Low Responder: Verminderte Aktivität der Eierstöcke


Oft ist es abhängig vom Alter, wenn die Eierstöcke nicht gut auf eine Hormonbehandlung ansprechen. Man nennt dies auch „low response“. Diese verringerte Aktivität der Eierstöcke bei low respondern kann die Chancen auf eine Schwangerschaft vermindern. Erfahren Sie hier mehr zu den Ursachen und möglichen Behandlungen.
Was ist eine „Low Responderin“?
Wie der Begriff schon besagt, handelt es sich bei „low respondern“ um Frauen, deren Eierstöcke nur schlecht bis unzureichend auf eine hormonelle Stimulation mit Hormonen reagieren. Diese Frauen haben eine eingeschränkte Reaktion auf die Hormone (low response oder auch poor response). Der Übergang zu Frauen in den (vorzeitigen) Wechseljahren ist fließend.
Ist die Fruchtbarkeit von low respondern immer vermindert?
Ganz klare Antwort: Nein. Denn der Begriff low responder wird übersetzt mit „verminderter Antwort“. Und damit ist die Antwort der Eierstöcke auf die Hormontherapie gemeint.
In einem normalen Zyklus wird sich auch bei solchen Frauen eine Eizelle entwickeln und befruchtet werden können. Die Aktivität der Eierstöcke ist also bei der natürlichen Empfängnis oder bei einer Insemination von untergeordneter Bedeutung. Bei der IVF hingegen ist eine höhere Anzahl an Eizellen von Vorteil. Die Erfolgsrate bei einer künstlichen Befruchtung kann also durch die niedrige Anzahl an Eizellen bei low respondern vermindert sein.
Wie häufig sind Frauen von einer low response betroffen?
Bis 2011 war der Begriff der eingeschränkten Reaktion der Eierstöcke auf eine Stimulation mit Hormonen nicht eindeutig definiert. In einer Übersichtsarbeit1 aus dem Jahre 2011 fanden sich in 47 Studien 41 verschiedene Definitionen für die poor response. Daraus ergaben sich unterschiedliche Häufigkeiten in den Studien, die von 9 bis 24% reichen. Legt man die „Bologna-Kriterien“ zugrunde (siehe nächste Abschnitt), dann wird die Wahrheit eher bei 9% liegen.
Wann besteht eigentlich eine low response?
Es ist natürlich durchaus normal, dass die Eierstöcke unterschiedlicher Frauen verschieden auf die Hormontherapien ansprechen. Um dabei den Normalfall von der auffälligen low response abzugrenzen, ist eine Definition des Begriffs sinnvoll. Dazu werden die sogenannten „Bologna-Kriterien“2 festgelegt:
Die Bologna-Kriterien – Zwei der drei folgenden Punkte müssen vorliegen:
- Fortgeschrittenes Alter (≥40 Jahre) oder andere Risikofaktoren für eine poor response
- Ein vorangegangener Stimulationszyklus mit wenigen Eizellen (≤3)
- Ein verminderter Antraler Follicle Count (AFC) mit <5–7 Follikeln oder ein AMH von <0.5–1.1 ng/ml.
Diese Definition ist – wie die meisten medizinischen Definitionen – umstritten. Vor allem wir kritisiert, dass sie keine Vorhersage zur Erfolgswahrscheinlichkeit bei der künstlichen Befruchtung zulässt. Sie erlaubt aber zumindest eine bessere Vergleichbarkeit von Studien zu diesem Thema.
Welche Ursachen hat die low response?
Es ist normal, dass die Aktivität der Eierstöcke mit zunehmendem Alter sinkt. Wenn es jedoch kein altersbedingter Zustand ist, dann sind die Ursachen oft nicht abschließend zu klären. Das ist ähnlich gelagert wie bei den vorzeitigen „Wechseljahren„. Man vermutet hier auch genetische Gründe, da Low responder und Frauen mit vorzeitigen Wechseljahren in manchen Familien gehäuft vorkommen.
Spekuliert wird auch über Störungen des Immunsystems oder defekte Hormonrezeptoren. Gezielt behandelbare Ursachen sind bislang nicht bekannt.
