varikozele entfernen?

Dazu gibt es viele Studien, die jedoch bedauerlicherweise zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Ziel der Behandlung sollte die Schwangerschaft sein. Eine Verbesserung der Spermienqualität alleine ist nicht ausreichend. Daher sind auch nur Studien zur Klärung dieser Frage hilfreich, die den Einfluss auf die Schwangerschaftsrate untersuchen und nicht nur das Spermiogramm.

Schwangerschaftswahrscheinlichkeit nach Varikozelenoperation
Eine sogenannte Metaanalyse, also eine systematische Zusammenfassung mehrerer Studien wurde 2004 in der Cochrane Database publiziert1, konnte zeigen, dass die Verbesserung der Chancen auf eine Schwangerschaft durch die Beseitigung der Krampfadern nicht erzielt werden kann.

Im gleichen Jahr wurde jedoch eine kritische Würdigung dieser Arbeit publiziert2, die aufzeigte, dass die Ergebnisse sehr wohl für die Operation sprechen, wenn man nur Männer mit einer eingeschränkten Spermienqualität und einer erkennbaren Krampfader einem solchen Eingriff unterzieht. Eine Studie deutscher Wissenschaftler bestätigten wiederum die Ergebnisse der Cochrane-Analyse3: Die Behandlung der Varikozelen war im Hinblick auf eine Schwangerschaft nicht erfolgreicher als regelmäßige Untersuchungen und eine intensive andrologische und gynäkologische Betreuung der Paare.

Ist eine Insemination geplant, dann kann die Operation die Schwangerschaftsrate verbessern4. In anderen Studien konnten diese Ergebnisse jedoch nicht bestätigt werden.

Fehlende Spermien: Azoospermie kann verbessert werden
Bei Männern mit einem annäherenden oder vollständigen Fehlen von Spermien im Ejakulat kann die Operation die Spermienqualität gelegentlich deutlich verbessern. Voraussetzung ist, dass sich im Hoden noch Inseln intakter Spermienproduktion finden und durch den Eingriff angeregt werden können5.

Bei sehr ausgeprägter Oligozoospermie (geringer Spermienzahl) ist eine Verbesserung der Spermienqualität nach einer Operation bis hin zu spontanen Schwangerschaften möglich, wobei es sich bei diesen Berichten meist um beidseitige Varicozelen handelte6.

Ja wie den nun?
Die Behandlung der Varikozele ist immer eine Einzelfallentscheidung, denn klare Aussage sind aus den wissenschaftlichen Publikationen nicht zu entnehmen. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass eine Behandlung erfolgen sollte bei:

  • Beschwerden
  • Kindern und Heranwachsenden mit einem verringerten Hodenvolumen

Den Empfehlungen des Arbeitskreis Andrologie der Deutschen Gesellschaft für Urologie sind zusätzlich weitere Behandlungsempfehlungen zu entnehmen:

  • Kinderwunsch und schlechtem Spermiogramm (Infertilität)
  • Schlechtem Spermiogramm ohne Kinderwunsch (mögliche Infertilität)

Den Studienergebnissen weiter oben kann man entnehmen, dass die subklinischen Varikozelen (Stadium I und II) eher nicht als Ursache für eine beeinträchtigte männliche Fruchtbarkeit anzusehen sind und daher auch keine Operationsindikation darstellen7.

[1] Evers JL, Collins JA. 2004. Surgery or embolisation for varicocele in subfertile men. Cochrane Database Syst Rev 2004:CD000479.

[2] Ficarra V, Cerruto MA, Liguori G, Mazzoni G, Minucci S, Tracia A, Gentile V
Treatment of varicocele in subfertile men: The Cochrane Review–a contrary opinion.
Eur Urol. 2006 Feb;49(2):258-63

[3] Nieschlag E, Hertle L, Fischedick A
Update on treatment of varicocele: counselling as effective as occlusion of the vena spermatica. Hum Reprod 1998 13:2147-2150.

[4] Daitch JA, Bedaiwy MA, Pasqualotto EB
Varicocelectomy improves intrauterine inseminationsuccess rates in men with varicocele
J Urol 2001 165:1510-1513.

[5] Kadioglu A, Tefekli A, Cayan S
Microsurgical inguinal varicocele repair in azoospermatic men
Urology 2001 57:328-333.

[6] Gat Y, Bachar GN, Everaert K
Induction of spermatogenesis in azoospermatic men after internal spermatic vein embolization for treatment of varicocele
Hum Reprod 2005 20:1013-1017.

[7] Nagle,H.M.
Editorial Comment: Varicocele: where , why and, if so, how?
J. Urol. 172,1239-1240,2004

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.