Eisprungauslösung mit humanem Choriongonadotropin (hCG)

Der Eisprung wird bei einer Kinderwunschbehandlung üblicherweise mit Medikamenten ausgelöst. Warum das oft besser ist und wie der Eisprung normalerweise funktioniert, erklären wir Ihnen hier.
Wie funktioniert der Eisprung im normalen Zyklus?
Ausführlich erklären wir das in unserem Artikel zum weiblichen Hormonhaushalt. Daher hier nur die kurze Version: Der heranwachsende Follikel bildet mit zunehmender Größe Östrogene aus. Der Blutspiegel dieses Hormons steigt also mit dem Wachstum des Follikels an. Durch die Höhe der Östrogenwerte und der Dynamik des Anstiegs registriert die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) den Zeitpunkt, an dem die Eizelle reif ist.
Ist der Follikel also ca. zwei Zentimeter groß und die Eizelle reif, schüttet die Hypophyse das Luteinisierende Hormon (LH) aus. Dies geschieht sehr kurzfristig in großen Mengen, weshalb man dies auch „LH-Peak“ nennt. Der Follikel hat für das Luteinisierende Hormon spezielle Rezeptoren. Über diese wird dann die Wirkung vermittelt und das Kommando zum Eisprung gegeben.
Der Follikel öffnet sich und entlässt die Eizelle. Dieser Vorgang wird Eisprung (Ovulation) genannt. Die Eizelle wird vom Eileiter aufgefangen und aus dem am Eierstock verbliebenen Follikel bildet sich der Gelbkörper. Der Gelbkörper bildet das Progesteron – auch Gelbkörperhormon genannt – das für die Vorbereitung der Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung wichtig ist. Die Ovulation kann man auch medikamentös steuern, also den Eisprung auslösen.
Eisprungauslösung mit Schwangerschaftshormon
Führt man eine hormonelle Stimulation der Eierstöcke durch, erfolgt der Eisprung durchaus auch von alleine. Die Eisprungauslösung hat jedoch diverse Vorteile.
Gibt man Hormone, sind nach einigen Tagen die gewünschte Follikelzahl, -größe und Hormonwerte erreicht. Den Eisprung löst man dann mit humanem Choriongonadotropin (hCG) aus. Dieses Hormon hat große Ähnlichkeit mit dem Schwangerschaftshormon. Seit wann löst Schwangerschaftshormon den Eisprung aus? Seit immer schon. Der Teil des eisprungauslösenden Hormon (LH), der für die Bindung an die Rezeptoren des reifen Follikels zuständig ist und dadurch den Eisprung auslöst, ist exakt so auch beim hCG-Molekül vorhanden. Es bindet daher an die LH-Rezeptoren des Eierstocks und wirkt dort stärker und länger als das natürliche LH, weil es eine längere Halbwertszeit hat, also langsamer wieder abgebaut wird.
Medikamente zum Auslösen des Eisprungs
Hier stehen die klassischen urinären Präparate Choragon , Brevactid und Predalon zur Verfügung. Ein weiteres Präparat zur Auslösung des Eisprungs ist das „Ovitrelle“ der Firma Serono, welches 285 µg CG alfa (Chorion Gonadotropin alfa) enthält. Dieses ähnelt dem hCG und wird gentechnisch hergestellt. Von der Wirkung her entspricht es ca. 6500 IE des normalen hCG.
Die medikamentöse Ovulationsauslösung kann auch ohne eine vorherige Stimulation der Eierstöcke durchgeführt werden – zum Beispiel zur Optimierung des Timings beim Geschlechtsverkehr.
Besseres Timing der Ovulation möglich
Natürlich würde ein Eisprung auch ohne dieses Medikament stattfinden, da die Hirnanhangsdrüse den erhöhten Östrogenspiegel erkennt und darauf mit einer verstärkten Ausschüttung von LH reagiert. Der Nachteil eines natürlichen Eisprungs besteht jedoch darin, dass der Zeitpunkt, an dem er stattfindet, nicht eng genug eingegrenzt werden kann. Man gibt daher hCG als Spritze (Choragon und Predalon werden subkutan gegeben, wie man das selber machen kann wird hier beschrieben), um den Zeitpunkt des Eisprungs möglichst exakt festlegen zu können. Ca. 36 – 42 Stunden nach der Gabe des Medikaments findet der Eisprung statt.
Warum löst man eigentlich bei der IVF auch den Eisprung aus?
Bei der IVF oder ICSI werden die Eizellen ja vor dem Eisprung aus den Eierstöcken der Frau gewonnen. Findet der Eisprung vorzeitig statt, dann sind die Eizellen verschwunden, weshalb man ja den Eisprung vorab mit großem Aufwand unterdrückt. Aber auch hier wird der Eisprung ausgelöst. Das ist aber kein Widerspruch. Der natürlich ausgelöste Eisprung wird unterdrückt, damit er nicht vorzeitig „dazwischenfunkt“.
Aber die Eizellen reifen erst vollständig – und damit befruchtungsfähig – aus, wenn sie das Signal bekommen, dass der Eisprung bald stattfindet. Das wird mit der hCG-Gabe erreicht. Da man dann aber sehr genau weiß, wann die Ovulation stattfinden wird, kann man ihr rechtzeitig durch die Entnahme der – nun reifen – Eizellen zuvorkommen.
Man ersetzt also den natürlichen Eisprung durch einen zeitlich besser festlegbaren medikamentös ausgelösten Eisprung.