Diagnostik
Der Zustand „Low responder“ ist keiner, den man gesondert diagnostizieren müsste. Er ergibt sich aus dem verminderten Ansprechen der Eierstöcke auf eine hormonelle Stimulation. Die Frage ist jedoch, wie man herausfindet, ob geplante eine Hormonbehandlung Aussicht auf Erfolg hat. Parameter zu finden, die dies vor Beginn der Hormongabe möglich machen, ist das Ziel der Diagnostik.
FSH
Ein Wert, der eine solche Einschätzung möglich macht und dazu auch am häufigsten verwendet wird, ist der FSH-Wert. Dieses Hormon der Hirnanhangsdrüse steigt an, wenn die Funktion der Eierstöcke nachlässt. Bei Werten > 25-30 U/l ist eine ausreichende Reaktion der Eierstöcke nicht mehr zu erwarten. Oft wird ein Schwellenwert von 15-20 U/l als sinnvolle Grenze angesehen.
Antralfollikel
Ein Ultraschall in der frühen Phase der Follikelreifung lässt üblicherweise mehrere kleine Follikel (antrale Follikel) erkennen. Bei einer eingeschränkten Aktivität der Eierstöcke ist dies nicht der Fall, oder es zeigen sich nur wenige Follikel. Eine mathematische Berechung der Fertilitätsreserve wurde auch schon mit Erfolg versucht, ist in der Praxis jedoch nicht etabliert3.
Inhibin B
Genauere Aussagen erhofft man sich von der Bestimmung des Inhibin B. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Glykoprotein, welches in den Granulosazellen des Follikels gebildet wird. Diese Zellen umhüllen die Eizelle und ernähren sie. Es wirkt an der Hirnanhangsdrüse und unterdrückt die Wirkung des FSH. In Studien mit „low respondern“ konnte man einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Reaktion der Eierstöcke auf Hormongaben und den Inhibin B-Blutspiegeln erkennen4, wenn deren FSH-Spiegel noch im Normbereich waren.
IGF-1
Ein weiterer Parameter ist der Insulinlike Growth Factor (IGF-1). Dieser hat einen Einfluss auf die Follikelreifung und die Konzentration des IGF-1 ist in der Follikelflüssigkeit von Frauen mit einer niedrigen Ansprechrate auf Hormongaben erniedrigt. Diagnostisch ist dies jedoch nicht vor Beginn einer Therapie anwendbar, da die Bestimmung aus dem Blut keine wesentliche Aussagekraft hat5.
Anti-Müller-Hormon (AMH)
Die letzten beiden Parameter wurden inzwischen weitgehend durch die Bestimmung des „Anti-Müller-Hormons“ ersetzt, welches ebenfalls direkt mit der Ansprechbarkeit der Eierstöcke auf korrelieren soll6. Der AMH-Wert ist umso höher, je mehr kleine Follikel bereit stehen (Antralfollikel), die auf eine Hormongabe reagieren können. Der große Vorteil dieses Wertes besteht darin, dass er völlig unabhängig vom Zyklustag bestimmt werden kann.
Behandlung von low respondern
Da es keine behandelbaren Ursachen für die eingeschränkte Aktivität der Eierstöcke gibt, ist eine gezielte Behandlung der low response nicht möglich.
Man versucht daher, aus diesen Voraussetzungen des Beste zu machen. Ziel ist daher immer, die verminderte ovarielle Reserve der betroffenen Frauen optimal zu nutzen. Dies ist mit den üblichen Stimulations-Protokollen nicht immer möglich. Insbesondere das sogenannte lange Protokoll führt häufig zu einer ausgeprägten Unterdrückung der eigenen Hormone, dass ein Ansprechen auf von außen zugegebene Hormone nicht mehr erfolgen kann.
Angepasste Stimulationsprotokolle
Daher wird in diesen Fällen gerne ein Ultrashort-Protokoll oder ein Antagonisten-Protokoll verwendet. Diese Protokolle unterdrücken die eigene Hormonproduktion weniger ausgeprägt.
