Landessozialgericht: Keine Kostenübernahme bei über 40-Jährigen
Wenn die Frau älter als 40 oder der Mann älter als 50 ist, dann besteht kein Anspruch auf die Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung durch die Krankenkassen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes entsteht dadurch nicht.
Die seit dem 1.1.2004 geltenden Richtlinien legen für eine Kostenübernahme durch die gesetzlich Krankenkassen die eingangs erwähnten Alterbeschränkungen fest. Danach bestehen keine Ansprüche mehr gegenüber der Kasse entschied das Hessische Landessozialgericht in einem am letzten Mittwoch in Darmstadt veröffentlichten Urteil (AZ L 8 KR 87/05) und bestätigte damit die 2004 eingeführte Regelung. Sie verstoße weder gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen den staatlichen Schutz der Familie. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Das Gericht wies die Klage eines Ehepaars gegen dessen Krankenkasse zurück. Nach einer erfolglosen künstlichen Befruchtung hatte die Kasse einen zweiten Antrag auf Kostenübernahme aufgrund des Alters abgelehnt.
Der Gleichheitsgrundsatz ist nicht verletzt
Zum Zeitpunkt des Antrags hatte die Ehefrau ihr 40. Lebensjahr gerade vollendet. Das Ehepaar sah in der Altersgrenze Verstöße gegen das Grundgesetz, in dem der Gleichheitsgrundsatz und der staatliche Schutz von Ehe und Familie verankert sind.
Die Darmstädter Richter urteilten jedoch, dass Altersgrenzen für staatliche Leistungen kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sind. Aus der Verpflichtung des Staates zum Schutz von Ehe und Familie könne nicht abgeleitet werden, dass der Staat die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen müsse, um „außerhalb des natürlichen Zeugungsvorgangs Kinder bekommen zu können“. Die allgemeine Pflicht des Staates zur Förderung der Familie lasse dem Gesetzgeber große Gestaltungsfreiheit. Über Umfang und Art der Förderung könne er eigenständig entscheiden.
Privat Versicherte haben keine feste Altersgrenze
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Urteil zu privaten Versicherungen, die (sinnvollerweise) nicht strikt das Alter, sondern die Erfolgswahrscheinlichkeit als Grundlage nehmen müssen. Als Grenze wurde in einem Urteil des Landgerichts München eine Erfolgswahrscheinlichkeit (Schwangerschaftsrate) von 15% angesehen (mehr dazu hier)
Andere Länder, andere Überlegungen
„Der Standard“ aus Österreich berichtet: „Im Herbst 2005 wurde ein eigener Ministerposten in der japanischen Regierung geschaffen, um Maßnahmenpakete für mehr Babys und mehr Frauen am Arbeitsplatz umzusetzen. Laut Ministerin Kuniko Inogouchi soll es vor allem mit Direktzahlungen pro Kind – also Familienbeihilfe – gelingen, Frauen mit Babys im Arbeitsprozess zu halten.
Zudem will sie „die freie Geburt für jede Familie“. Bisher gab es pro Kind einen Zuschuss von 300.000 Yen (2000 Euro) zu einer Geburt. Den Rest mussten die Familien selbst tragen. Künftig sollen fünf Jahre lang auch Kosten für künstliche Befruchtung vom Staat übernommen werden – solange nur ein Kind geboren wird.“
Japan hat ähnliche demographische Probleme wie Deutschland , aber offenbar innovativere Ansätze zur Einbindung der Reproduktionsmedizin, um diese Situation zu verbessern.
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
… es ist doch von Richterseite völlig absurd in diesem Zusammenhang auf die Nicht-Natürlichkeit hinzuweisen, denn im Allgemeinen ist eine medizinische Behandlung, Therapie, Maßnahme kein natürlicher Vorgang und mir ist auch kein Gesetz bekannt das "unnatürliche" Therapien verböte.
Trotz bestehender Definitionen u. Urteile erkennt das hessische Sozialgericht hier demnach noch keine zugrundeliegende Krankheit an, deren drastische Folge ( = Kinderlosigkeit) durch die künstl. Befr. überwunden werden kann, sondern allenfalls eine Kinder"Er"Zeugungssubvention, welche der Staat nach Gutdünken frei gestalten kann.
Wenn die geschlechtsbedingten unterschiedlichen Altersgrenzen medizinisch nicht mehr plausibel sind, sollten sie verändert werden, denn sonst läge tatsächlich kein Grund für eine Ungleichbehandlung vor.
LG Fassi
P.S.: Pikanterweise hört man gleichzeitig von gleicher Stelle aus Darmstadt von Sozialrichter Jürgen Borchert immer wieder solches Vokabular wie ..
"parasitär zehrende ..Kinderlose " und " kinderlose Senioren seien aus der leistungsbezogenen Alterssicherung zu entlassen"
Quelle: http://www.die-tagespost.de/Archiv/titel_anzeige.asp?ID=21843
@ fassi,
meine Befürchtung ist jedoch die, dass diese Sichtweise in weiteren Urteilen übernommen wird. Sicher ist, dass die PKV die 40er-Grenze basierend auf diesem Urteil wieder festlegen werden. Auch wenn es im oben zitierten Urteil bereits anders entschieden wurde
wie ist es nur wunderbar in dieser Welt eingerichtet, daß man FESTLEGEN kann.
wozu dann noch sinnvoll begründen. Wozu Erkenntnisse aus der Wissenschaft.
bin wohl nicht so gut drauf.
Grüßle
S.