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IVF: Bessere Erfolgsraten mit Präimplantationsdiagnostik?

Untersuchung des Erbguts der Embryonen bei einer IVF: Verbessert das die Schwangerschaftsraten?

Bleibt bei einer künstlichen Befruchtung die Schwangerschaft aus, wird dies oft mit dem Erbgut der Embryonen begründet. Sind die Erfolgsraten dann höher, wenn man die Chromosomen der Embryonen untersucht (PID)?

Bei der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID) wird das Erbgut der Embryonen im Rahmen einer IVF oder ICSI untersucht. Man kann hierbei entweder nur die Chromosomen zählen (Aneuploidiescreening) oder gezielt nach bestimmten Erberkrankungen suchen. In beiden Fällen sortiert man die betroffenen Embryonen aus. Betroffen heißt: Entweder ist der Embryo von der gesuchten Erberkrankung betroffen oder hat (beim Aneuploidiescreening) zu viele oder zu wenig Chromosomen.

Stand der Dinge zur PID

Bislang gab es schon zahlreiche Studien, in denen untersucht wurde, ob die Präimplantationsdiagnostik die Chancen bei einer künstlichen Befruchtung verbessern kann. Eine Übersicht in der Cochrane Datenbank zeigte keine wesentliche Verbesserung der Erfolgsraten durch die PID1 Die Ergebnisse der Studien waren aufgrund der niedrigen Zahl an untersuchten Behandlungen nur von geringer Aussagekraft. Dennoch wird die PID in vielen Ländern als Routinemaßnahme angewandt, um die Schwangerschaftsrate zu erhöhen und die Zahl an Fehlgeburten zu verringern. Zu Recht?

Eine neue Studie macht Hoffnung auf aussagekräftigere Ergebnisse, alleine aufgrund der hohen Zahl an Behandlungen, die in die Studie aufgenommen werden konnten.

Aktuelle Studie: Nach PID nicht mehr Kinder geboren

Eine kontrollierte Studie mit großer Fallzahl wurde nun im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht2. Dabei wurden die Daten von 1.212 Frauen zwischen 20 und 37 Jahren erfasst, die sich einer ICSI unterzogen. Alle hatten mindestens 3 Embryonen guter Qualität zur Verfügung.

Man untersuchte, wie viele Frauen nach einer Eizellentnahme ein Kind bekamen mit bis zu 3 Embryotransfers mit und ohne Präimplantationsdiagnostik (Aneuploidiescreening).

Ziel einer Kinderwunschbehandlung ist ja immer die Geburt eines Kindes. Und diesbezüglich waren die Ergebnisse wenig erfreulich: 468 Frauen (77,2%) bekamen ein Kind nach bis zu drei Embryotransfers in der PID-Gruppe und 496 Frauen (81,8%) in der Gruppe der Frauen, deren Embryonen nicht getestet wurden.

Allerdings war die Zahl an Fehlgeburten tatsächlich geringfügig vermindert: 8,7 gegenüber 12,6 Prozent der Schwangerschaften endeten vorzeitig. Statistisch  signifikant war diese Differenz jedoch nicht.

Vermutlich wird die PID weiterhin in vielen Kliniken als Routinemaßnahme zur Verbesserung der Erfolgsraten angewendet werden. Einen Beleg für die damit verbundene Hoffnung auf mehr Schwangerschaften und Geburten gibt es jedoch weiterhin nicht.

Im Theorie-Teil dieser Seite gibt es nun (basierend auch auf den hier genannten Studien) eine noch etwas ausführlichere  Erläuterung der PID. Hier finden Sie auch die Risiken der Präimplantationsdiagnostik, die sich vor allem aus einer fehlerhaften Diagnose ergeben können.

 

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

Literatur

  1. Cornelisse, S., Zagers, M., Kostova, E., Fleischer, K., Wely, M., & Mastenbroek, S. (2020). Preimplantation genetic testing for aneuploidies (abnormal number of chromosomes) in in vitro fertilisation. Cochrane Database of Systematic Reviews, (9).
  2. YAN, Junhao, et al. Live Birth with or without preimplantation genetic testing for aneuploidy. New England Journal of Medicine, 2021, 385. Jg., Nr. 22, S. 2047-2058.
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