Kryokonservierung: Einfrieren von Eizellen, Spermien und Embryonen
Unter Kryokonservierung („kryo “ griechisch für Kälte) versteht man das Einfrieren und Lagern von Zellen bei tiefen Temperaturen in flüssigem Stickstoff. Durch spezielle Kryokonservierungsverfahren, bei denen Zellen mit einem membranschützenden Medium, dem Kryoprotektivum, versetzt werden und durch die Anwendung von computergestützten Temperaturprogrammen zur Steuerung des Einfrierprozesses können Zellen über lange Zeiträume ohne Beeinträchtigung ihrer Lebensfähigkeit gelagert werden.
In der Kinderwunschbehandlung werden Spermien, befruchtete und befruchtete Eizellen sowie Embryonen eingefroren.
Einfrieren von Spermien
- Spermien von Spendern zur heterologen Insemination (=Insemination mit Spenderspermien) werden eingefroren. Während man früher auch frisches Ejakulat von Spendern verwendete, ist dies aufgrund der Gefahr einer Infektion mit AIDS heute nicht mehr üblich. Erst, wenn ein Spender einigen Monate nach der Samenabgabe erneut HIV-negativ getestet werden konnte, können seine Spermien aufgetaut und für eine Insemination verwendet werden.
- Außerdem können Spermien eingefroren werden, die durch eine Hodenbiopsie gewonnen wurden. Das macht es möglich, die hormonelle Stimulation der Eierstöcke bei der Frau und die operative Spermiengewinnung zeitlich optimal zu gestalten. Außerdem können mehrere Biopsien gewonnen werden und für mehrere ICSI-Versuche verwendet.
- Wenn bei einem Mann aufgrund einer bösartigen Erkrankung (Hodenkrebs oder eine andere andere Krebserkrankung) eine Operation mit anschließender Chemotherapie oder Bestrahlung geplant ist, werden oft Spermien eingefroren. Dadurch kann sich der betroffene Mann später dennoch seinen Kinderwunsch erfüllen, auch wenn das Hodengewebe durch die geplante Therapie in Mitleidenschaft gezogen wird.
Kryokonservierung von Eizellen
Obwohl sich unbefruchtete Eizellen lassen sich inzwischen auch gut einfrieren lassen („Social freezing“), werden doch meist überschüssige befruchteten Eizellen im Vorkernstadium eingefroren. Die Kryokonservierung ist in Deutschland nur zu diesem Zeitpunkt uneingeschränkt erlaubt, denn im Vorkernstadium handelt es sich nur um befruchtete Eizellen. Nach der Verschmelzung der Vorkerne oder der ersten Zellteilung handelt es sich definitionsgemäß um einen Embryo, der dem Embryonenschutzgesetz entsprechend nur in Ausnahmefällen eingefroren werden darf.
Lassen sich also nach der Eizellentnahme mehr Eizellen befruchten, als für den späteren Transfer vorgesehen sind, kann man die überschüssigen befruchteten Eizellen einfrieren. Dies wird jedoch nur dann gemacht werden, wenn mindestens 3 überschüssige befruchtete und qualitativ hochwertige Eizellen vorhanden sind. Da die Überlebensrate der Eizellen nach dem Auftauen bei ca. 70% liegt, ist bei einer niedrigeren Zahl die Kryokonservierung nur in Ausnahmefällen zu empfehlen.
Der Vorteil des Einfrierens überschüssiger Eizellen liegt darin, dass eine weitere hormonelle Stimulation und Punktion der Eierstöcke nicht notwendig ist, um eine erneute Chance auf eine Schwangerschaft zu erhalten.
Nachteilig ist, dass die das Einfrieren der Eizellen und die Kosten für einen Kryotransfer von der Kasse nicht getragen werden und die Schwangerschaftsraten mit etwas über 20%/Zyklus deutlich unter den Ergebnisse mit frischen Embryonen liegen.
Technik des Einfrierens
Für die Kryokonservierung der Embryos sind sehr niedrigen Temperaturen notwendig. Dazu wird flüssiger Stickstoff verwendet, dessen Temperatur bei -196 ºC liegt. Bei diesen Temperaturen werden alle biologische Aktivitäten angehalten, ohne jedoch den Organismus zu schädigen.
Während des Einfrierens können sich jedoch Eiskristalle bilden welche die Zellen schädigen können. Um dies zu verhindern und die Proben nahezu unbegrenzt aufbewahren zu können, wird ein Kryoprotektivum verwendet. Diese Substanz wirkt wie ein Frostschutzmittel.
