Schilddrüse: Behandlung von Schilddrüsenstörungen
Eine häufige hormonelle Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch stellt die Störung der Schilddrüsenfunktion dar. Wann und wie sollte man Fehlfunktionen dieses Organs behandeln?
Die Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion
Die Therapie der Schilddrüsenunterfunktion besteht in der Gabe von Schilddrüsenhormonen. Man verwendet dazu meist künstliche Hormone, im allgemeinen L-Thyroxin. Eine Normalisierung der Schilddrüsenhormon-Spiegel im Blut wird üblicherweise mit 100-150 Mikrogramm/Tag erreicht. Bei grenzwertigen Befunden (latente Hypothyreose) sind gelegentlich auch 75 Mikrogramm oder weniger ausreichend.
Liegt der Schilddrüsenunterfunktion eine Autoimmunerkrankung zugrunde, dann kann die Gabe von Selen und gelegentlich auch von Cortison sinnvoll sein. Auch hier ist bei ansonsten unauffälligen Schilddrüsenhormonwerten eine Behandlung mit L-Thyroxin notwendig, um die Aktivität der Schilddrüse und damit auch die Bildung von Antikörpern gegenüber der Schilddrüse zu mindern.
Behandlung der Schilddrüsenüberfunktion
Zur Behandlung der Schilddrüsenüberfunktion muß zunächst festgestellt werden, ob es sich um eine diffuse Aktivierung der gesamten Schilddrüse handelt, oder ob es in der Schilddrüse Areale gibt, welche autonom, also losgelöst von den hormonellen Regelmechanismen, Hormon produzieren. Letztere werden meist operativ entfernt.
Die medikamentöse Therapie erfolgt mit „Thyreostatika“, also Medikamenten, welche die Produktion von Schilddrüsenhormonen drosselt (Carbimazol, Propylthiouracil, und Thiamazol)
Schilddrüse und Kinderwunsch
Die Schilddrüse und ihre regelrechte Funktion ist bei der Behandlung des unerfüllten Kinderwunsches von großer Bedeutung. Recht häufig sind Unterfunktionen in diesem Zusammenhang ein Problem. Die Frage ist jedoch, ab wann eine Behandlung erfolgen muss, mit anderen Worten: Was ist noch noch normal und ab welchen Werten muss man behandeln?
Um Schilddrüsenstörungen zu erkennen, wird meist ein „Screening“ durchgeführt und der sogenannte TSH-Wert bestimmt. Dieses Hormon wird von der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet, um die Funktion der Schilddrüse zu steuern und steigt bei einer Schilddrüsenunterfunktion an.
Was ist, wenn der TSH-Wert erhöht ist und die Schilddrüsenwerte normal?
Dann handelt es sich um eine subklinische Hypothyreose. Wenn die Spiegel der Schilddrüsenhormone fT4 und fT3 im Normbereich sind, der TSH-Wert jedoch erhöht (größer 4 mU/l), dann spricht man von einer solchen subklinischen Hypothyreose. Ungefähr 16% der deutschen Bevölkerung ist von einer solchen Unterfunktion betroffen.
Keine einheitlichen Behandlungsrichtlinien
Generell wird sich gegenwärtig noch meistens an dem Richtwert von 4 mU/l orientiert und bei normalen Schilddrüsenwerten erst bei Überschreiten dieser Grenze Schilddrüsenhormone verabreicht. Auch wenn diese Grenzwerte keinesfalls Normwerte sind, so ergibt sich bei den meisten Betroffenen nach Auffassung der meisten Endokrinologen kein Behandlungsbedarf, solange keine Symptome der Unterfunktion erkennbar sind.
