ICSI – Intrazytoplasmatische Spermieninjektion – Vorgehen und Erfolgsraten

ICSI - Befruchtung mit einem einzelnen Spermium
ICSI – Befruchtung mit einem einzelnen Spermium © clipdealer.com

Die Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) ermöglicht die Erfüllung des Kinderwunschs auch bei eingeschränkter Qualität der Spermien. Es handelt sich um eine Variante der künstlichen Befruchtung IVF, die bei eingeschränkter männlicher Fruchtbarkeit erfolgreich eingesetzt wird, um eine Schwangerschaft herbei zu führen.

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Die ICSI in Kürze

Nach einer hormonellen Stimulation der Eierstöcke werden die Eizellen aus dem Körper der Frau entnommen. In einer Petrischale spritzt man einzelne Spermien mit einer sehr feinen Nadel direkt in die Eizelle ein. Dadurch ist eine zuverlässige Befruchtung der Eizellen auch bei einer sehr geringen Zahl an Spermien möglich. Nach Befruchtung der Eizelle spült man die die Embryonen in die Gebärmutter. Dort wachsen sie im Idealfall an und es kommt zu einer Schwangerschaft.

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Wann führt man die ICSI durch?

Im Jahre 1992 führten belgische Wissenschaftler die ICSI erstmals erfolgreich durch1. sie entwickelten diese Methode zur Behandlung von Paaren, deren Kinderwunsch wegen einer schlechten Spermienqualität unerfüllt bleibt.

Schlechte Spermienqualität

Oft reicht bei eingeschränkter Zahl oder Beweglichkeit der Spermien schon eine Insemination oder eine normale IVF aus, um die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit zu erhöhen und den Kinderwunsch zu erfüllen. Allerdings ist bei einer IVF eine Mindestanzahl von 50.000 bis 100.000 funktionsfähigen und schnell beweglichen Spermien pro Eizelle notwendig, um eine Befruchtung zu erzielen. Oft ist das Spermiogramm so schlecht, dass diese Zahlen nicht erreicht werden können. Dann ist die ICSI die einzige erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit.

Fehlende Spermien (Azoospermie)

Eine weitere Indikation ist die Azoospermie, also das völlige Fehlen von Spermien im Ejakulat. Bei diesen Spermienemmisionsstörungen können die Spermien nicht per Masturbation gewonnen werden, sondern werden aus dem Hoden oder Nebenhoden gewonnen (MESA oder TESE). Die Zahl der so gewonnenen Spermien ist regelmäßig zu gering, um beispielsweise eine Insemination durchführen zu können. Und meist reicht die Zahl auch für eine „normale“ IVF nicht aus. Mit Hilfe der ICSI ist eine Befruchtung jedoch auch in solchen Fällen meist möglich.

Vorgehensweise bei der ICSI

Das Prinzip der ICSI liegt darin, dass die Eizelle mit nur einem Samenfaden befruchten zu lassen. Zunächst wählt man dafür ein Spermium aus, das möglichst beweglich und normal geformt ist. Das Video der amedes zeigt, wie die Spermien ausgewählt werden. In diesem Fall wird dazu ein spezielles Verfahren, die PICSI angewendet.

Hat man ein Spermium ausgewählt, wird dies zu Befruchtung der Eizelle genutzt. Man fixiert die Eizelle mit einer dicken Glaskanüle fixiert. Mit einer sehr feinen Pipette spritzt man das Spermium unter dem Mikroskop direkt in die Eizelle. Der Samenfaden ist in der Kanüle zu sehen. Ist eine Eizelle befruchtet, dann wird erneut ein Spermium ausgesucht und im Anschluss in die nächste Eizelle injiziert.

Was ist der Unterschied zwischen IVF und ICSI?

Abgesehen von dieser Injektion des einzelnen Samenfadens in die Eizelle gibt es keinen Unterschied zwischen der ICSI und der „konventionellen“ IVF.

