Mittelschmerz: Mythos oder Eisprung?

Mittelschmerz
Der Mittelschmerz: Ist er zuverlässiger Begleiter des Eisprungs? © clipdealer.com

Ein Schmerz in der Mitte des Zyklus wird – unabhängig von seinen Ursachen – als Mittelschmerz bezeichnet. Man geht davon aus, dass er meist im zeitlichen Zusammenhang mit einem Eisprung auftritt. Ist er ein zuverlässiges Anzeichen für den Eisprung und die fruchtbaren Tage? Kann es noch andere Ursachen für dieses Phänomen geben?

Wie fühlt sich der Mittelschmerz an?

Es ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich. es geht schon einmal damit los, dass ca. zwei Drittel aller Frauen keinen Mittelschmerz haben. Die meisten davon haben aber trotzdem einen Eisprung! Geht man davon aus, dass der Mittelschmerz wirklich mit dem Eisprung zusammenhängt, dann sollte der Schmerz eher kurz andauern, nur auf einer Seite sein und eher plötzlich eintreten. Der Charakter dieser Missempfindung ist oft kürzer und „stechend“ im Vergleich zu den eher dumpfen Schmerzen gegen Ende des Zyklus oder bei der Regelblutung.

Wie häufig ist der Mittelschmerz?

Wissenschaftliche Untersuchungen geben Zahlen zwischen 20 und 30% an. Allerdings sind die Erhebungen unzuverlässig. Und es ist nicht so, dass es Frauen gibt, bei denen er regelmäßig auftritt und solche, bei denen der Mittelschmerz nicht stattfindet.

Auch bei Frauen, die über Schmerzereignisse in der Zyklusmitte berichten, tritt dieses Phänomen nicht in jedem Zyklus auf.

Wann genau tritt der Mittelschmerz im Zyklus auf?

Gleicht man den Zeitpunkt des Auftretens mit objektiveren Faktoren ab, wie zum Beispiel den Anstieg des eisprungauslösenden Hormons (LH), dann fällt das Schmerzereignis in den meisten Fällen auf den Tag vor dem Eisprung12. In diesen Studien berichteten 35% der Frauen über ein Schmerzereignis in der Mitte des Zyklus. Aber auch in dieser und auch anderen wissenschaftlichen Untersuchungen berichteten Frauen auch über einen Mittelschmerz vor, während und nach dem Eisprung.

Wie entsteht der Mittelschmerz?

Dieses unterschiedliche Timing zeigt, dass Schmerzen in der Mitte des Zyklus keinem festen Ereignis im Rahmen des Eisprungs zuzuordnen sind. Man vermutet, dass drei verschiedene Gründe dazu führen können: Die Spannung an der Kapsel des Eierstocks durch den maximal vergrößerten Follikel vor dem Eisprung, der Eisprung selbst und durch die Flüssigkeit, die mit der Eizelle den Follikel verlässt. Das lässt auch vermuten, dass ein Mittelschmerz ein Hinweis auf die Ovulation sein kann, aber eine Bestimmung des genauen Zeitpunkts nicht zulässt.

Was ist, wenn ich keinen Mittelschmerz habe, habe ich dann auch keinen Eisprung?

Zugegeben, diese Überschrift ist für diejenigen, die nur die Überschriften lesen. Die anderen werden den Hinweis, dass nur ein Viertel bis zu einem Drittel der Frauen einen Mittelschmerz spüren, schon gelesen haben. Und natürlich haben diese Frauen oft einen sehr normalen Eisprung, aber eben keine Schmerzen. Ja, das geht 😉

Aber ist das wirklich immer auch der Eisprung, der dort gespürt wird?

Weitere Infos
Unser Eisprungkalender
Eisprung und der weibliche Zyklus
Natürliche Familienplanung

Ich spüre ganz genau, wann mein Eisprung stattfindet„. Viele Frauen fühlen in der Mitte des Zyklus ein Ziehen im Unterbauch – den „Mittelschmerz“ – und nehmen dann an, dass dies den Zeitpunkt des Eisprungs zuverlässig angibt. Andere spüren vermehrten Ausfluss, Veränderungen der Libido und Stimmung und führen diese Symptome auf den nahenden Eisprung zurück. Und manche Frauen spüren gar nichts und fühlen sich schlecht dabei. Weil sie glauben, entweder keinen EIsprung zu haben, oder doch zumindest ein schlechtes „Körpergefühl“. Was ja fast genau so schlimm ist, wenn frau ihren mittelschmerzgeplagten Freundinnen Glauben schenken kann.