Wirksame Methode zur Unterstützung der Gelbkörperphase
Ein weiteres Einsatzgebiet des hCG ist die Unterstützung der Gelbkörperphase bei Gelbkörperschwäche oder prophylaktisch1. Der Gelbkörper entsteht nach der Ovulation aus dem „geplatzen“ Eibläschen und produziert das für die Einnistung des Embryos wichtige Gelbkörperhormon. Diese Hormonproduktion wird im natürlichen Zyklus vom LH angeregt, kann aber auch durch die Gabe von hCG verstärkt werden. Meist geschieht dies in der Mitte der zweiten Zyklushälfte.
hCG kann den Schwangerschaftstest verfälschen
Die Halbwertszeit des hCG beträgt ca. 24-36 Stunden. Wird die Gelbkörperphase durch hCG unterstützt, dann kann aufgrund der Tatsache, dass dieses Hormon dem Schwangerschaftshormon praktisch identisch ist, ein zu früh durchgeführter Schwangerschaftstest fälschlicherweise positiv anzeigen. Je nach Dosis sollte man mindestens eine Woche abwarten, bevor ein Test aus dem Urin oder dem Blut durchgeführt wird. Um besser ausrechnen zu können, wann man frühestens einen unverfälschten Test machen kann, gibt es unseren hCG-Abbau-Rechner.
Dosierung
Zu Ovulationsauslösung im natürlichen Zyklus oder für Inseminationen werden meist 5.000 IE (Internationale Einheiten) gegeben, bei einer IVF oder ICSI ist die Gabe von 10.000 IE der Standard2. In beiden Fällen ist eine Ovitrelle mit 6.500 IE ebenfalls ausreichend. Wichtig ist es, das Medikament zu geben, bevor der natürliche LH-Anstieg beginnt.
Ist eine Insemination für den Morgen geplant, dann erfolgt die Gabe meist am Morgen des Vortags oder am späten Abend und die Insemination am nächsten bzw. übernächsten Tag. Da bei einer Vorbereitung für eine Follikelpunktion bei einer Reagenzglasbefruchtung der Eisprung nicht zu früh erfolgen darf, wird die Punktion meist 34 Stunden nach der hCG-Gabe durchgeführt. Dadurch ergeben sich oft Termine spät am Abend für diese Spritze.
Nebenwirkungen
HCG ist das Hormon, welches ein Überstimulationssyndrom letztlich auslöst. Bei sehr starker Reaktion der Eierstöcke auf die hormonelle Stimulation sind viele Follikel vorhanden und durch hCG-Gabe kann dann ein Überstimulationssyndrom auftreten3. Wenn die Zahl der Follikel sehr groß ist und die Hormonwerte (Östradiol) sehr hoch, verzichtet man aus diesem Grunde gelegentlich auf eine medikamentöse Auslösung des Eisprungs und bricht die Therapie zum Schutze der Patientin vorher ab.
Was tun bei drohendem Überstimulationssyndrom?
Freeze all
Während man bei einem drohenden Überstimulationssyndrom früher oft die Behandlung abbrach, gibt nun zwei Alternativen: Bei dem sogenannten „Freeze all“ werden alle Eizellen eingefroren und erst später dann in einem Kryozyklus transferiert.
Decapeptyl oder Triptofem
Bei Frauen, die absehbar ein hohes Risiko für ein Überstimulationssyndrom aufweisen, kann man darüber hinaus – oder anstatt – den Eisprung mit einem alternativen Medikament auslösen. In unserem Kapitel über die Medikamente zur Downregulation finden Sie ausführliche Informationen zu GnRH-Agonisten. Mit GnRH-Agonisten kann man ebenfalls den Eisprung auslösen4.
Denn bevor diese Medikamente die Funktion der Hirnanhangsdrüse unterdrücken („Downregulation“) werden die Hormone der Hypophyse noch einmal ausgeschüttet. Mit diesen Medikamenten (2 Ampullen Decaptyl 0,5 oder 2 Amp. Triptofem) regt man also die Ausschüttung des körpereigenen LH an, welches dann den Eisprung auslöst. Aufgrund der kürzeren Halbwertszeit ist das Risiko für ein Überstimulationssyndrom dann geringer.
Voraussetzung ist jedoch, dass die Hirnanhangsdrüse nicht schon zuvor heruntergeregelt wurde, also eine Downregulation stattgefunden hat.
In einer Studie aus dem Jahre 20195 ist dies sehr schön dargestellt. Sind die LH-Spiegel zum Beginn der Stimulation zu niedrig, dann besteht eine erhöhte Gefahr für eine schlechte Eizellausbeute:
Noch Fragen?
Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über die andere Foren von wunschkinder.de. Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.
Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Literatur
- Pritts, E. A., & Atwood, A. K. (2002). Luteal phase support in infertility treatment: a meta-analysis of the randomized trials. Human Reproduction, 17(9), 2287-2299.
- Crooke, A. C. (1970). Induction of ovulation with gonadotrophins. British medical bulletin, 26(1), 17-21.
- Fiedler, K., & Ezcurra, D. (2012). Predicting and preventing ovarian hyperstimulation syndrome (OHSS): the need for individualized not standardized treatment. Reproductive Biology and Endocrinology, 10(1), 32.
- Humaidan, P., Ejdrup Bredkjær, H., Bungum, L., Bungum, M., Grøndahl, M. L., Westergaard, L., & Yding Andersen, C. (2005). GnRH agonist (buserelin) or hCG for ovulation induction in GnRH antagonist IVF/ICSI cycles: a prospective randomized study. Human Reproduction, 20(5), 1213-1220.
- Popovic-Todorovic, B., Santos-Ribeiro, S., Drakopoulos, P., De Vos, M., Racca, A., Mackens, S., … & Blockeel, C. (2019). Predicting suboptimal oocyte yield following GnRH agonist trigger by measuring serum LH at the start of ovarian stimulation. Human Reproduction.