Unerfüllter Kinderwunsch: Welche Hormone spielen eine Rolle?
Die hormonelle Steuerung des weiblichen Zyklus ist einer Vielzahl hormoneller Einflüsse ausgesetzt. Die Balance dieser hormonellen Situation kann leicht gestört werden und ist in einem gesonderten Kapitel beschrieben.
Mögliche Symptome von Hormonstörungen
Die fein abgestimmten Prozesse der Eizellreifung und des Eisprungs geben den Rhythmus der weiblichen Zyklus vor. Werden diese Abläufe gestört, kommt es vor allem zu Störungen des Zyklus.
Unregelmäßiger Zyklus durch Störung des Hormonhaushalts
Das Ausbleiben der Monatsblutung (Amenorrhoe) oder der unregelmäßige Zyklus (Oligomenorrhoe) sind oft ein Hinweis auf eine gestörte Reifung der Eizelle oder gar einen fehlenden Eisprung. Deswegen sollte Zyklusunregelmäßigkeiten beim unerfülltem Kinderwunsch unbedingt nachgegangen werden1.
Gravierende hormonelle Störungen gehen oft mit Störungen und Unregelmäßigkeiten des Zyklus einher bis hin zum völligen Ausbleiben der Blutung2. Eine einfache Methode, solche Störungen auch ohne ärztliche Hilfe festzustellen, besteht in dem Führen eines Zykluskalenders, der Messung der Basaltemperatur und anderen Techniken der natürlichen Familienplanung. In letzter Zeit sind als zusätzliche Hilfsmittel sogenannte Zykluscomputer entwickelt worden, welche über zusätzliche Hormonbestimmungen eine wichtige Hilfestellung zur Bestimmung der Ovulation bieten können3.
Wie heißen die Blutungsstörungen im Einzelnen?
In dieser Tabelle finden Sie die Fachbegriffe für unterschiedliche Zyklusstörungen und Besonderheiten der Blutung.
Bezeichnung | Beschreibung | häufigste Ursache |
Oligomenorrhö | Verlängerte Zyklen (>35 Tage) | Meist hormonell bedingt |
Polymenorrhö | Verkürzte Zyklen (<25 Tage) | Meist hormonell bedingt. Myome und Polypen sind als Ursache ebenfalls möglich |
Hypomenorrhö | Abgeschwächte Regelblutung | Meist hormonell bedingt. Verwachsungen in der Gebärmutter sind als Ursache ebenfalls möglich |
Hypermenorrhö | Regelblutung ist verstärkt | Oft sind Myome und Polypen Ursache. Hormonelle Störungen sind ebenfalls möglich |
Menorrhagie | Verlängerte Regelblutung | Oft sind Myome und Polypen Ursache. Hormonelle Störungen sind ebenfalls möglich |
Metrorrhagie | Blutung tritt außerhalb des Zyklus auf, z. B. zwischen zwei normalen Regelblutungen. | Oft sind Myome und Polypen Ursache. Hormonelle Störungen sind ebenfalls möglich |
Dysmenorrhö | Sehr schmerzhafte Regelblutung | Bei zunehmender Intensität und regelhaftem Auftreten muss eine Endometriose ausgeschlossen werden. |
Amenorrhö | Regelblutung bleibt aus | Meist hormonell bedingt. |
Weitere Anzeichen für Hormonstörungen
Die Störungen des Zyklus oder der Blutung sind die wichtigsten Anzeichen, die man als Frau mit einer Hormonstörung erkennen kann. Andere Zeichen sind weniger eindeutig.
1. Haarverlust
Manche Störungen des Hormonhaushalts können zum Verlust von Haupthaar führen. Dünnes oder dünner werdendes Haar ist häufig durch erhöhte männliche Hormone bedingt4. Aber auch die Schilddrüse – hier vor allem die Unterfunktion – kann dazu beitragen5.
2. Zu viele Körperhaare: Hirsutismus
Nicht selten geht das dünnere Kopfhaar einher mit einer Zunahme der Körperbehaarung, wenn die männlichen Hormone erhöht sind. Dann wachsen im Bereich der Schamhaare bis zum Bauchnabel, an den Brustwarzen und im Gesicht (Oberlippe) vermehrt Körperhaare. Auch an Armen und Beinen kann die Behaarung diffus zunehmen6.
3. Hautunreinheiten (Akne)
Auch unreine Haut geht oft einher mit erhöhten männlichen Hormonen7 Oft geht sie auch mit einer vermehrten Körperbehaarung einher. So treten beide Probleme nicht selten zusammen bei Frauen mit einem PCO-Syndrom auf.
4. Gewichtszunahme
Auch die Gewichtszunahme kann hormonelle Gründe haben. Wer ehrlich zu sich selbst ist, wird meist einsehen, dass eher zu viele Kalorien und zu wenig Bewegung der Grund sind, aber es gibt auch hormonelle Ursachen. Ganz weit vorne steht – gerade bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch und Zyklusstörungen – die Insulinresistenz8
Insulin wird bei dieser hormonellen Störung vom Körper nur unzureichend erkannt und dadurch wird Zucker weniger schnell verarbeitet und aus dem Blut entfernt. Das hat zwei Folgen: Zum einen neigen solche Frauen zur Gewichtszunahme, zum Anderen wirkt Insulin auch direkt am Eierstock und stört dort die Reifung der Eizellen9.
Auch eine Unterfunktion der Schilddrüse ist eine mögliche Ursache für eine Zunahme des Körpergewichts.
