Testosteron-Vorbehandlung bei low respondern. Ein Update.

Immer mal wieder wurden Studien publiziert, die bei Frauen mit eingeschränkter Aktivität der Eierstöcke einen positiven Effekt beschrieben, wenn man vor einer IVF oder ICSI-Therapie Testosteron verabreichte. Die Wirkmechanismen, die dem zugrunde liegen sollen, sind nicht geklärt, man nimmt jedoch an, dass die Zahl der FSH-Rezeptoren am Eierstock zunimmt, einfach gesagt also die Empfindlichkeit der Ovarien gegenüber dem Follikelstimulierenden Hormon (FSH). Nebenbei bemerkt wäre es unter dieser Annahme auch ähnlich sinnvoll, wenn man hochdosiert Östrogene (Östradiol) verabreichte, um diesen Effekt zu erzielen. Wer dazu etwas lesen möchte, sei auf eine Übersichtsarbeit verwiesen, die weiter unten auch im Original verlinkt ist [1].

Wir wollen uns jetzt aber auf die Wirkung des Testosterons konzentrieren. Zuletzt 2010 hatten wir hier eine kleine Übersicht über den aktuellen Stand der Dinge mit Artikeln, die auch in der aktuellen Übersichtsarbeit wieder auftauchen. Chinesische Kollegen haben sich die Mühe gemacht, die Artikel zum Thema herauszusuchen, die den strengen Kriterien der Cochrane Database genügen, also eine gewisse statistische Aussagekraft aufgrund der zugrundeliegenden Standards zulassen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind recht erfreulich [2].

Um schwanger zu werden, reicht eine Eizelle, aber die Chancen steigen bei mehreren
Um schwanger zu werden, reicht eine Eizelle, aber die Chancen steigen bei mehreren

Lebendgeburtenrate verdoppelt sich

Bevor einem jetzt angesichts dieser Zwischenüberschrift das Herz vor Freude hüpft, muss man sagen, dass es leider nur wenige brauchbare Studien zu diesem Thema gibt und die Schwangerschaftsraten bei low respondern oft sehr niedrig sind. Lediglich drei genügten den Standardkriterien einer aussagekräftigen randomisierten und kontrollierten Studie und in diesen wurden 221 Patientinnen behandelt. Das ist natürlich nicht sehr viel und vor diesem Hintergrund muss man diese Zahlen dann auch bewerten.

Die Behandlung erfolgte „transdermal“, also mit testosteronhaltigem Gel oder Pflastern, die auf die Haut aufgetragen werden. Eine Gruppe erhielt den Wirkstoff, eine Kontrollgruppe Placebo. Bei den Frauen, die Testosteron erhielten, war die Zahl der Lebendgeburten doppelt so hoch wie bei jenen mit einem Placebo. Also statt nur 10% waren es mit Testosteron 20%, die Schwangerschaftsraten betrugen 11% bzw.24%.

Dem liegt zugrunde, dass die Zahl der Eizellen, die gewonnen werden konnten, ca. 30% höher war, wobei wir hier natürlich dann nur von im Schnitt 4-5 statt 3-4 Eizellen sprechen.

Auch wenn dies zunächst sehr erfreulich klingt: Die Steigerungen von Geburtenrate und Eizellzahl gehen von einem niedrigen Niveau aus und sind daher in absoluten Zahlen doch leider sehr überschaubar. Ebenso die Zahl der in diese Metanalyse eingeflossene Anzahl von Patienten. Die Autoren dieser Übersichtsarbeit wünschen sich daher zu recht weitere Studien dieser Art, um die Aussage abzusichern.

Nebenwirkungen?

Wenn man Frauen Testosteron gibt, stellt sich die Frage nach den Nebenwirkungen. In allen drei Studien kam es nicht zu Nebenwirkungen. Beruhigend, aber auch hier hätte man gerne größere Fallzahlen, um diese Aussage zu bestätigen.


[1] Reynolds KA, Omurtag KR, Jimenez PT, Rhee JS, Tuuli MG, Jungheim ES
Cycle cancellation and pregnancy after luteal estradiol priming in women defined as poor responders: a systematic review and meta-analysis.
Hum Reprod. 2013 Nov;28(11):2981-9.
Link zum Original-Artikel

[2] Luo S, Li S, Li X, Qin L, Jin S
Effect of pretreatment with transdermal testosterone on poor ovarian responders undergoing IVF/ICSI: A meta-analysis.
Exp Ther Med. 2014 Jul;8(1):187-194. Epub 2014 Apr 14.
Link zum Original-Artikel

Foto von Tahe Fertilidad

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

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Kommentar

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4 Kommentare
  1. Wickie schreibt

    Also, ich hatte neben dem Erfolg der Behandlung auch ziemliche Nebenwirkungen vom Pflaster in Form von starker Behaarung die nach früheren erfolgreichen Behandlungen weg war und nun auf einmal wieder kam. Ob’s an dem Pflaster lag ?

  2. Wickie schreibt

    Auf jeden Fall finde ich es gut, dass das Thema aufgegriffen wird! Ansonsten sind die Informationen dazu ja eher dürftig

  3. Elisha schreibt

    Macht eine Testosteronbehandlung im Vorzyklus auch dann Sinn, wenn im Blut ein leicht erhöhter Testosteronspiegel nachgewiesen wurde ? Oder setzt die Wirkung des von außen zugeführten Testosterons an einer ganz anderen Schiene an?

  4. […] Testosteron kann die Zahl gewonnener Eizellen erhöhen helfen […]