Single Embryo transfer

Eine kürzlich erschienene Studie gibt Hinweise darauf, dass mehr als 10% der Einlinge, die nach einer IVF geboren wurden, in der Frühschwangerschaft zu einer Zwillingsschwangerschaft gehörten, bei denen ein Zwilling früh abstarb. Dies wird als Erklärung dafür angesehen, dass diese kinder überdurchschnittlich häufig zu früh zur Welt kommen.

Im Umkehrschluss hieße dies, dass die Frühgeburtenrate nach einer *ivf* dadurch zu vermeiden ist, indem man nur einen Embryo transferiert: Den Single-Embryo-Transfer. Dazu möchte ich auf einen Artikel verweisen, den ich vor einiger Zeit bereits im Wiki abgelegt habe

Warum nur ein Embryo?
Es ist generell akzeptiert, daß die Vermeidung von Mehrlingsschwangerschaften bei einer IVF- oder ICSI-Behandlung im Vordergrund stehen sollte. Dies sollte durch Erarbeitung eines Standards erfolgen, der die Rückgabe von mehr als 2 Embryonen nur im Ausnahmefall zulässt. Allerdings sind auch die Risiken und Kosten von Zwillingsschwangerschaften ebenfalls nicht zu unterschätzen. Deswegen sollte alle Bemühungen der Reproduktionsmediziner dahin gehen, daß nur ein Embryo zurückgegeben wird.

Wie findet man den richtigen Embryo?
Leider wird diese Vorgehensweise dadurch torpediert, daß durch die Rückgabe von nur einem Embryo die Schwangerschaftsraten deutlich sinken im Vergleich zu 2 oder mehr Embryonen. Das Problem besteht in der Auswahl des “richtigen” Embryos für den Embryotransfer, also desjenigen mit dem größten Potential für eine Einnistung. Um diese Auswahl treffen zu können, sind verschiedene Strategien entwickelt worden. Im Vorkernstadium wird versucht, mit Hilfe des PN-Scorings die besten Embryonen herauszusuchen. Es scheint dabei möglich zu sein, sogar Aussagen über die genetische Intaktheit des Embryos zu machen, wenn man dabei standardisierte Beurteilungskriterien anlegt. Dabei kann eine gute Korrellation zu den Ergebnissen der Präimplantationsdiagnostik erreicht werden und auch eine verbesserte Einschätzung der Einnistungschancen.

Ähnliche Möglichkeiten bestehen bei der Beurteilung der Embryonenmorphologie am 2. oder 3. Tag nach der Punktion. Die Einschätzung des Einnistungspotentials ist zu diesem Zeitpunkt besser möglich als im Vorkernstadium. Da in Deutschland die Embryonen nicht alle über das Vorkernstadium hinaus kultiviert werden dürfen, stellt ist eine Selektion zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Weitere Infos hier.

Die Blastozystenkultur, also die Kultivierung bis zum Blastozystenstadium und die Selektion der besten Embryonen zu diesem Zeitpunkt wurde von einigen Autoren ebenfalls als erfolgversprechendes Vorgehen zur Selektion des “richtigen” Embryos beschrieben. Es gibt jedoch noch keine Studie, welche die Überlegenheit des Blastozystentransfers gegenüber einem Transfer zu einem früheren Zeitpunkt nachweisen konnte.

Wie sind die Erfolge?
Vor allem skandinavische und belgische Arbeitsgruppen gaben Schwangerschaftsraten von 35% für fortbestehende Schwangerschaften für einen SET an. Sehr wichtig ist dabei auch die richtige Auswahl der Patientinnen, also der Gruppe, die ein erhöhtes Risiko für Zwillingsschwangerschaften besitzt und gute Chancen bei einer Rückgabe von nur einem Embryo.

Dazu gehören junge Patientinnen <34 Jahre in ihrem 1. oder ersten beiden IVF- oder *icsi*versuchen. Diese Gruppe ist von 80% aller Zwillingsschwangerschaften betroffen und daher die Zielgruppe für die Rückgabe eines Topembryos in welchem Entwicklungsstadium auch immer. Neben dieser gegenwärtig bekannten Zielgruppe für einen SET wäre durch weitere Studien herauszufinden, ob auch andere Charakteristika von Bedeutung sind, um die Gruppe derer, die mit einem Single-Embryo-Transfer optimal zu behandeln sind, entsprechend zu erweitern. SET in Deutschland
Das Embryonenschutzgesetz erlaubt nur die Rückgabe von max. drei Embryonen. Dies reduziert die Zahl der Mehrlinge nicht unerheblich z. B. im Vergleich zu den USA, wo eine solche Limitierung nicht besteht und Mehrlingsraten von 40% angegeben werden.