Therapie bei erhöhtem TSH und positivem Schilddrüsen-Antikörpern
Es besteht aber Einigkeit, dass man bei einer latenten Hypothyreose und Schilddrüsenantikörpern (Hashimoto-Thyreoditis) Schilddrüsenhormone (L-Thyroxin) verabreichen sollte. Vor allem deswegen, weil viele der Betroffenen innerhalb unterschiedlich langer Zeiträume eine echte Unterfunktion der Schilddrüse entwickeln können. Durch die Medikamente wird dieser Prozess zum einen verzögert und Phase niedriger Schilddrüsenwerte abgefangen
Üblich ist der Therapiebeginn mit täglich 25 µg bis 50 µg L-Thyroxin, angestrebt wird ein TSH im unteren Normbereich (1 mU/l). Dies gilt übrigens bei vorhandenen Schilddrüsenantikörpern für alle betroffenen Patienten, nicht nur für Frauen mit Kinderwunsch.
Diabetiker (Typ I)
Ebefalls wenig umstritten ist die Behandlung von Typ-1-Diabetikern. „Diese haben oft erhöhte Anti-TPO-Titer als Ausdruck der Autoimmunkrankheit„, sagte Professor Petra-Maria Schumm-Draeger vom Städtischen Klinikum Bogenhausen zur „Ärzte Zeitung“. „Und schon bei subklinischer Hypothyreose sinkt die Insulinresistenz und die gastrointestinale Glukoseaufnahme nimmt ab. Mögliche Folge: Hypoglykämien„.
Unerfüllter Kinderwunsch
Bei einer latenten Unterfunktion der Schilddrüse wird von den meisten Endokrinologen eine großzügige Einstellung der Schilddrüsenhormone propagiert, deren Wert inzwischen auch wenig umstritten ist, da ein Zusammenhang zwischen subklinischer Hypothyreose und Infertilität bei Frauen nach Studiendaten wahrscheinlich ist und ein Zusammenhang mit Fehlgeburten gesichert. Die angestrebten Grenzwerte sind jedoch umstritten und in keiner Richtlinie eindeutig geregelt, empfohlen wird jedoch oft ein Grenzwert für das TSH von 2,5 mU/l. Im Falle von Schilddrüsenantikörpern gilt der weiter oben erwähnte Wert von 1,0 mU/l.
Was aber ist eine subklinische Hypothyreose?
Während die eingangs erwähnte Definition unumstritten ist (TSH > 4,0 mU/l bei noch normalen Schilddrüsenhormonen), sind strengere Sichtweisen immer noch höchst umstritten, obwohl große Studien bereits nachweisen konnten, dass eine latente Hypothyreose auch bereits bei TSH-Werten unterhalb von 4 mU/l bestehen kann.
Schilddrüsengesunde Menschen haben nämlich einen Wert (Median) von 1,4 mU/l, wie in einer amerikanischen Studie mit 13.300 Probanden gezeigt werden konnte. Daraus leiten die amerikanischen Kollegen einen oberen Normwert von 2,5 mU/l für Schilddrüsengesunde ab. Deutsche Studien konnten diese Wert bestätigen.
Diese Feststellung der Normalverteilung der Hormonwerte führt jedoch nicht zwingend auch zu einer Therapie, da es keine prospektiven Studien mit ausreichend großer Patientenzahl gibt, die einen positiven Effekt einer Therapie mit L-Thyroxin bei TSH-Werten > 2,5 mU/l nachweisen konnten. daher sind diese Grenzwerte nicht anerkannt und insbesondere Kinderwunsch-Patientinnen laufen Gefahr, nicht ausreichend therapiert zu werden (oder übertherapiert), da allgemein Unsicherheit herrscht und die Therapie „aus dem Bauch heraus“ basierend auf den Erfahrungen des jeweiligen Arztes erfolgt oder ausbleibt.
In Anbtracht der eher geringen Nebenwirkungen, ist aus Sicht des Reproduktionsmediziners die Indikation zur Behandlung bei Kinderwunsch-Patientinnen wohl eher großzügig zu stellen und bei vorhandenen Antikörpern zwingend notwendig. Daher sollte das üblichen Hormon-Screening vor einer Kinderwunschbehandlung neben dem TSH-Wert auch die Schilddrüsenantikörper (TPO-Ak) beinhalten, während die Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 erst bei der medikamentösen Einstellung einer evtl. nachgewiesenen (latenten) Hypothyreose nachgewiesen werden müssen.
Noch Fragen?
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.