Kryotransfer: Welche Vorbehandlung ist die beste?

Wenn bei einer künstlichen Befruchtung zu viele Eizellen gewonnen werden, dann kann man diese einfrieren (kryokonservieren) und damit später einen sogenannten Kryotransfer durchführen. Welche Vorbehandlung ist dabei am besten?

Bei der Rückgabe zuvor eingefrorener Eizellen (siehe auch Kryokonservierung), muss die Gebärmutterschleimhaut für die Einnistung der Embryonen vorbereitet werden. Und dafür muss man die Entwicklung der Schleimhaut auf die Entwicklung des Embryos abstimmen, was man auch „Synchronisieren“ nennt. Diese hormonelle Vorbereitung geschieht mit unterschiedlichen Methoden

Unterschiedliche Methoden zur Vorbereitung des Kryotransfers

  1. Im natürlichen Zyklus (Meist jedoch mit medikamentösem Auslösen des Eisprungs)
  2. nach hormoneller Stimulation der Eierstöcke, um die Eizellreifung zu verbessern und damit die Östrogenwerte, die für den Aufbau der Schleimhaut notwendig sind.
  3. Durch die Gabe von Östrogenen und Gelbkörperhormonen in dem Bestreben, den Hormonverlauf eines natürlichen Zyklus nachzubilden und die Schleimhaut so aufzubauen
  4. Wie 3, jedoch mit Downregulation im Vorfeld, um den Einfluss der eigenen Hormone der Frau zu minimieren

Es gibt eine Vielzahl von Studien, die den unterschiedlichen Effekt dieser Behandlungsmethoden miteinander vergleichen. In einer aktuellen Übersicht wurde nun versucht, die Studien herauszuarbeiten, die aussagefähige Ergebnisse zeigten und strengen wissenschaftlichen Standards folgen. Man legt besonders strenge Kriterien hinsichtlich der Beweiskraft von Studien an, wenn eine wissenschaftliche Arbeit in der Cochrane Database publiziert wird. Mehr dazu finden Sie hier.

Übersichtsstudie zum Kryotransfer

20081 wurde erstmals eine Übersicht solcher Studien zum Kryotransfer publiziert, damals gab es nur sieben Studien, welche die Voraussetzungen erfüllten. Im letzten Jahr erschien eine aktualisierte Analyse2, in der die Ergebnisse von 18 Studien zusammengefasst werden konnten. Folgende Methoden wurden dabei verglichen:

Natürlicher Zyklus (ohne Auslösen des Eisprungs)

  • Natürlicher Zyklus (ohne Auslösen des Eisprungs) gegen Östrogene plus Gelbkörperhormone: Hier fanden sich keine signifikanten Unterschiede, wobei die sogenannten Konfidenzintervalle sehr weit gefasst waren und theoretisch Vorteile für die eine oder andere Methode nicht auszuschließen sind.
  • Natürlicher Zyklus (ohne Auslösen des Eisprungs) gegen Östrogene plus Gelbkörperhormone plus DownregulationAuch hier fanden sich keine signifikanten Unterschiede in den Schwangerschaftsraten. Über Fehlgeburten und Lebendgeburten liegen keine Daten vor.
  • Natürlicher Zyklus (ohne Auslösen des Eisprungs) gegen natürlichen Zyklus mit Auslösen des Eisprungs: Die Lebendgeburtenrate war ebenso wie der Anteil an Fehlgeburten ohne wesentliche Differenz. Sehr schwach waren die Indizien für eine etwas höhere Quote an fortlaufenden Schwangerschaften bei Frauen ohne Auslösen des Eisprungs.

Natürlicher Zyklus (Kryotransfer nach Auslösen des Eispungs)

  • Natürlicher Zyklus (mit Auslösen des Eisprungs) gegenüber Östrogene plus Gelbkörperhormone: Kein Unterschied bei den Lebendgeburtenraten oder fortlaufenden Schwangerschaften. Es lagen keine Daten über Fehlgeburten vor.
  • Natürlicher Zyklus (mit Auslösen des Eisprungs) gegenüber Östrogene plus Gelbkörperhormone plus DownregulationKein Unterschied bei den Lebendgeburtenraten oder Fehlgeburten. Es lagen keine Daten über fortlaufende Schwangerschaften vor.

Gabe von Östrogenen und Gelbkörperhormonen (Substitutionszyklen)

  • Gabe von Östrogenen und Gelbkörperhormonen mit und ohne Downregulation im Vorfeld: Hier fand sich ein signifikanter Vorteil bei der Lebendgeburtenrate für die Patientinnen, die zusätzlich ein Downregulation erhielten. Auch die Schwangerschaftsrate war geringfügig höher, jedoch nicht so deutlich, als dass dieser Unterschied signifikant gewesen wäre.

