Spermien aus Stammzellen?
„Werden Männer entbehrlich?“ fragt der Tagesspiegel in einem Bericht zu neuesten Forschungsergebnissen aus China. Einem Forscherteam um Jiahao Sha von der Medizinischen Universität Nanjing scheint es nun gelungen zu sein, Spermien aus Stammzellen zu produzieren, berichtet die Zeitung:
Mit Hilfe eines Molekül-Cocktails verwandelten die Forscher die embryonalen Stammzellen zunächst in Vorläuferzellen für Spermien. In einem zweiten Schritt badeten sie diese Urkeimzellen dann in Testosteron und betteten sie zusätzlich in Hodengewebe von Mäusen ein. Mit dem daraus sprießenden Sperma konnte Shas Team dann Eizellen befruchten und sogar gesunde Mäuse zeugen, schreiben die Forscher im Fachblatt „Cell Stem Cell“.
Nichts Neues?

Bereits 2006 wurden die ersten Ergebnisse im Tierexperiment publiziert. Über Erfolge bei der Herstellung männlicher Gameten aus Stammzellen konnte im Jahr 2011 – ebenfalls bei Mäusen – berichtet werden. Noch einen Schritt weiter gingen japanische Forscher, die Spermien und Eizellen aus adulten Stammzellen (letztlich also aus Hautzellen) produzieren konnten.
Zuletzt berichteten wir Ende letzten Jahres über eine französische Forschergruppe, die ebenfalls die Erzeugung künstlicher Spermien berichtete.
Langer Weg vom Tierexperiment zur Anwendung
Wann und ob überhaupt aus diesen Experimenten eine beim Menschen anwendbare Technik entstehen wird, war bislang bei allen Berichten zu diesem Thema die abschließende und vorläufig unbeantwortbare Frage. Auch, ob es sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten dafür gibt. Mit Hilfe adulter Stammzellen aus Hautbiopsien ließen sich dann Spermien produzieren. Für Männer ohn eigene Spermienproduktion aber auch lesbische Paare eröffneten sich hier theoretisch neue Möglichkeit. Nicht zuletzt aber auch zur Behandlung von Erberkrankungen, da man theoretisch auf dem Weg von der Stammzelle zum Spermium korrigierend in das Erbgut eingreifen könnte ohne gegen das Embryonenschutzgesetz zu verstoßen.
Der lesenswerte Artikel des Tagesspiegel lässt auch ethische Aspekte eines solchen Verfahrens nicht unberücksichtigt.
Link zur Journal-Seite des Artikels
Quan Z, Mei W, Yan Y, Xuepeng W, Rui F, Haifeng W, Mingming X, Mingxi L, Xuejiang G, Ying Z, Guihai F, Qinghua S, Xiao-Yang Z, Jiahao S, Qi Z
Complete Meiosis from Embryonic Stem Cell-Derived Germ Cells In Vitro
Cell Stem Cell 25 February 2016
Foto von Iqbal Osman1
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Mir gefallen solche Fragen wie "Werden Männer entbehrlich?" nicht. Denn der Mann reduziert sich ja nicht auf seine Spermien. Außerdem würden auch dann, wenn diese Technik irgendwann beim Menschen eingesetzt werden würde, die allermeisten Kinder auch weiterhin auf die herkömmliche Art gezeugt werden.
Davon abgesehen aber hättee ich selber diese Technik als Frau mit einem unfruchtbaren Mann erst dann genutzt, wenn sie schon über viele Jahre erfolgreich gewesen wäre. Denn die Angst ist doch immer da, welche Auswirkungen das auf die Kinder haben könnte. – Insofern ist es auch schwierig, das auf den Menschen zu übertragen. Weil irgendwer wird dann ja der Erste sein. …
Dass das ESchG veraltet ist, wissen wir ja schon lange. Mal sehen, ob sich bei realistischer Eröffnung dieser Möglichkeit nun mal im Bundestag etwas rührt.
Die Begründung von Prof. Kentenich verstehe ich allerdings nicht. Wenn das Verfahren sicher wäre, warum sollten dann nicht Frauenpaare gemeinsame Kinder bekommen?
Unter der Voraussetzung, dass es sicher ist (und darauf bezog sich seine Aussage vermutlich) kann man es zumindest nicht als "Unsinn" abtun.
Ich finde es eher bedenklich. Ich war am Wochenende auf einer Konferenz (DGPFG Jahrestagung) mit einem ähnlichen Vortrag zum Thema. Die Meinungen dazu spalten sich. Es sollte sich jeder seine eigene Meinung bilden.
vg