Auch für die ICSI wird die selbe hormonelle Stimulation durchgeführt und anschließend die Eizellen durch eine Punktion gewonnen. Auch die Rückgabe der befruchteten Eizellen (Transfer) – oder vielmehr Embryonen – wird auf die gleiche Weise durchgeführt.

Der einzige Unterschied liegt also darin, dass man nicht der Eizelle die Auswahl eines Samenfadens überlässt. Es wird ein Spermium  ausgesucht, welches dann in die Eizelle injiziert wird. Nun ist völlig unklar, nach welchen Kriterien die Auswahl des letztlich zur Befruchtung führenden Spermiums erfolgt, denn sicherlich stimmt „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ hier nicht. Man kann also nicht wissen, ob man wichtige Auswahlkriterien der Eizelle einfach außer Kraft setzt.

Mögliche Risiken der ICSI

Weltweit führen Kinderwunschkliniken diese Methode inzwischen über ein Vierteljahrhundert hinweg erfolgreich durch. Anfänglich bestand die Sorge, dass ein erhöhtes Risiko  für Fehlbildungen bei den so gezeugten Kinder besteht. Im Nachhinein durchgeführte (retrospektive) Untersuchungen an den bereits geborenen Kindern auch über längere Zeiträume nach der Geburt zeigten kein erhöhtes Risiko, jedoch war es wichtig, eine prospektive Studie durchzuführen.

Die Ergebnisse dieser in Deutschland erstellten Studie2 zeigten, dass das Risiko für Fehlbildung bei der ICSI geringfügig gegenüber normal entstandenen Kindern erhöht ist, jedoch bei Berücksichtigung der negativen Voraussetzungen seitens der Eltern (häufiger höheres Alter, Übergewicht der Frau und genetische Veränderungen) lediglich ca.0,5% höher liegt (0,2-0,7%).

Auch Studien neueren Datums zeigten mehrheitlich keine höhere Gefahr für Erkrankungen bei den durch ICSI gezeugten Kindern3

Kostenübernahme

Die Ergebnisse dieser Studien führten dazu, dass die Krankenkassen die Kosten für eine ICSI-Behandlung übernehmen. Dies erfolgt analog zur IVF, die Voraussetzungen (Heirat, Altersgrenzen) sind die gleichen.

Gesetzliche Regelungen

Analog zur IVF ist das Embryonenschutzgesetz strafrechtlich relevant . Die Richtlinien der Bundesärztekammer stützen sich darauf. Das Sozialgesetzbuch V (SGB V) und regelt die Voraussetzungen zur Durchführung der IVF bei Patienten und Ärzten sowie die Kostenerstattung der Krankenkassen. In dem entsprechenden Kapitel erwähnten Voraussetzungen für die IVF gelten ebenso für die ICSI.

Erfolgsraten bei der ICSI

Die Erfolgsraten mit der ICSI sind ähnlich den Ergebnissen der IVF-Behandlung. Die früher häufig geäußerte Meinung, dass die Ergebnisse besser seien, konnte sich über die Jahre nicht bestätigen

Risiken  der ICSI

Auch das Spektrum der Risiken ist das gleiche wie bei der IVF.

Noch Fragen?

Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über die andere Foren von wunschkinder.de. Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.

Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.

 

Literatur

  1. Palermo G, Joris H, Devroey P, Van Steirteghem AC
    Pregnancies after intracytoplasmic injection of single spermatozoon into an oocyte.
    Lancet. 1992 Jul 4;340(8810):17-8.
  2. Ludwig M, Katalinic A
    Malformation rate in fetuses and children conceived after ICSI: results of a prospective cohort study.
    Reprod Biomed Online. 2002 Sep-Oct;5(2):171-8.
  3. Lacamara C, Ortega C, Villa S, Pommer R, Schwarze JE
    Are children born from singleton pregnancies conceived by ICSI at increased risk for congenital malformations when compared to children conceived naturally? A systematic review and meta-analysis.
    JBRA Assist Reprod. 2017 Sep 1;21(3):251-259