Wer nun meint, daß das Embryonenschutzgesetz eine optimale Regelung darstellt für die Vermeidung von Mehrlingsschwangerschaften liegt jedoch völlig falsch. In Deutschland dürfen nicht nur drei Embryonen zurückgegeben werden und diese Regelung ist nur zu begrüßen, sondern es dürfen auch nur so viele Embryonen über das Vorkernstadium hinaus kultiviert werden wie letzlich transferiert werden sollen.

Ist also ein Single-Embryo-Transfer geplant, dann darf auch nur ein Embryo weiter in Kultur gehalten werden. Zumindest ist dies die Interpretation der zuständigen Institutionen. Der Rest muß im Vorkernstadium eingeforen oder verworfen werden. Weiter oben wurde zwar darauf hingewiesen, daß auch am ersten Tag nach der Punktion durch präzises PN-Scoring die Einnistungsfähigkeit der Embryonen gut eingeschätzt werden kann und sicherlich kann man den deutschen Embryologen diese Fähigkeit in hohem Maße zubilligen, aber es bleibt darauf hinzuweisen, daß die Auswahl des optimalen Embryos in späteren Entwicklungsstadien besser möglich ist.

Die gesetzliche Verhinderung der Auswahl der geeigneten Embryonen zum optimalen Zeitpunkt stellt also die eigentliche Intention des Gesetzes völlig in Frage. Aufgrund des Gesetzes wird der SET in Deutschland sehr viel seltener durchgeführt, da die Chancen auf eine Schwangerschaft vor diesem Hintergrund limitiert bleiben.
Die Folge ist eine eine höhere Mehrlingsrate als in anderen europäischen Ländern und wird es bleiben, bis das Embryonenschutzgesetz eine längst fällige Veränderung erfährt.

Links

Stellungnahme von Prof Kress, Bonn für die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe

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Literatur

Gerris J, Van Royen E. Avoiding multiple pregnancies in ART: a plea for single embryo transfer.
Hum Reprod. 2000 Sep;15(9):1884–8.

Gianaroli L, Magli MC, Ferraretti AP, Fortini D, Grieco N. Pronuclear morphology and chromosomal abnormalities as scoring criteria for embryo selection. Fertil Steril. 2003 Aug;80(2):341–9.

Gardner DK, Surrey E, Minjarez D, Leitz A, Stevens J, Schoolcraft WB. Single blastocyst transfer: a prospective randomized trial.Fertil Steril. 2004 Mar;81(3):551–5.

Martikainen H, Orava M, Lakkakorpi J, Tuomivaara L. Hum Reprod. 2004 Jun;19(6):1364–6. Epub 2004 Apr 22. Day 2 elective single embryo transfer in clinical practice: better outcome in ICSI cycles.

Gerris J, De Sutter P, De Neubourg D, Van Royen E, Vander Elst J, Mangelschots K, Vercruyssen M, Kok P, Elseviers M, Annemans L, Pauwels P, Dhont M. Hum Reprod. 2004 Apr;19(4):917–23. Epub 2004 Feb 27. A real-life prospective health economic study of elective single embryo transfer versus two-embryo transfer in first IVF/ICSI cycles.

De Neubourg D, Gerris J. Reprod Biomed Online. 2003 Dec;7(6):615–22. Single embryo transfer – state of the art.

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.

 

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Kommentar

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8 Kommentare
  1. Rebella schreibt

    Die DGGG hat hierfür ja auch schon einen Gesetzesvorschlag formuliert. Allerdings wird es einer ChristlichDU geführten Regierung noch schwerer durchsetzbar sein.

    Da eine schnelle Lösung notwendig ist und mit der Verabschiedung eines Fortpflanzungsmedizingesetzes frühestens am Ende der nächsten Wahlperiode zu rechnen wäre, wurde eine Dringlichkeitsänderung des Embryonenschutzgesetzes, noch für dieses Jahr, vorgeschlagen. Geändert werden sollten der §1 Abs. 1 Nr. 3 und 5 so:

    „3. es unternimmt, innerhalb eines Zyklusses mehr als zwei Embryonen auf eine Frau zu übertragen,“
    und
    „5. es unternimmt, mehr Eizellen einer Frau zu befruchten als zum Zweck einer erfolgreichen Behandlung unter Vermeidung von Mehrlingsschwangerschaften nach dem Stand der Wissenschaft erforderlich ist.“

  2. […] der künstlichen Befruchtung die Rückgabe von nur einem Embryo, also der sogenannte “Single-Embryo-Transfer” (SET). Selbst unter sehr strengen Auswahl-Kriterien für die Embryonen und dem […]

  3. fassi schreibt

    @ Rebella, es liegt ganz sicher nicht nur an einer Partei wie der CDU sondern ganz besonders auch bei den Grünen, welche dieses Thema unter Biotechnologie/ Reproduktionstechnologie subsumieren und unfruchtbare Paare mit Kiwu tabuisiert sondern allenfalls die Erwähnung von Nutzerinnen und Rohstofflieferantinnen für bioethisch-demokratisch zulässig hält.