Meine persönliche Erfahrung in der Praxis ist eine andere. Es gibt sicherlich Frauen, die in der Tat anhand solcher Symptome den Ovulationszeitpunkt exakt vorhersagen können. Genauso gibt es aber auch Patientinnen, die sicher sind, demnächst ihren Eisprung auf der linken Seite zu bekommen und im Ultraschall zeigt sich ein unreifer Follikel auf der rechten Seite.

Damit keine Missverständnisse auftreten: Es geht nicht um Frauen, die mit den Methoden der natürlichen Familienplanung ihren Eisprung bestimmen möchten, dies ist erfahrungsgemäß zuverlässiger3.

Andere Ursachen des Mittelschmerzes

Die Endometriose ist bekannt dafür, schmerzhafte Regelblutungen hervorzurufen. Sie kann aber offenbar auch die Symptome des Eisprungs bis hin zum sehr stark ausgeprägten Mittelschmerz verstärken4.

Die Studie zum Mittelschmerz

Was liegt näher, als dazu eine Studie durchzuführen. US-amerikanische Wissenschaftler haben dies getan5. Dazu befragten sie zunächst mögliche Studienteilnehmerinnen, ob sie ihren Eisprung spüren. Dies war Voraussetzung zur Aufnahme in die Studie. 36 Frauen wurden in die Studie aufgenommen und sammelten Urinproben vom 5. Zyklustag bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihren Eisprung vermuteten. Die Proben wurden zur späteren Bestimmung des LH (Hormon, welches den Eisprung auslöst) eingefroren. Insgesamt sammelten die Frauen Urinproben von bis zu 6 Zyklen, insgesamt ergaben sich Daten von 87 Zyklen.

Wenn man Studien zu dem Thema sucht, stellt man schnell fest, dass „Mittelschmerz“ ein Internationalismus ist und zumindest im Englischen als Fachbegriff verwendet wird.

Trefferquote bestenfalls weniger als die Hälfte

In 37 dieser untersuchten Zyklen fand sich tatsächlich eine Anstieg des LH (der einem Eisprung vorausgeht) in den entsprechenden Proben, was einer Trefferquote von 42,5% entspricht. Wurden nur die jeweils ersten Zyklen der Frauen ausgewertet, dann lag diese Rate mit 36,1% noch niedriger. Und wurden zur guter Letzt Probandinnen ausgeschlossen, welche die Basaltemperatur maßen, dann lag die Trefferquote nur bei gut einem Viertel (28%).

Die Frauen, die 3-6 Zyklen kontrollierten, hatten jedoch in fast der Hälfte der Fälle (48,9%) recht mit ihrer Vorhersage. Aber selbst diese motivierten Frauen, die sich also intensiver mit ihrem Eisprung beschäftigten und auch mehrere Zyklen lang die Studie „durchhielten“ tippten somit in der Hälfte der Fälle daneben. Die Autoren schließen aus diesen Ergebnissen, dass der Eisprung für die meisten Frauen ohne Verwendung von Hilfsmitteln ein Ereignis ist, welches ihnen oft verborgen bleibt.

Der Mittelschmerz tritt bei einem Drittel aller Frauen im Zusammenhang mit dem Eisprung auf: Vor, während und nach dem Eisprung. Auch ohne Mittelschmerz kann man einen Eisprung haben. Die Bestimmung der fruchtbaren Tage mit Hilfe des Mittelschmerzes ist nur unzuverlässig möglich.

Weitere Infos zum Thema

Noch Fragen?

Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über die andere Foren von wunschkinder.de. Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.

Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.

 

Literatur

  1. Wang XX, Wu ZY.
    Prediction of ovulation.
    Zhonghua Fu Chan Ke Za Zhi. 1990 Mar;25(2):86-8, 124.
  2. O’Herlihy, C., Robinson, H. P., & De Crespigny, L. J. (1980). Mittelschmerz is a preovulatory symptom. British medical journal280(6219), 986.
  3. Ludwig, M. (2005). Natürliche Familienplanung. Kinderwunschsprechstunde, 15-21.
  4. Check JH
    Increased tissue permeability and sympathetic nervous system hypofunction may be the common link between dysmenorrhea, chronic pelvic pain, Mittelschmerz, and Crohn’s disease.
    Clin Exp Obstet Gynecol. 2016;43(1):112-3
  5. Sievert LL, Dubois CA.
    Validating signals of ovulation: do women who think they know, really know?
    Am J Hum Biol. 2005 May-Jun;17(3):310-20