
Wenn Monat für Monat die ersehnte Schwangerschaft ausbleibt, dann kann dies viele Gründe haben. Manche davon kann man selbst nur schlecht beeinflussen. Andere Faktoren hingegen kann man mit einfachen Mitteln selbst gut beeinflussen. Darum soll es hier gehen. Verbessern Sie Ihre Fruchtbarkeit mit einigen wichtigen und wissenschaftlich belegten Tipps.
Wie lange sollte man warten?
Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, wenn mehrere Monate ins Land gehen, ohne dass eine Schwangerschaft eintritt. Hat sich ein Paar jedoch entschlossen ein Kind zu bekommen, dann wird die Zeit des Wartens doch schnell sehr lang und die Ungeduld wächst. Die durchschnittliche Chance auf eine Schwangerschaft beträgt pro Eisprung ca. 25-30%. Daraus errechnen manche „Experten“ dann eine durchschnittliche Dauer von 4 Monaten bis zum Eintritt einer Schwangerschaft. So funktioniert es leider nicht. Die kumulative Schwangerschaftsrate errechnet sich anders.
Annähernd 80% der Schwangerschaften treten in den ersten 6 Zyklen mit ungeschütztem Verkehr ein. Wer bis dahin nicht schwanger wurde, hat möglicherweise nur Pech gehabt. Das gilt für die Hälfte der „Nichtschwangeren“ (also 10%). Bei jedem zweiten Paar, das nach einem halben Jahr nicht schwanger wurden (die anderen 10%), muss man von einer handfesten Störung der Fruchtbarkeit ausgehen1.
Basisdiagnostik nach sechs Monaten sinnvoll
Das bedeutet natürlich nicht, dass man sich bereits nach einem halben Jahr in Kinderwunschbehandlung begeben muss, wenn es nicht geklappt hat. Denn auch von diesen Paare werden innerhalb von drei Jahren noch die Hälfte ohne medizinische Maßnahmen schwanger. Aber man rät durchaus dazu, nach sechs Monaten gezielten Verkehrs ohne Erfolg, die wichtigsten Basisuntersuchungen zur Abklärung der Fruchtbarkeit durchführen zu lassen:
Es ist also nicht ungewöhnlich oder weiter bedenklich, wenn ein Paar bis zu einem Jahr warten muss, bis eine Schwangerschaft eintritt.
Aber um die Geduld nicht überzustrapazieren, können Sie Einiges dafür tun, damit der Kinderwunsch möglichst schnell in Erfüllung geht.
Tipps zum Schwanger werden
1. Lassen Sie bestimmte Sachen weg
- Kaffee: Für Frauen gilt, dass ein Übermaß an Kaffee die Fruchtbarkeit vermindert. Wer sich für aktuelle Studien zu diesem Thema Interessiert, findet hier weitere Informationen zum Thema Kinderwunsch und Kaffee. Man muss aber nicht komplett auf seinen Morgenkaffee verzichten. 1-2 Tassen pro Tag vermindern die Fruchtbarkeit nicht2.
- Nikotin vermindert nachweislich die Fruchtbarkeit beider Partner. Die Spermienqualität leidet darunter ebenso3 wie die Funktion der Eierstöcke. Auch die Einnistung der Eizelle in die Gebärmutter wird durch Nikotin gestört. Für beide Partner gilt also: Am besten heute noch aufhören!
- Alkohol: Der Zusammenhang zwischen Fruchtbarkeit und Alkoholkonsum ist ebenfalls hinreichend belegt. Ab Eintritt einer Schwangerschaft ist Alkohol selbstverständlich vollständig tabu. Auf dem Weg zur Schwangerschaft ist das eine oder andere Gläschen sicherlich kein Problem4. Bei der künstlichen Befruchtung gibt es zahlreiche Studien, die auf die natürliche Fruchtbarkeit übertragbar sind.
- Softdrinks: Zuckerhaltige Softdrinks haben natürlich die unangenehme Eigenschaft, für Übergewicht zu sorgen. Aber auch unabhängig davon wirken sich zuckerhaltige Erfrischungsgetränke negativ auf die Fruchtbarkeit aus.
