Pestizide: Warum Obst nicht immer gut für die Spermien ist

Bei eingeschränkter Spermienqualität gibt es leider oft keine Möglichkeit der gezielten Therapie, so dass oft nur wohlfeile Ratschläge gegeben werden, wie der Rat, sich gesund zu ernähren. Den in Obst und Gemüse enthaltenen Antioxidantien wird z. B. die Fähigkeit zur Verbesserung der Spermienqualität nachgesagt.

Also viel Obst und Gemüse zu sich nehmen, ist die Devise. Uneingeschränkt gilt dies jedoch nicht, wie die Ergebnisse der ersten Studie zeigen, die den Zusammenhang zwischen der Ernährung mit Obst und Gemüse und den darin enthaltenden Pestizidrückständen und der Qualität der Spermien untersuchte. Pestizide beeinträchtigen offenbar die Zahl der Spermien und den Anteil normal geformter Samenfäden.

Die Studie wurde gestern in Human Reproduction online gestellt, wie in einer Presseerklärung mitgeteilt wurde.

Erste Ernährungsstudie mit Fokus auf Pestiziden und Spermienqualität

Diese Warnung gilt nicht nur den Spermien Foto von CGP Grey
Diese Warnung gilt nicht nur den Spermien

Foto von CGP Grey
Für medizinische Forscher ist es immer ungemein wichtig, etwas als erste untersucht zu haben un es wird dann auch sehr ausführlich betont:“Unseres Wissens ist dies der erste Bericht, der die Aufnahme von Pestizidrückständen mit Obst und Gemüse mit der reproduktiven Gesundheit der Menschen verknüpft“, sagte Jorge Chavarro, Assistant Professor für Ernährung und Epidemiologie und Autor der Studie.

Mehrere Studien zeigten bereits, dass der Konsum von konventionell angebautem Obst und Gemüse zu messbaren Pestizidwerte im Urin führen kann. Andere Studien haben Zusammenhänge zwischen Exposition gegenüber Pestiziden bei Arbeit und Umwelt und der Samenqualität aufzeigen können. Aber noch keine Studie hat die Aufnahme von Pestiziden in Lebensmitteln und ihre Auswirkungen auf die Samenqualität untersucht, so die Autoren. So, hätten wir das also geklärt.

Die Forscher verwendeten Daten von 155 Männern aus der aktuell noch laufenden Environment and Reproductive Health (EARTH) Studie. Die Daten enthalten 338 Samenproben aus den Jahren 2007- 2012 und mit validierten Befragungen erhobene Informationen über die Ernährung der Teilnehmer.

Wie wurde die Pestizidbelastung festgestellt?

Nun ja, wie es Epidemiologen halt gerne mal machen: Sehr indirekt. Es wurden keine Spiegel aus Blut oder Urin wie in anderen Studien bestimmt, sondern aus der Art des verzehrten Obstes wurde die Pestizidbelastung hochgerechnet basierend auf den Daten des „U.S. Department of Agriculture Pesticide Data Program“.

Demzufolge wurden die Nahrungsmittel als hochbelastet klassifiziert (wie Paprika, Spinat, Erdbeeren, Äpfel und Birnen) oder niedrig belastet (wie Erbsen, Bohnen, Grapefruit und Zwiebeln). Dann wurden noch der Body Mass Index und der Nikotinkonsum in die Berechnugen einbezogen und mit der Spermienqualität der Männer korreliert.

Obst verbessert die Spermienqualität nicht

Insgesamt war die Spermienqualität von der Menge des verzehrten Obstes (unabhängig von der Perstizidmenge) unabhängig. Mit anderen Worten: Viel Obst und Gemüse mag gesund sein, verbessert aber die Spermienqualität nicht. Zumindest nicht in der erhobenen Stichprobe. Es ging hier um Männer von Kinderwunsch-Paaren, was natürlich eine Negativauslese hinsichtlich der männlichen Fruchtbarkeit darstellt.

Das stimmt allerdings nicht so ganz, wenn man sich die Untergruppen anschaut. Bei den Männern, die pestizidarmes/freies Obst und Gemüse zu sich nahmen waren die Spermien um so besser, je mehr Obst sie aßen.

In der Untergruppe, die eine pestizidhaltige Ernährung bevorzugte, war es genau umgekehrt: Wenig Obst und Gemüse war besser für die Spermiengesundheit.

Einfach zusammenzufassen

Wer darauf achtet, Obst und Gemüse ohne Pestizide zu sich zu nehmen, der profitiert davon und sollte reichlich davon essen. Ist die Nahrung pestizidbelastet, sollte man lieber der Fruchtbarkeit zuliebe, die Finger davon lassen. Wenn das mal keine eingängige – und irgendwie auch vorhersehbare – Gesamtaussage ist, dann weiß ich es auch nicht.

Fruit and vegetable intake and their pesticide residues in relation to semen quality among men from a fertility clinic”, by Y.H. Chiu et al. Human Reproduction journal. doi:10.1093/humrep/dev064 Foto von CGP Grey

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

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2 Kommentare
  1. […] Obst ist zwar aufgrund der darin enthaltenen Vitamine immer empfehlenswert, jedoch sollte es unbelastet von Pestiziden sein. Das gleiche gilt auch für viele Fruchtbarkeitstees aus unkontrolliertem […]

  2. […] Obst ist zwar aufgrund der darin enthaltenen Vitamine immer empfehlenswert, jedoch sollte es unbelastet von Pestiziden sein. Das gleiche gilt auch für viele Fruchtbarkeitstees aus unkontrolliertem […]