Gelegentlich wird zusätzlich auch noch Clomifen gegeben, um einen zusätzlichen stimulativen Effekt zu erreichen. Des weiteren scheint die zusätzliche Gabe von hMG (humanes Menopausen Gonadotropin), wie es in Luveris und Menogon enthalten ist, die Reaktion auf die Hormone zu verbessern. Eine Vorbehandlung mit natürlichen Östrogenen (nicht der Pille, welche einen zu suppressiven Effekt hat) kann die Ansprechbarkeit der Eierstöcke ebenfalls verbessern (Östrogenpriming)7.
Eine höhere Hormondosis hilft nicht
Es liegt ja nahe, bei schlecht reagierenden Ovarien die Dosis der Hormone einfach zu erhöhen, um ausreichend Eizellen gewinnen zu können. So einfach funktioniert es aber leider nicht. Oft wird sogar ein paradoxer Effekt beschrieben. Hierbei führen hohe Dosierungen der Hormone sogar zu einer eher schlechten Ausbeute an Eizellen.
Verschiedene Studien zeigen keinen Unterschied zwischen hochdosierten Behandlungen und niedrig dosierter Stimulation8 Bei der sogenannten „minimal stimulation“ waren die Erfolgsraten sogar besser9.
Zusatzmaßnahmen
Neben der Hormongabe werden immer wieder auch Zusatzmedikamente ausprobiert, die zu einer besseren Ausbeute an Eizellen führen sollen.
So wurde in einigen Studien mit Erfolg die Gabe von Testosteron10 oder DHEAS11 zur Verbesserung der Eizellproduktion getestet. Ähnliche Ergebnisse wurden mit der Anwendung von Wachstumshormon (Growth hormone – GH)12 beschrieben.
Eine ideale Therapie, die für alle Frauen mit eingeschränkter Ovarialfunktion am besten wäre, gibt es nicht. Die individuelle Anpassung der Stimulation ist sicherlich immer die beste Vorgehensweise. Standardisierte Protokolle sind bei diesen schwierig zu behandelnden Patientinnen nicht hilfreich13. Die Gabe von mehr als 300 IU FSH und oder hMG ebenfalls nicht, da sich hierdurch die Ergebnisse nicht verbessern.
Erfolgsraten
Es gibt natürlich keine allgemeingültigen Statistiken, da auch die betroffenen Patientinnen sehr unterschiedlich sind. Problematisch ist insbesondere die Kombination von einem Alter >40 und geringer Eizellausbeute.
Während hier die Chance auf ein Kind eher im einstelligen Bereich liegt, können sich jüngere Frauen größere Hoffnungen machen, auch wenn sie low responder sind. Bei den jungen Frauen ist trotz schlechter Eizellausbeute die Schwangerschaftsrate im Rahmen einer IVF deutlich höher als bei den Älteren14.
Hier spielen natürlich neben der Zahl der Eizellen auch die Befruchtungsrate und die Entwicklung der Embryonen eine große Rolle.
Zusammenfassung
Artikel aus unseren News zum Thema „low responder“
- DHEA kann möglicherweise die Zahl der Chromosomenfehler in den Eizellen von low responderinnen vermindern helfen
- Testosteron kann die Zahl gewonnener Eizellen erhöhen helfen
- Mehr Hormone helfen bei low respondern nicht
- Vergleich von verschiedenen Stimulationsprotokollen bei low response
- AMH sagt wenig über die Eizellqualität aus, sondern nur über die Zahl der Eizellen
- Ist Letrozol zur Stimulation besser geeignet bei poor response?
- Extremvariante der niedrigen Hormongabe: IVF im natürlichen Zyklus bei low respondern
- Nochmal zur optimalen Dosis bei eingeschränkter Eierstockfunktion: 300 Einheiten sind genug
- Ist eine Vorbehandlung mit Östrogenen hilfreich?
- Bester Zeitpunkt für Transfer, wenn man wenig Eizellen hat?
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Literatur
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- Ferraretti AP, La Marca A, Fauser BC, Tarlatzis B, Nargund G, Gianaroli L, et al. ESHRE working group on Poor Ovarian Response Definition. ESHRE consensus on the definition of ‘poor response’ to ovarian stimulation for in vitro fertilization: the Bologna criteria. Hum Reprod. 2011;26:1616–24
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