2. Finden Sie Zeit füreinander. Zum richtigen Zeitpunkt.

Um schwanger zu werden, müssen Sie zum richtigen Zeitpunkt miteinander Geschlechtsverkehr haben. Unser Eisprungkalender kann Ihnen dabei helfen, die fruchtbaren Tage zu bestimmen. Tatsächlich sind die fruchtbaren Tage der Frau sehr begrenzt5. Wann der Zeitpunkt am günstigsten ist und wie man das feststellt, können Sie hier nachlesen.
3. Treiben Sie Sport.
Körperliche Aktivität ist eigentlich das Normale. Und darauf ist der Körper auch eingerichtet, wenn eine Schwangerschaft eintreten soll. Sich körperlich zu schonen, um schwanger zu werden ist daher eher nicht förderlich. Wenn man von extremem Ausdauersport absieht, ist zu sportlicher Aktivität daher sogar zu raten, wenn man schwanger werden möchte. Kinderwunsch und Sport passt also gut zusammen.
4. Achten Sie auf Ihr Körpergewicht

Übergewicht hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Hormonhaushalt. So tritt das PCO-Syndrom, bei dem der Eisprung ausbleibt, häufiger bei übergewichtigen Frauen auf. Aber auch Männer sind fruchtbarer, wenn sie normalgewichtig sind. Natürlich bringt es nichts, wenn Sie Crash-Diäten durchführen. Diese Kilos hat man genauso schnell wieder drauf, wie sie runter waren. Eine Ernährungsumstellung – begleitet von regelmäßigem Sport (siehe Punkt 3) – ist wesentlich hilfreicher6. Jedes Kilo zählt!
5. Ernähren Sie sich gesund
Natürlich sollte man nicht nur Kalorien zählen und auf sein Gewicht achten, sondern sich auch gesund ernähren. Neben der Vermeidung von Diätfehlern (Bier und Burger sind für beide Geschlechter fruchtbarkeitsmindernd) gibt es auch Stoffe, denen man eine Verbesserung der Fruchtbarkeit nachsagt.
Es ist bereits länger bekannt, dass Vitamin D die Schwangerschaftsraten verbessern kann, vor allem im Rahmen einer künstlichen Befruchtung erfolgte dieser Nachweis7. Es ist jedoch weiterhin unklar, ob dies Vitamin die Eizellqualität verbessern kann, oder ob die Wirkung eher mit einer verbesserten Aufnahmefähigkeit der Gebärmutterschleimhaut zurückzuführen ist. In jedem Fall ist eine ausreichend hohe Versorgung mit Vitamin D von Vorteil.
Omega-3-Fettsäuren werden zur Verbesserung der Eizellqualität empfohlen, Ebenso Antioxidantien. Deren Wirkung ist jedoch weniger gut belegt.
Sich ausgewogen und vitaminreich zu ernähren ist in jedem Fall für beide Geschlechter von Vorteil.
6. Nehmen Sie Folsäure
À propos vitaminreich: Ein Vitamin kommt in der normalen Ernährung regelmäßig zu selten vor: Das Vitamin B9, besser auch unter dem Namen Folsäure bekannt. Empfohlen wird 0,4 mg oder 400 µg täglich8. Höhere Dosierungen sind auch der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zufolge nicht notwendig. Damit sollte man rechtzeitig beginnen. Es macht jedoch nicht schwanger, aber rechtzeitig eingenommen, werden bestimmte Fehlbildungen (offener Rücken, Gaumenspalten) verhindert.
7. Gehen Sie zum Zahnarzt
Große Untersuchungen zeigten, dass Frauen mit einer Zahnfleischentzündung weniger schnell schwanger wurden und häufiger zu Fehl- und Frühgeburten neigten. Daher wird auch vom Netzwerk „Gesund ins Leben“ Frauen, die eine Schwangerschaft planen, zur Sanierung von Zahnproblemen geraten.