    Die Grünen haben als einzige Partei im Bundestag ein völliges Verbot der Künstlichen Befruchtung in einem Entschließungsantrag gefordert !

    Bei den Grünen gilt diese hochkritische Ablehnung noch heute und die fruchtbare Zusammenarbeit feministischer Lebensschützerinnen mit ihren speziellen Koalitionen zu wertkonservativen Kreisen ist völlig klar und eindeutig und hat die Zementierung der Situation ermöglicht und auch auf europäischer Ebene weiter versucht.

    Bei der FDP/SPD und selbst der CDU ist die Situation nicht so eindeutig.

    Ein Grund für das " Totmann-Spielchen" ist, dass man keinen Ärger mit dem §218 anfangen will, der immer bei der Thematik vorgeburtliches Leben neu droht.
    Aber irgendwann ist es nur noch absurd, wenn die Politik da "oben" vom realen Leben da "unten" oder den europäischen Nachbarländern..derart abweicht.

    Aufschlussreich dazu finde ich Ulrike Baureithels Artikel, der wie ich schon früher..diese "erstaunlichen ..schillernden" politischen Zweckbündnisse beschreibt.

    http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/GID_Festschrift.HTML#Anker151461

  4. Andra n.e schreibt

    Tja, KB ist leider ein Glücksspiel und auch noch ein teures.
    Neimand kann wissen ob und wie viele Embryos sich einnisten werden.
    Es ist m.E ein großes Risiko sich nur auf ein Embryo zu basieren.
    Theoretisch muß ein Embryo zu einem Kind führen. Praktisch ist es aber nicht so, mit der ganzen Technik ist ein KiwuArzt/Biologe auch nicht Gott.
    Und ja, man kann Kryos machen.
    Für mich ist das Problem eher: warum so viele Hormone zu geben und damit so viele Eizellen (sogar ÜS) zu zielen. Würde ja nur ein Embryo teoretisch reichen für ein Kind. Warum daann überhaupt Stimu zu machen?
    Wer (als Arzt und als Patient) geht gerne den Risiko ein eher nur ein Embryo ein zu pflanzen und dann immer und immer Geld zu bezahlen für eine neue Behandlung?
    Wer garantiert 100% dass aus einem engepflanzten Embryo ein Kind rauskommt? Niemand.

  5. Andra n.e schreibt

    Ja, wenn eine Behandlung frei wäre, oder nur ein paar Euro kosten würde, würde jeder keine Stimu mehr machen und sich ständig nur ein Embryo holen bis es klappt. Würde ja ideal sein.
    Aber bei 3000 Euro ein Versuch?Nö.

  6. fassi schreibt

    @ Andra, es geht ja leider nicht nur um einen Embryo( oder etwa nur eine Eizelle) sondern ganz besonders um den einen RICHTIGEN , der gute Chancen hat, siehe oben…

    hier noch ein link zum Thema SET vs Mehrlings-SS:
    " Auf bis zu vierzig Prozent ließen sich die Erfolgschancen durch den Einzelembryonentransfer steigern, so Diedrich.(..)
    Dass durch die Verringerung der Mehrlingsquote auf wenige Prozentpunkte gesparte Geld fließt direkt in die Finanzierung der reproduktionsmedizinischen Verfahren. Bis zu sechs Zyklen pro Paar werden übernommen."

    http://newsletter.doccheck.com/generator/660/3350/xhtml?PHPSESSID=456fa8b3c1228e300d57c05f469928c5

  7. Suse schreibt

    ja, ist halt ein prima Beispiel für "gut gedacht, aber nicht durchdacht – und letztlich schlecht gemacht".

    Freiwillig wird sich ds System aber nicht reformieren, fürchte ich, schon gar nicht von selbst.

    in meiner Familie wird ja immer gespottet, zum Politiker taugt nur, wer vom Thema gar nix versteht. Wissen macht für diesen Job unbrauchbar…. ist, ich wiederhole mich, ich weiß, kulturell…

  8. Immigration Lawyers Hackney schreibt

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