Refertilisierung beim Mann: Wiedereröffnen verschlossener Samenleiter

Bei abgeschlossener Familienplanung ist eine Sterilisation die sicherste Methode zur definitiven Verhütung. Dies wird beim Mann als Vasektomie bezeichnet. Dies lässt sich oft auch rückgängig machen (Vasovasostomie). Wie funktioniert die Refertilisierung beim Mann?
Was ist eine Vasektomie?
Bei der Sterilisation des Mannes werden die Samenleiter durchtrennt, so dass der Transport der Spermien aus den Nebenhoden in Richtung Penis verhindert wird. Meist entfernt man ein Stück des Samenleiters und schlägt die Enden um. Dadurch ist eine sehr zuverlässige Verhütung (s. u.) möglich.
Der Eingriff erfolgt über einen kleinen Schnitt im Hodensack, wo der Samenleiter in der Regel gut erreichbar ist. Eine Narkose ist für den maximal halbstündigen Eingriff nicht notwendig, er wird in lokaler Betäubung durchgeführt.
Wie zuverlässig ist eine Vasektomie?
Die Vasektomie ist die zuverlässigste Form der Verhütung und eine der wenigen Möglichkeiten für den Mann. Der Pearl-Index (Wirksamkeit der Empfängnisverhütung) liegt bei der Sterilisation des Mannes bei 0,1. Das bedeutet, dass in tausend Frauenjahren eine Schwangerschaft auftritt.
Eine sichere Verhütung tritt jedoch erst nach drei Monaten ein, wenn die noch im Samenleiter verbliebenen Spermien sicher entweder abgestorben sind oder herausgespült wurden.
Wie funktioniert die Refertilisierung beim Mann?
Naturgemäß ist es sehr viel leichter, den Samenleiter zu unterbinden als ihn später wieder zusammenzuflicken. Der Durchmesser beträgt nämlich nur 3,0 bis 3,5 Millimeter, weshalb man den Eingriff am besten unter einem speziellen Operationsmikroskop durchführt.
Üblicherweise sucht man die unterbrochenen Enden des Samenleiters auf und schafft dann eine Verbindung, die den Verschluss überbrückt. Der medizinische Begriff für den Samenleiter lautet „Vas deferens“ und die Refertilisierung beim Mann wird daher Vasovasostomie genannt (= Verbindung zwischen „Vas“).
Dieser mikrochirurgische Eingriff ist wesentlich aufwendiger als die Vasektomie und macht daher meist eine Vollnarkose notwendig. Während des Eingriffs überprüft man auch gleich, ob aus dem Teil des Samenleiters, der vom Hoden kommt, Spermien austreten – was der Fall sein sollte.
Manchmal ist eine Verbindung aufgrund von Vernarbungen nicht möglich und man muss den gesunden Teil des Vas deferens direkt am Nebenhoden anschließen (ja, klingt ein wenig wie beim Klempner…). Diesen Eingriff nennt man „Tubulovasostomie“ und er ist deutlich aufwendiger als die Vasovasostomie.
Die Operation ist ambulant durchführbar und dauert je nach Erfahrung des Arztes 1-3 Stunden.

Risiken der Vasosvasostomie?
Die Refertilisierung beim Mann ist weitestgehend ungefährlicher Eingriff. In weniger als einem Prozent kommt es zu Infektionen oder Blutergüssen. Das größte Risiko besteht darin, dass eine erneute Schwangerschaft nicht eintritt. Womit wir bei der nächsten Frage sind:
Wie hoch sind die Erfolgsraten nach einer Refertilisierung?
Der erste Erfolg ist der Nachweis von Spermien im Ejakulat, aber letztlich ist der Eintritt einer Schwangerschaft auf natürlichem Wege das erklärte Ziel der Operation. Je länger die Sterilisation zurückliegt, desto schlechter sind die Erfolgsraten. Fand die Vasektomie vor mehr als 10 Jahren statt, sind die Chancen auf eine erfolgreiche Vasovasostomie eher gering einzuschätzen, wenngleich Ausnahmen die Regel bestätigen.
Aber auch andere andere Faktoren spielen eine Rolle, denn für eine Schwangerschaft ist auch die Fruchtbarkeit der Partnerin von Bedeutung. Die Spermienproduktion wird nicht unmittelbar nach dem Eingriff sofort wieder auf Hochtouren laufen. Hoden und Samenleiter müssen sich erst erholen, so dass der Erfolg erst mehrere Monate nach der Refertilisierung beim Mann beurteilt werden kann.
Was kostet es und bezahlt es die Krankenkasse?
Die Operation kostet mehrere tausend Euro und wird von der Krankenkasse nicht bezahlt. Man geht in diesem Fall davon aus, dass es sich bei der Sterilisation zunächst um eine wohlüberlegte Entscheidung gegen (weitere) Kinder handelte. Die Gemeinschaft der Beitragszahler der Krankenkassen soll daher mit den Folgen einer geänderten Familienplanung nicht belastet werden. Das kann man sicher auch anders sehen, aber das ist die gängige Regelung und Rechtsprechung.
Welche Möglichkeiten bestehen nach erfolgloser Refertilisierung?
Wenn die Sterilisation bereits zu lange zurückliegt, kann es passieren, dass die Spermienproduktion im Hoden darunter nachhaltig gelitten hat und im Ejakulat keine Spermien mehr aufgefunden werden können.
Meist stehen dann jedoch noch ausreichend Spermien direkt im Hoden zur Verfügung. Dort kann man sie mit Hilfe einer Hodenbiopsie (Testikuläre Spermienextraktion = „TESE“) entnehmen und zur weiteren Verwendung einfrieren. Allerdings werden dann nur so wenige Spermien gewonnen, dass man in der Folge auf eine künstliche Befruchtung mittels ICSI angewiesen ist.
Manche Urologen raten daher unter bestimmten Voraussetzungen dann nicht zu einer Refertilisierung, sondern gleich zur TESE und ICSI. Grundsätzlich kann man so etwas nur im Einzelfall entscheiden.
Zusammenfassung
- Eine Sterilisation lässt sich grundsätzlich rückgängig machen
- Die Refertilisierung beim Mann ist ambulant durchführbar
- Die Risiken sind überschaubar
- Die Erfolgsraten hängen von vielen Faktoren ab, vor allem aber vom zeitlichen Abstand zur Vasektomie
- Die Krankenkassen bezahlen nichts. der Eingriff kostet 2000 bis 5000 Euro.
- Eine TESE plus ICSI ist eine Alternative
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.