8. Lassen Sie sich impfen

Vor einer geplanten Schwangerschaft wird dazu geraten, sich impfen zu lassen:
- Masern, Mumps und Röteln (als Kombinationsimpfung)
- Impfung gegen Windpocken
- Impfung gegen Keuchhusten, Tetanus und Diphtherie: 1 Impfdosis, alle 10 Jahre auffrischen
- Impfung gegen Hepatitis B: 3 Impfdosen nötig
Damit wird die Übertragung während der Schwangerschaft (z. B. Röteln) und nach der Geburt (z. B. Keuchhusten) auf das Kind vermieden. Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten der ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts.
9. Lassen Sie sich auf Geschlechtskrankheiten untersuchen
Es gibt Infektionen, die die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Durch Veränderungen des Milieus in der Scheide überleben die Spermien dann nicht lang genug, um in die Gebärmutter zu gelangen. Bakterielle Infektionen – wie vor allem Chlamydien – können auch die Eileiter schädigen.
10. Haben Sie häufig genug Verkehr
Das klingt jetzt ziemlich banal. Aber es ist dennoch wichtig: Wenn man den Zeitpunkt des Eisprungs genau weiß, neigen manche Paare dazu nur genau dann miteinander zu schlafen. Oft auch in der Vorstellung, dass die Spermien besser werden, wenn man sie „aufspart“. Das Gegenteil ist der Fall. Man rät daher dazu, um den Eisprung herum alle zwei Tage Geschlechtsverkehr zu haben und schon ein paar Tage davor zu beginnen. Häufiger Verkehr zu haben, schadet jedoch nicht. Manche Studien legen sogar nahe, um den Eisprung herum täglich Geschlechtsverkehr zu haben9
Gehen Sie rechtzeitig zum Arzt
Sind Sie über 35 Jahre alt, dann sollten Sie schon nach einem halben Jahr klären lassen, woran es liegen könnte. Zumindest ein Spermiogramm und die Kontrolle der wichtigsten Hormone kann man dann einmal auf den Weg bringen.
Sind Sie jünger als 35 kann man auch erst einmal ein Jahr abwarten, bevor man den Arzt aufsucht. Wobei der Gang des Mannes zum Urologen der erste Schritt sein sollte.
Die Mythen: Glauben Sie nicht alles, was man Ihnen erzählt
1. Man muss entspannt sein, um schwanger zu werden
Sie haben bei den 10 Tipps zum Schwanger werden vermisst, dass man Stress vermeiden soll? Dieser Mythos wird nicht sterben. Jede Frau mit Kinderwunsch wird irgendwann zu hören bekommen, dass man nur ohne Stress schwanger werden kann und entspannt sein muss. Manche guten Ratgeber treiben es auf de Spitze und empfehlen, man dürfe am besten gar nicht daran denken, schwanger werden zu wollen.
Das ist jedoch nicht richtig und ganz ausführlich haben wir das hier erklärt: „aber alle sagen, man müsse sich nur entspannen„.
2. Es gibt Stellungen, mit denen man besonders gut schwanger wird
Nun, es gibt sicherlich Stellungen, bei denen es ein wenig schwieriger wird mit der Schwangerschaft. Wenn dem Ejakulat der Schwerkraft folgend nur eine geringe Verweildauer in der Vagina vergönnt ist kann es schwierig werden. Zum Beispiel Positionen, in denen die Frau steht oder aufrecht sitzt.
Aber sonst ist es völlig ohne Belang, wie man sich miteinander vergnügt. Oft wird bei bestimmten Stellungen eine „größere Eindringtiefe“ als für Schwangerschaften besser geeignet angegeben. Aber so plausibel die Idee auch ist, einen Beleg für ihre Richtigkeit gibt es nicht.
3. Die Frau muss einen Orgasmus haben
Auch wenn in sehr kleinen Studien der Nachweis erfolgte, dass die Spermien die Gebärmutter besser erreichen, wenn die Frau einen Orgasmus hat, gibt es keinen Beweis dafür, dass dieser Voraussetzung für eine Schwangerschaft ist. Im Gegenteil gibt es zahlreiche Beweise dafür, dass Frauen auch ohne je einen Orgasmus gehabt zu haben Mütter werden können.
4. Man muss auf Gleitmittel verzichten
Fast richtig. Die meisten diese Mittel töten auch Spermien ab. Aber es gibt speziell für Kinderwunschpaare auch solche, in denen sich die Schwimmer wohlfühlen. Ihr Apotheker wird Sie beraten können.
