Wiederholte Fehlgeburten: Heparin hilft nicht
Selbst bei bekannten Gerinnungsstörungen verhindert Heparin keine Fehlgeburten

Bei wiederholten Fehlgeburten (habituellen Aborten) verbessert die Behandlung von Gerinnungsstörungen nicht den Verlauf der Schwangerschaft. Enden Schwangerschaften wiederholt vorzeitig, dann wird oft eine ausführliche Untersuchung der Blutgerinnung durchgeführt und gegebenenfalls behandelt. Meist werden „Thrombosespritzen“, also Heparin verabreicht. Diese Maßnahme scheint jedoch nicht zu helfen.
Wiederholte Fehlgeburten: Wie wichtig ist die Blutgerinnung?
Bei wiederholten Fehlgeburten (und auch bei Einnistungsstörungen im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung) wird oft die Blutgerinnung untersucht. Findet man dort etwas, werden oft blutverdünnende Medikamente (Heparin und ASS 100 (=“Aspirin“)) gegeben. In den Leitlinien zur Behandlung habitueller Aborte wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Behandlung von Blutgerinnungsstörungen („Thrombophilie“) bei wiederholten Fehlgeburten anhand der aktuellen Studienlage nicht sicher hilfreich ist: „Bei Frauen mit WSA soll eine Therapie mit Heparinen zum alleinigen Zweck der Abortprophylaxe nicht durchgeführt werden. Dies gilt auch bei Vorliegen einer hereditären Thrombophilie.“
Natürlich wird bei einem erhöhten zusätzlichen Thromboserisiko aus anderen Gründen (Übergewicht, Thrombose in der Vorgeschichte etc.) in der Schwangerschaft auch an eine Hemmung der Blutgerinnung zu denken sein. Aber selbst bei einer angeborenen Blutgerinnungsstörung ohne zusätzliche Risiken wird es nicht empfohlen, wenn es nur um die Vermeidung weiterer Fehlgeburten geht („zum alleinigen Zweck der Abortprophylaxe“).
Studie in „Lancet“: Heparin verhindert keine Fehlgeburten
Zu diesem Thema wurden kürzlich die Ergebnisse einer Studie (ALIFE2-Studie) in der renommierten Medizinzeitschrift „The Lancet“ publiziert1. Die Forscher untersuchten den Zusammenhang zwischen dem Auftreten von habituellen Aborten und Blutgerinnungsstörungen bei den schwangeren Frauen.
Die Patientinnen in der Studie
In die Studie wurden die Daten von 326 Schwangerschaften erfasst. Die Frauen waren zwischen 18 und 42 Jahren alt, hatten alle eine nachgewiesene erbliche Störung der Blutgerinnung und mindestens 2 wiederholte Fehlgeburten in der Vorgeschichte. Alle versuchten entweder gerade wieder, schwanger zu werden oder befanden sich in der Frühschwangerschaft (≤ 7 Schwangerschaftswoche).
Bei der einen Hälfte (162) der Frauen wurde nur eine normale Schwangerschaftsvorsorge durchgeführt. In der anderen Hälfte (164) begann man eine Behandlung mit Heparin und zwar zum Beginn der 7. Woche der Schwangerschaft oder früher.
Ergebnisse der Studie
Und wie bereits erwähnt, aber hier noch einmal gesondert: Alle Frauen hatten eine nachgewiesene genetisch bedingte Gerinnungsstörung und habituelle Aborte. Und dennoch unterschieden sich die Zahlen mit Heparin nicht von jenen ohne eine solche Behandlung. In der „Heparingruppe“ hatten 116 (72%) der 162 der Frauen eine Lebendgeburt und ohne Heparin 112 (71%) von 158. Ein positiver Einfluss durch das Heparin auf den Verlauf der Schwangerschaften ist nicht zu erkennen. Die gute Nachricht: Auch kein negativer Einfluss…
Nachteile der Studie
Wir haben es hier mit einer Multicenterstudie (viele beteiligte Kliniken) zu tun. Weiter Faktoren, die einen Einfluss auf die Qualität der Daten haben können:
- Eine sehr breite Spreizung der Altersgruppen bis hin zum 42. Lebensjahr, in dem bereits altersbedingt viele Fehlgeburten eintreten können
- Der Beginn der Heparingabe erfolgte uneinheitlich; zum Teil erst in der 7. SSW. Möglicherweise wäre hier ein gleichzeitiger Beginn kurz nach dem positiven Schwangerschaftstest besser gewesen.
- Die Definition der habituellen Aborte entspricht mit „mindestens zwei“ nicht der zum Studienbeginn (2012) gängigen Definition.
Fazit
Noch Fragen?
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.