Präimplantationsdiagnostik hilft nicht bei schönen Embryonen

PID hat keinen Zusatznutzen gegenüber der Beurteilung der Embryonen nach dem Aussehen

In vielen Ländern ist die Untersuchung der Chromosomen eines Embryos erlaubt, um solche mit zu vielen oder zu wenigen Chromosomen auszuschließen (=Aneupoidiescreening). Hat es Vorteile gegenüber der Beurteilung der Embryonen durch Inaugenscheinnahme?

Die Auswahl des „richtigen Embryos“ ist das Ziel der Biologen in einem IVF-Labor. Üblicherweise wird die Fähigkeit, sich später einzunisten und zu einer Schwangerschaft zu führen durch die Beurteilung des Aussehens (Morphologie) erkannt. Zumindest gibt es statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen Morphologie eines Embryos und der Schwangerschaftsrate. Wie die Embryonen beurteilt werden, haben wir hier für die Tag 2-3 Embryonen und hier für die Blastozysten ausführlich erläutert.

Welchen Zusatznutzen hat die PID, wenn die Morphologie optimal ist?

Die sehr aufwendige Untersuchung der Embryonen im Hinblick auf ihre Chromosomen sol bewirken, dass man nur genetisch intakte Embryonen einpflanzt. Und man hofft, dieses Screening führe zu besseren Schwangerschaftsraten, weil ja nur „gesunde“ Embryonen transferiert werden. Es bestehen berechtigte Zweifel an dieser einfachen Sichtweise, denn so eindeutig wie in der Theorie hat die PID ihre Vorteile nie unter Beweis stellen können. Um wieviel sind die Erfolgsraten niedriger, wenn ich mich nur am Aussehen der Embryonen orientiere?

Gar nicht, so das Ergebnis einer Studie aus der Türkei1. Zumindest nicht bei jungen Frauen ≤ 35 Jahren. Jeweils etwas mehr als 100 Patientinnen, die sich eine künstlichen Befruchtung unterziehen mussten, erhielten einen Single Embryo Transfer. Dabei wurde in der einen Gruppe (in einem Freeze all Zyklus) der einen Embryo nur nach der Morphologie für den Transfer ausgewählt und in der anderen Gruppe der mit der besten Morphologie UND einem unauffälligen Ergebnis der Präimplantationsdiagnostik.

Kein Vorteil der PID bei „schönen“ Embryonen

Die Lebendgeburtenrate war in beiden Gruppen annähernd identisch: 56,3% vs 58,6%. Die Autoren ziehen aus diesem Ergebnis den Schluss, dass die PID beim Vorhandensein morphologisch guter Embryonen keinen zusätzlichen Nutzen bringt, zumindest in der Gruppe der jüngeren Frauen ≤ 35.

Das bedeutet nicht, dass dies so bleiben muss, denn die Techniken der PID schreiten fort und möglicherweise kann man bald größerer Vorteil aus der Anwendung der Technik ziehen. Aktuell ist der Aufwand jedoch nicht zu rechtfertigen, wenn es r darum geht, die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit zu erhöhen.

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

Literatur

  1. Ozgur K, Berkkanoglu M, Bulut H, Yoruk GDA, Candurmaz NN, Coetzee K
    Single best euploid versus single best unknown-ploidy blastocyst frozen embryo transfers: a randomized controlled trial.
    J Assist Reprod Genet. 2019 Jan 7. doi: 10.1007/s10815-018-01399-1
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