In diesen Fällen sollte man nicht zu lange warten
1. Unregelmäßiger Zyklus
Es ist durchaus normal, wenn sich nach Absetzen der Pille der Zyklus erst ein wenig „einpendeln“ muss. Aber wenn er auch nach einem halben Jahr immer noch unregelmäßig ist, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Sie keinen Eisprung haben oder seltener als üblich. Um die Chancen zu erhöhen, sollte man das abklären lassen
2. Urologische Erkrankungen
Hat der Partner einen Hodenhochstand in der Kindheit gehabt oder eine Verletzung oder Hodentorsion, dann sollte man eher früher als später ein Spermiogramm durchführen lassen. Auch eine Mumpsinfektion kann die Spermienproduktion nachhaltig schädigen.
3. „Hohes“ Alter
Ab Mitte dreißig sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft deutlicher als in den Jahren davor. Deswegen rät man Frauen, die älter sind, schon nach einem halben Jahr einen Arzt aufzusuchen.
Helfen Sie sich selbst

Den Zeitpunkt des Eisprungs festzustellen und damit die Chancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen, ist manchmal nicht ganz einfach, wenn der Zyklus etwas unregelmäßig ist. Dann kann die Messung der Basaltemperatur helfen, evtl. auch mit Hilfe eines Zykluscomputers. Unterstützung dabei können Sie in unserem Zyklusforum bekommen. Dort kann man sich nach Anmeldung auch online Zykluskurven erstellen.
Weitere Infos zum Thema
- Grundlagen der Fruchtbarkeit
- Der normale weibliche Zyklus
- Weibliche Hormone: Funktion und Regulation
- Spermien: Produktion und Funktion
- Natürliche Familienplanung (NFP)
Noch Fragen?
Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über die andere Foren von wunschkinder.de. Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.
Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Literatur
- Gnoth C, Godehardt E, Frank-Herrmann P, Friol K, Tigges J, Freundl G
Definition and prevalence of subfertility and infertility.
Hum Reprod. 2005 May;20(5):1144-7 - Ricci E, Noli S, Cipriani S, La Vecchia I, Chiaffarino F, Ferrari S, Mauri PA, Reschini M, Fedele L, Parazzini F
Maternal and Paternal Caffeine Intake and ART Outcomes in Couples Referring to an Italian Fertility Clinic: A Prospective Cohort.
Nutrients. 2018 Aug 17;10(8). pii: E1116. - Impact of cigarette smoking on histone (H2B) to protamine ratio in human spermatozoa and its relation to sperm parameters
M. F. Hamad, N. Shelko, S. Kartarius, M. Montenarh, M. E. Hammadeh
Andrology Volume 2, Issue 5, pages 666–677, September 2014 - Ellen M Mikkelsen, Anders H Riis, Lauren A Wise, Elizabeth E Hatch, Kenneth J Rothman, Heidi T Cueto, Henrik Toft SørensenBMJ. 2016; 354: i4262
- Colombo B, Masarotto G.
Daily fecundability: first results from a new data base.
Demogr Res. 2000 Sep 6;3:[39]- Best D, Avenell A, Bhattacharya S
How effective are weight-loss interventions for improving fertility in women and men who are overweight or obese? A systematic review and meta-analysis of the evidence.
Hum Reprod Update. 2017 Nov 1;23(6):681-705- Paffoni A, Ferrari S, Vigano P, Pagliardini L, Papaleo E, Candiani M, Tirelli A, Fedele L, Somigliana E
Vitamin D Deficiency and Infertility: Insights From in vitro Fertilization Cycles.
J Clin Endocrinol Metab. 2014 Aug 14:jc20141802- Feldhaus, S. Gynäkologische Endokrinologie (2018) 16: 115.
- RaithPaula, E. „Natürliche Familienplanung bei Kinderwunsch und unerfülltem Kinderwunsch.“ Natürliche Familienplanung heute: Modernes Zykluswissen für Beratung und Anwendung (2013): 153.
- Colombo B, Masarotto G.