Natürliche Familienplanung – Temperaturkurven richtig auswerten

Richtiges Messen ist eine wichtige Voraussetzung, will man wirklich eine gute und genaue Aussage über seinen Zyklus haben. Die Temperaturkurven richtig auszuwerten ist ebenso wichtig. Sonst nützen einem die schönsten Kurven nichts. Und dafür gibt es festgelegte Regeln.
Die hier verwendeten Beispielkurven wurden mit unseren Online-Temperaturkurven erstellt. Das Tool berechnet automatisch den Zeitpunkt des möglichen Eisprungs, den Zeitpunkt der Menstruation oder dem für einen zuverlässigen Schwangerschaftstest.
Wie man die Aufwachtemperatur richtig misst steht hier und dann muss man sie nur noch entweder in unsere Online-Temperaturkurve eintragen oder ganz altmodisch auf Papier. Ein Formblatt für eine Basaltemperaturkurve zum Ausdrucken finden Sie hier.
So, und nun zur Auswertung der Temperaturkurven:
Die Coverline

Die Coverline ist eine Linie, welche gerade oberhalb der gemessenen Temperaturen der Niedrigtemperaturphase gezogen wird1. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die ersten 4 Tage des Zyklus nicht mit einbezogen werden und auch keine erkennbaren Störungen (s. u.). Diese Linie beschreibt das obere Temperaturniveau der ersten Zyklushälfte.
Hier ist die Coverline horizontal blau dargestellt. In der zweiten Zyklushälfte (also nach dem Eisprung) liegen die Temperaturwerte üblicherweise durchgehend über dieser Linie.
Auch diese Linie wird von unserem Programm automatisch erstellt.
Die 3-über-6-Regel
Um einen Eisprung nachzuweisen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein2:
- An drei aufeinander folgenden Tagen muss die Temperatur höher sein, als die Coverline der Niedrigtemperaturphase innerhalb der letzten 6 Tage
- Der Anstieg muss nur 0,1 °C betragen, an einem der drei Tage sollte er jedoch mindestens 0,2 °C über der Coverline liegen.

Ob also ein Eisprung stattgefunden hat, kann frühestens 3 Tage nach dem Beginn des Temperaturanstiegs sicher gesagt werden. So, wie in dieser Abbildung dargestellt wird.
Verschiedene Typen des Temperaturanstiegs
Die ganz oben zeigt einen abrupten Anstieg der Temperatur, welcher typisch ist für einen Zyklus mit Eisprung und ausreichender Gelbkörperhormonproduktion. Weitere Typen des Temperaturanstiegs werden in den folgenden Abbildungen dargestellt

Hier findet man eine Temperaturerhöhung um 0,4 °C innerhalb von 2 Tagen. Das ist nicht der ideale Verlauf wie eingangs dargestellt, wird aber nicht als auffällig bewertet. Es handelt sich nur um eine Normvariante ohne Bedeutung.

Bei der sogenannten Treppenkurve erfolgt der Anstieg langsamer und in mehreren Stufen. Das Temperaturniveau der zweiten Zyklushälfte wird also nicht in einem oder zwei Tagen erreicht, sondern in 3 oder 4 Tagen.

Bei dem in Abbildung 5 gezeigten Sägezahnmuster wird die Coverline sogar noch einmal unterschritten. Bei der Auswertung der Temperaturkurve zeigt sich eine Verschiebung des Temperaturshifts (auf Deutsch: Der Anstieg der Temperatur erfolgt später). Bei den letzten beiden Mustern kann eine Gelbkörperschwäche vorliegen, die in dem zögerlichen Anstieg der Temperatur zum Ausdruck kommt.
Zykluslänge
Der Zeitraum nach dem Temperaturanstieg beträgt konstant 12-16 Tage, meist sind es 14 Tage. Die Beispielkurve 1 entspricht einem durchschnittlichen 28-Tage-Zyklus. Jedoch kann die Dauer der ersten Phase vor dem Eisprung sehr unterschiedlich sein. Dies kann bei einer einzelnen Frau auch von einem Zyklus zum nächsten der Fall sein. Interindividuell gibt es natürlich ohnehin erhebliche Unterschiede. Die Variationen betreffen in einem Zyklus mit Eisprung und normaler Gelbkörperphase jedoch immer nur die ersten Zyklushälfte.

