

Stress und Kinderwunsch: Fruchtbarkeit in Zeiten von Katastrophen
Was wir aus Fukushima lernen können
Der Einfluss von Psyche und Stress auf die Fruchtbarkeit haben wir ausführlich in unserem Theorie-Teil zusammengefasst. Ganz offenbar ist der Eindruck, Stress und Kinderwunsch seien unvereinbar, wissenschaftlich nicht belegbar. Gilt das auch für Zeiten mit sehr hoher Stressbelastung?
Was ist eigentlich richtiger Stress?
Was „echter“ Stress ist und was nur eine vorübergehende körperliche oder psychische Belastung oberhalb der Norm, lässt sich schlecht trennen und wird auch individuell unterschiedlich wahrgenommen. Extremen körperlichen Stress (Magersucht, Extremsport, chronische Erkrankungen) „honoriert“ der Körper durchaus auch mit einer Störung der hormonellen Steuerung durch die Hirnanhangsdrüse. Die Folge: der Eisprung bleibt aus.
Bei psychischen Belastungen scheinen diese Auswirkungen jedoch zu vernachlässigen zu sein. Der Einfluss der Psyche ist geringer, als es oft angenommen und auf zahllosen Internetseiten berichtet wird. Was geschieht jedoch mit der Fruchtbarkeit in extremen Belastungssituationen?
Stress und Kinderwunsch: Die Erfahrung von Fukushima
Könnte es einen Stressfaktor geben, der noch ausgeprägter ist als das Hochgehen eines Atomkraftwerks in der unmittelbaren Umgebung seines Wohnorts? Vermutlich gibt es wenig, was diese Erfahrung toppen könnte. Also ein ziemlich gutes Beispiel für Stress und Kinderwunsch. Wie waren also die Schwangerschaftsraten in der Präfektur Fukushima unmittelbar vor und nach dem Tsunami und der Kernschmelze im Atomkraftwerk?
Negative Auswirkung nur kurzfristig
Japanische Wissenschaftler untersuchten nach der Katastrophe natürlich ausführlich deren Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen und auch deren Fruchtbarkeit1. Die Schwangerschaftsraten im Rahmen einer in Vitro Fertilisation (IVF) war zunächst schlechter. Ein vorübergehender Einfluss war also feststellbar. Dies hielt jedoch nur für zwei Monate an. Im Anschluss waren die Erfolgsraten ähnlich hoch, wie zuvor.
Extremer Stress kann also die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, so die Schlussfolgerung der Autoren der Untersuchung, jedoch ist dies nicht von Dauer. Der Mensch gewöhnt sich schnell an jede Belastung. Man kann also zusammenfassend sagen, dass selbst bei extremen Belastungen eine Beziehung zwischen Stress und Kinderwunsch nur vorübergehender Natur sein wird.
Noch Fragen?
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Literatur
- Hayashi M, Fujimori K, Yasumura S, Nakai A; Pregnancy and Birth Survey Group of the Fukushima Health Management Survey
Impact of the Great East Japan Earthquake and Fukushima Nuclear Power Plant Accident on Assisted Reproductive Technology in Fukushima Prefecture: The Fukushima Health Management Survey.
J Clin Med Res. 2017 Sep;9(9):776-781. doi: 10.14740/jocmr3105w. Epub 2017 Jul 27.