Slow freezing
Beim „langsamen Einfrieren“ werden die Eizellen oder Embryonen langsam abgekühlt. Dieser Prozess wird von einem Computerprogramm gesteuert. Durch einen mechanischen Reiz („Seeding“) kommt es dann zu einer schnellen Verfestigung der Flüssigkeiten ohne Ausbildung von Eiskristallen. Diese klassische Methode wird schon seit Jahrzehnten erfolgreich angewendet.
Vitrifizierung

Die Vitrifizierung ist eine Methode, mit der Eizellen (auch unbefruchtet!) und Embryonen sehr schnell heruntergekühlt werden. Es kommen dabei sehr hohe Konzentrationen von Kälteschutzmitteln zum Einsatz. Durch das sehr schnelle Herunterkühlen der Zellen, bleibt eine Ausbildung von Eiskristallen zuverlässig aus. Durch die Anwendung dieser Methode – insbesondere bei Blastozysten und unbefruchteten Eizellen – kommt es zu „Überlebensraten“ von bis zu 90% der Embryonen.
Kryotransfer: Vorbehandlung
Es gibt verschiedene Methoden, um den weiblichen Körper auf die Rückgabe von eingefrorenen und wieder aufgetauten Embryonen vorzubereiten. Ziel der Vorbehandlung ist es, die Gebärmutterschleimhaut (das Endometrium) auf den Kryotransfer vorzubereiten. Dabei wird zum Einen darauf abgezielt, eine ausreichend hoch aufgebaute Schleimhaut zu bekommen. Zum Anderen ist die optimale Synchronisierung der Schleimhautreife und der des Embryos Ziel der Therapie. Denn das Endometrium wandelt sich nach dem Eisprung um und bereitet sich auf die Einnistung vor. Im natürlichen Zyklus ist diese aufeinander abgestimmte Entwicklung des Embryos und der Gebärmutterschleimhaut automatisch gewährleistet. In einem Kryotransfer muss dies gezielt herbeigeführt werden. Im Folgenden werden die möglichen Methoden beschrieben:
1. Nutzung des natürlichen Zyklus
Während die eingefrorenen Eizellen auf ihren Einsatz warten, kann man dem Körper den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut selbst überlassen. Ohne Hormongaben wird sich dann in der Zyklusmitte meist eine gut aufgebaute Gebärmutterschleimhaut und ein reifer Follikel erkennen lassen. Der Follikel enthält zwar auch eine Eizelle, diese wird jedoch nicht benötigt, sondern nur die Hormonproduktion, welche die Schleimhaut aufbaut.
Meist führt man LH-Tests oder Blutentnahmen durch, um den Eisprung festzustellen, da man ja nicht nur die Östrogene benötigt, sondern auch die Gelbkörperhormone, die ja erst nach dem Eisprung entstehen. Das Auftauen und der Transfer der Embryonen wird zeitlich auf den Eisprung abgestimmt, so dass diese optimale Bedingungen für die Einnistung vorfinden.
2. Modifizierter natürlicher Zyklus (Mit Eisprung auslösen)
Um den Zeitpunkt des Eisprungs besser bestimmen zu können, kann man diesen auch auslösen. Ansonsten läuft das Verfahren dann analog zu „1.“ ab.
3. Zuführung von Östrogenen und Gelbkörperhormon
Als Routinemethode für alle Patienten oder aber bei Frauen, die keinen zuverlässigen Eisprung haben, hat sich die Gabe von Östrogenen und Gelbkörperhormoneim Kryozyklus etabliert. Die Östrogene können per Tablette, Pflaster oder als Gel verabreicht werden und bewirken einen Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Ein eigener Eisprung ist dafür nicht nötig, denn schließlich werden ja alle notwendigen Hormone von außen zugeführt.
4. Östrogen- und Gelbkörperhormongabe plus Downregulation
Bei der unter „2.“ beschriebenen Methode kann es zu einer eigenen Hormonproduktion kommen, da die verabreichten Hormone den Eisprung nicht immer unterdrücken. Das kann sich mitunter als störend erweisen und die eigentliche Planung durcheinander bringen. Daher unterdrücken manche Ärzte die Aktivität der Eierstöcke durch eine Downregulation, damit keine hormonelle Eigenaktivität stört. Der Nutzen ist schon lange umstritten. In manchen Zentren wird dies als Routine angewendet, vor allem im Ausland zur Vorbereitung auf eine Eizellenspende – die ja grundsätzlich ebenso wie ein Kryozyklus abläuft.
5. Hormonelle Stimulation
Hier zielt man auch – wie unter „1.“ – darauf ab, einen eigenen Follikel (später Gelbkörper) heranreifen zu lassen und dessen Hormonproduktion zu nutzen. Nur wartet man nicht darauf, dass dies von alleine passiert, sondern gibt Hormone, um die Eierstöcke bei der Follikelreifung zu unterstützen.