In diesem Beispiel findet der Eisprung am 17. Zyklustag statt und die zweite Zyklushälfte dauert „vorschriftsmäßig“ 14 Tage. Daraus resultiert ein 31-Tage-Zyklus. Es handelt sich dabei um eine Normvariante.
Ausreißerwert vor dem Eisprung

Die Temperaturkurven auszuwerten bedeutet auch, Extremwerte richtig zu interpretieren. Eine solcher Ausreißer ist bedingt durch Schlafmangel, Alkoholgenuss oder andere Faktoren, die die Körpertemperatur beeinflussen können. Er ist definiert als ein einzelner Messwert, welcher seine unmittelbaren Nachbarn um 0,2 °C oder mehr überschreitet (=Spike). Ein solcher Einzelwert hat keinen Einfluss auf die Coverline, wenn die Kurve ansonsten eine eindeutige Charakteristik aufweist.
Ausreißerwert nach dem Eisprung
Ein Ausreißer kann auch nach dem Eisprung auftreten. Naturgemäß geht er dann nach unten und kann dann sogar die Coverline unterschreiten. Man nennt dieses Muster ein Fallback-Pattern – also einen Rückfall auf die Werte der ersten Zyklushälfte. Auch hier werden solche einmaligen Ereignisse nicht gewertet. Man kann daraus also keine Rückschlüsse auf die Gelbkörperhormonproduktion ziehen.
Anovulation (=kein Eisprung)

Ein ausbleibender Eisprung führt dazu, dass sich kein Gelbkörper entwickeln kann, was sich in der Temperaturkurve wiederum in einem fehlenden Temperaturanstieg niederschlägt. Eine solche Kurve wird als „monophasisch“ bezeichnet, im Gegensatz zu den biphasischen Kurven der Abb. 1-5.
Triphasische Kurve
Nun haben wir also die Begriffe monophasisch und biphasisch gelernt und können gleich daran anknüpfen. Es gibt nämlich auch triphasische Kurven. Hier kommt es nach dem Eisprung zu einem weiteren Temperaturabstieg, der dann auch anhält (also kein Ausreißer).
Dieser Temperaturanstieg findet meist eine Woche nach dem Eisprung statt. Man geht davon aus, dass es ein Zeichen für eine Einnistung sein kann (nicht muss!).
Wann findet der Eisprung statt?
- 4 Tage vor T-Anstieg: 2 %
- 3 Tage vor T-Anstieg: 2 %
- 2 Tage vor T-Anstieg: 21 %
- 1 Tag vor T-Anstieg: 30 %
- Tag der ersten höheren Messung: 30 %
- Tag der zweiten höheren Messung: 15 %3
Weitere Infos zur natürlichen Familienplanung
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- Der normale weibliche Zyklus
- Natürliche Familienplanung (NFP)
- Fruchtbare Tage erkennen: Wann genau ist der fruchtbarste Zeitpunkt?
- Messen der Basaltemperatur
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- Ovulationstest (Bestimmung des Eisprungs)
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Literatur
- Döring, G. K., & Socher, K. (1988). Erfahrungen mit einer sympto-thermalen methode zur Familienplanung. Geburtshilfe und Frauenheilkunde, 48(02), 106-108.
- Gnoth, C., & Noll, A. (2009). Kinderwunsch: Natürliche Wege zum Wunschkind. Gräfe und Unzer.
- Colombo B, Masarotto G.
Daily fecundability: first results from a new data base.
Demogr Res. 2000 Sep 6;3:[39]