5. Heißhunger
Oft wird auf medizinisch etwas fragwürdigen Seiten im Internet eine Störung des Cortisonspiegels als Ursache für Heißhungerattacken genannt. Zu hohe oder zu niedrige Cortisolspiegel können – vor allem in Verbindung mit akutem Stress – den Eisprung unterdrücken. Jedoch nicht auf Dauer und es ist eine eher seltene Hormonstörung.
Heißhungerattacken treten wesentlich häufiger im Zusammenhang mit der Insulinresistenz auf.
6. Gewichtsabnahme
Eine Schilddrüsenüberfunktion kann zu einer Gewichtsabnahme führen. Allerdings ist diese Hormonstörung eher selten. Ein psychisch bedingtes Untergewicht (=Magersucht) ist da vergleichsweise häufiger. Sinkt das Körpergewicht in einen krankhaften Bereich ab, bleibt die Regelblutung oft völlig aus und auch der Eisprung findet nicht statt.
Vorab: Sport ist gut für die Gesundheit und dadurch auch für Frauen mit Kinderwunsch zu empfehlen. Zuviel Sport (also extremer Ausdauersport) jedoch kann ähnliche Folgen wie eine Magersucht haben10. Auch dadurch kann der Körper unter einen so starken Stress stehen, dass gewisse Körperfunktionen gestört werden. Allem voran die Fruchtbarkeit durch Störung der Eizellreifung.
7. Schlafstörungen, Müdigkeit und Abgespanntheit
Die aufmerksame Leserin erkennt: Jetzt wird es ein wenig diffuser. Denn diese Befindlichkeitsstörungen werden zwar oft im Zusammenhang mit Hormonstörungen genannt, können aber auch sehr viele andere Ursachen haben.
Auch hier ist wieder die Schilddrüse als mögliche Ursache zu nennen, wenn sie eine Unterfunktion hat. Akute oder auch längere Stressphasen können über den Cortisolhaushalt des Körpers zu Abgeschlagenheit und Müdigkeit führen.
Die Suche nach möglichen Ursachen ist bei diesem Beschwerdebild sehr umfangreich, aber der Hormonhaushalt ist dabei eher von untergeordneter Bedeutung.
8. Hitzewallungen, Nachtschweiß
Auch hier sollte sich die Suche nach möglichen Ursachen nicht auf den Hormonhaushalt beschränken. Aber Hitzewallungen können auf eine verminderte Östrogenproduktion hinweisen11. Gelegentlich sogar mit einer deutlichen Einschränkung der Funktion der Eierstöcke. Bestehen diese Symptome über einen längeren Zeitraum, sollten sie auch durch eine Hormonuntersuchung abgeklärt werden.
Übersicht über die wichtigsten Hormonstörungen bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch
- Hypophysen-Störung
- Vorzeitige Wechseljahre
- PCO-Syndrom
- Insulinresistenz
- Erhöhte männliche Hormone
- Gelbkörper-Schwäche
- Erhöhtes Prolaktin
- Störung der Schilddrüsenfunktion
Auf die Diagnostik und Therapie der einzelnen Störungen wird in den entsprechenden Kapiteln gesondert eingegangen.
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Literatur
- Sonntag, B. (2016). Zyklusstörungen. Der Gynäkologe, 49(5), 357-372.
- Krieg, J., Bäckert-Sifeddine, I. T., & Kiesel, L. (2013). Zyklus-und Ovulationsstörungen. In Die Gynäkologie (pp. 115-162). Springer, Berlin, Heidelberg
- Wilcox, A. J., Dunson, D., & Baird, D. D. (2000). The timing of the “fertile window” in the menstrual cycle: day specific estimates from a prospective study. Bmj, 321(7271), 1259-1262.
- Randall, V. A. (2008). Androgens and hair growth. Dermatologic therapy, 21(5), 314-328.
- Herrmann, J. (1999). Erkrankungen der Schilddrüse. In Therapie innerer Krankheiten (pp. 831-852). Springer, Berlin, Heidelberg.
- Raab, W. (2012). Hypertrichosen und Hirsutismus. In Haarerkrankungen in der dermatologischen Praxis (pp. 129-145). Springer, Berlin, Heidelberg.
- Degitz, K., Placzek, M., Arnold, B., Schmidt, H., & Plewig, G. (2001). Endokrinologische Aspekte bei Akne. In Fortschritte der praktischen Dermatologie und Venerologie (pp. 172-179). Springer, Berlin, Heidelberg.
- Ludwig, M. (2005). Aktuelle Therapieansätze für das PCO-Syndrom bei Insulinresistenz. Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie-Journal of Reproductive Medicine and Endocrinology, 2(3), 173-176.
- Schröder, A. K., Tauchert, S., Ortmann, O., Diedrich, K., & Weiss, J. M. (2003). Die Insulinresistenz beim polyzystischen Ovar-Syndrom. Wiener Klinische Wochenschrift, 115(23), 812-821.
- Weiss, J. M. (2014). Einfluss von Umwelt und Lebensstil auf die endokrine und reproduktive Funktion. In Klinische Endokrinologie für Frauenärzte (pp. 101-117). Springer, Berlin, Heidelberg.
- Strowitzki, T. (2010). Hormontherapie bei POF-Syndrom. Der Gynäkologe, 43(4), 331-334.
- Leidenberger, F. A., Strowitzki, T., & Ortmann, O. (Eds.). (2014). Klinische Endokrinologie für Frauenärzte. Springer Berlin Heidelberg.
- Runnebaum, B., & Rabe, T. (2013). Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin: Band 1: Gynäkologische Endokrinologie. Springer-Verlag.