Zusammenfassung der möglichen Vorbehandlungen für einen Kryotransfer
Eine Analyse zu den möglichen Verfahren zur Vorbehandlung eines Kryotransfers erfolge zuletzt im Jahre 20171.
Es wurden hierbei nur Schwangerschaftsraten erfasst und nicht die Zahl der Lebendgeburten. Signifikante Unterschiede fanden sich nicht.
Kein Unterschied bei den Lebengeburtenraten oder Mehrlingen.
Auch hier keine Differenz zwischen den beiden Gruppen. Lebensgeburtenrate, Mehrlingschwangerschaften ohne signifikante Unterschiede. Es zeigte sich jedoch eine Tendenz zu weniger Fehlgeburten bei den Frauen, deren Eisprung nicht ausgelöst wurde.
Es fand sich kein Unterschied bezüglich fortlaufender Schwangerschaften und Lebendgeburten. Der Anteil an Fehlgeburten unterschied sich demzufolge ebenfalls nicht.
Natürlicher Zyklus mit Eisprung auslösen (2) vs. Östrogen-/Gelbkörperhormongabe + Downregulation (4)
Die Anteil an Lebengeburten und die Fehlgeburtenrate nterschied sich nicht in den beiden Gruppen.
Hier zeigte sich tatsächlich erstmals ein Unterschied („low-quality“) und zwar zu Gunsten der Downregulation bei der Lebendgeburtenrate (OR 0.10, 95% CI 0.04 to 0.30, 1 RCT, n = 75).
Verglichen wurde die Stimulation mit Menogon (hMG) alleine mit Clomifen und hMG in Kombination. Her fand sich eine bessere Lebendgeburtenrate, wenn man das Clomifen wegließ.
Am häufigsten wird der Kryotransfer nach Östrogen- und Gelbkörperhormongabe oder im natürlichen Zyklus durchgeführt. Diese beiden Methode sind am einfachsten und auch kostengünstigsten.
Kryotransfer: Verhalten nach Transfer
Grundsätzlich darf man sich nach dem Embryotransfer ganz normal verhalten. Denn den Embryonen schadet einen normale Aktivität nicht. Und ein Überstimulationssyndrom wie bei der künstlichen Befruchtung ist ja nicht zu erwarten. Und hier noch der Verweis zu unserem Artikel, der wirklich alle Fragen zum Verhalten nach Transfer beantwortet.
Woran merkt man, dass es geklappt hat?
Unabhängig von der Art der Behandlung gibt es immer wieder den Wunsch, möglichst früh festzustellen, ob eine Schwangerschaft eingetreten ist. Und man horcht in den Körper nach Signalen, die einem etwas über den Erfolg der Therapie mitteilen. Das ist beim Kryotransfer nicht anders als sonst und daher der Verweis auf unseren Artikeln zu diesem Thema.
Wie lange kann man Eizellen einfrieren?
Grundsätzlich unbegrenzt lang. Und die Dauer des Einfrierens hat auch keinen wesentlichen Einfluss auf die Fähigkeit, sich später einzunisten und zu einer Schwangerschaft zu führen2. Es gibt also keinen Grund, nach einer erfolgreichen Behandlung gleich die nächste anzuschließen.
Kryokonservierung: Pro und Kontra
Pro: Das Einfrieren überschüssiger Eizellen und Embryonen erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft pro Eizellentnahme („Punktion“). Dadurch vermindern sich die Belastungen für die Frau, da der Kryotransfer eine wesentlich schonendere Behandlung ist, als die eigentliche künstliche Befruchtung. Selbst im Erfolgsfall mit den frischen Embryonen kann man die eingefrorenen Zellen für ein Geschwisterkind verwenden.
Kontra: Die Erfolgrate pro Transfer mit aufgetauten Eizellen liegt immer noch bei ca. 2/3 dessen, was man mit frischen Zellen erreichen kann. Die Behandlung wird von der Krankenkasse nicht unterstützt und ist dann oft teurer als ein Versuch mit Punktion und Stimulation, wenn die Krankenkassen die Behandlung unterstützen.
Noch Fragen?
Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über die andere Foren von wunschkinder.de. Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.
Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Literatur
- Ghobara T, Gelbaya TA, Ayeleke RO
Cycle regimens for frozen-thawed embryo transfer.
Cochrane Database Syst Rev. 2017 Jul 5;7:CD00341 - Riggs R, Mayer J, Dowling-Lacey D, Chi TF, Jones E, Oehninger S
Does storage time influence postthaw survival and pregnancy outcome? An analysis of 11,768 cryopreserved human embryos.
Fertil Steril. 2008 Nov 20