Stimulation der Eierstöcke

  • Östrogen- und Gelbkörperhormongabe gegen eine milde Stimulation mit Spritzen (FSH): Kein Unterschied.
  • Clomifen mit zusätzlichen Spritzen (HMG) gegenüber Spritzen alleine: Signifikant bessere Ergebnisse in der Gruppe ohne Clomifen: Weniger Zyklusabbrüche wegen suboptimaler Stimulation, bessere Schwangerschaftsrate und geringere Mehrlingsrate, letzteres jedoch ohne statistisch signifikanten Unterschied.

Kryotransfer: Welche Vorbereitung funktioniert am besten?Wenn man diese Ergebnisse zusammenfasst, kann man zwar jeweils zwei Arten der Vorbehandlung für den Kryotransfer einander gegenüberstellen, welche Methode jedoch allen anderen vorzuziehen ist, kann man anhand der gegenwärtigen Datenlage nicht entscheiden. Nur für die Verwendung von Clomifen ergeben sich nachweislich Nachteile.

Natürlich ist das verwirrend und durchaus nicht nur für den medizinischen Laien, sondern auch für die Experten der Reproduktionsmedizin. Dadurch erklärt sich ja auch die Vielzahl an Optionen.
Ein echter Vorteil für die Schwangerschaftsrate nach Kryotransfer ergibt sich jedoch aus keiner der aufgeführten Vorbehandlungen.

Ein Grund mehr, nach Möglichkeit die einfachste Methode zu wählen, also z. B. den natürlichen Zyklus oder den nach Vorbehandlungen mit Östrogenen/Gelbkörperhormon.

Die einfachsten Methoden: Östrogene oder natürlicher Zyklus

Verwirrend und deswegen nun nach all dem Hin und Her: Welches sind die am wenigsten aufwendigen Methoden zur Vorbehandlung eines Kryozyklus? Selbstverständlich der natürliche Zyklus gefolgt von der Vorbereitung mit Östrogenen. Deswegen wendet man diese beiden Varianten auch am häufigsten an. Und in den letzten Jahren hat es aktuell zwei Studien gegeben, in der diese untersucht wurden3, 4.

In diesen Studien untersuchten die Wissenschaftler mehr als 1000 Kryozylen und fanden keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Vorgehensweisen. Die zweite Studie zeigte sogar einen leichten Vorteil der natürlichen Zyklen.

Schwangerschaftsverlauf besser nach natürlichem Zyklus?

[Update 15.1.22]: Die Zahl der Schwangerschaften nach einem Kryotransfer ist ein wichtiger Parameter, wenn es um die Beurteilung verschiedener Methoden geht. Nicht weniger wichtig ist jedoch, wie die Schwangerschaften nach einer solchen Behandlung verlaufen. Und hier häufen sich die Hinweise, dass der Verlauf einer Schwangerschaft problemloser ist, wenn die Frau einen eigenen Gelbkörper hat, der Transfer also im natürlichen Zyklus oder nach einer hormonellen Stimulation der Eierstöcke erfolgte.

Der Gelbkörper, der nach dem Eisprung entsteht, produziert nicht nur das Gelbkörperhormon (Progesteron), sondern auch Östrogen und viele andere Substanzen. Hier sind vor allem Relaxin und VEGF (vascular endothelial growth factor) zu nennen, die bei der Entwicklung des Mutterkuchens und seiner Durchblutung eine Rolle spielen5.

Bei Schwangerschaften, die ohne einen eigenen Gelbkörper entstehen, fehlen diese Substanzen. Damit erklärt man sich das signifikant häufigere Auftreten von Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie und hohem Geburtsgewicht6.

Schlussfolgerung: Wie bereitet man einen Kryozyklus also am besten vor?

Jede Praxis hat da ihr eigenes Rezept und damit dann auch die meisten Erfahrungen. Es ist also manchmal unerheblich, was so manche Studie sagt, wenn sich die Ärztinnen und Ärzte einer Praxis sich mit einer besonderen Vorgehensweise gute Erfahrungen und seine besten Ergebnisse hat, wird man dort auch dabei bleiben. Und dann ist es auch meist am besten, man schließt sich diesem Vorgehen an. Unabhängig davon gilt jedoch nach aktueller Studienlage:

Der Kryotransfer im natürlichen Zyklus ist bei Frauen mit einem regelmäßigen Eisprung die Vorbehandlung der Wahl. Baut sich dabei die Schleimhaut nur unzureichend auf oder besteht kein regelmäßiger Zyklus, ist die milde hormonelle Stimulation der Eierstöcke mit Auslösen eines Eisprungs das Vorgehen der Wahl.

Noch Fragen?

Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über die andere Foren von wunschkinder.de. Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.

Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

Literatur

  1. Ghobara T, Vandekerckhove P.
    Cycle regimens for frozen-thawed embryo transfer.
    Cochrane Database Syst Rev. 2008 Jan 23;(1):CD003414
  2. Ghobara T, Gelbaya TA, Ayeleke RO
    Cycle regimens for frozen-thawed embryo transfer.
    Cochrane Database Syst Rev. 2017 Jul 5;7:CD003414
  3. Agha-Hosseini M, Hashemi L, Aleyasin A, Ghasemi M, Sarvi F, Shabani Nashtaei M, Khodarahmian M
    Natural cycle versus artificial cycle in frozen-thawed embryo transfer: A randomized prospective trial.
    Turk J Obstet Gynecol. 2018 Mar;15(1):12-17
  4. Groenewoud ER, Cohlen BJ, Al-Oraiby A, Brinkhuis EA, Broekmans FJ, de Bruin JP, van den Dool G, Fleisher K, Friederich J, Goddijn M, Hoek A, Hoozemans DA, Kaaijk EM, Koks CA, Laven JS, van der Linden PJ, Manger AP, Slappendel E, Spinder T, Kollen BJ, Macklon NS
    A randomized controlled, non-inferiority trial of modified natural versus artificial cycle for cryo-thawed embryo transfer.
    Hum Reprod. 2016 Jul;31(7):1483-92. doi: 10.1093/humrep/dew120. Epub 2016 May 13.
  5. Singh, B., Reschke, L., Segars, J., & Baker, V. L. (2020). Frozen-thawed embryo transfer: the potential importance of the corpus luteum in preventing obstetrical complications. Fertility and sterility113(2), 252-257.
  6. Xu, J., Zhou, H., Zhou, T., Guo, Y., Liang, S., Jia, Y., Teng, X. (2022). The impact of different endometrial preparation protocols on obstetric and neonatal complications in frozen-thawed embryo transfer: a retrospective cohort study of 3,458 singleton deliveries. Reproductive Biology and Endocrinology20(1), 1-10.
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Kommentar

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12 Kommentare
  1. Mariechen74 schreibt

    Vielen Dank für den Vergleich und die Ausführungen!
    Es wird ja immer die Schleimhaut vor dem Transfer betrachtet. Wie ist es danach? Müsste sie bis zum Ende des Zyklus durch das Progesteron nicht auch nochmal wachsen? Bei mir war sie zum Ende im künstlichen Zyklus (Schwangerschaft mit schon sinkendem HCG) nicht höher als vor Transfer?
    Und wenn mit relativ hohen steigenden Östrogendosen aufgebaut wird, muss diese hohe Dosierung nach Transfer in der Maximalhöhe beibehalten werden? Progesteron kam dann in normal üblicher Dosierung dazu.
    Eigentlich spricht doch eine hoch aufgebaute Schleimhaut für eine Schwangerschaft und HCG führt zur Erhöhung des Progesterons. Wenn aber alle Hormone nur von außen in immer gleicher Höhe zugeführt werden, wie wächst sie denn dann weiter?
    Oder ist das eben so, dass sie im künstlichen Zyklus dann weniger hoch ist? Da die Schwangerschaftsraten gut sind, muss es ja irgendwie wohl funktionieren….

  2. Elmar Breitbach schreibt

    In der Tat gibt es nur wenige Studien, in denen die Höhe der Schleimhaut nach dem Transfer/Punktion untersucht wurden. Offenbar ist aber auch die Höhe vor dem Auslösen der Faktor der die Einnistung am meisten beeinflusst.

    Nach dem Eisprung wächst die Schleimhaut nur geringfügig und erst der Einnistungsprozess löst dann ein weiteres Wachstum aus.

    Physiologisch ist der Östradiolwert nach dem Eisprung niedirger als vorher. Passt man die Dosis also dem natürlichen Ablauf an, könnte man die Dosis senken. Muss man aber nicht und da es sonst zu kompliziert wird, behält man die Dosis meist bei.

  3. Mariechen74 schreibt

    Danke. Löst dann das HCG das Wachstum aus? Aber im künstlichen Zyklus wirkt ja das HCG gar nicht, sondern nur die zugeführten Hormone? Oder reicht dann für den Erhalt einer Schwangerschaft ggf auch eine niedrige Schleimhaut? Denn ich hatte ein HCG bis 900, dann gefallen, aber die Schleimhaut war nur etwa 8mm und die Blutung danach auch schwächer als in normalen Zyklen…. Der Embryo war ja vermutlich nicht o.k., aber hätte ein gesunder Embryo dann eine Chance?
    Frage mich halt, ob sich noch etwas für den nächsten Transfer verbessern lässt, denn vermutlich muss ich leider nochmal einen künstichen Zyklus machen….
    Wenn die Östrogendosis relativ hoch ist, kann es dann zu einem Ungleichgewicht mit dem Progesteron kommen, also dass das Östrogen im Verhältnis zum Progesteron zu viel bzw. das Progesteron zu wenig ist oder ist das völlig egal?

  4. Mariechen74 schreibt

    Und beim Spontanzyklus, wenn da der LH-Anstieg schon begonnen hat, man das also z.B. montags feststellt und sonntags nicht transferiert wird, ist dann der Zyklus gelaufen? Oder könnte man wie im künstlichen Zyklus ab dem Montag Progesteron zuführen, so dass sich die Schleimhaut schon früher beginnt umzuwandeln und samstags transferieren? Beim letzten US bei Vertretungsärztin fiel so eine Bemerkung zum spätesten Progesteronbeginn. Ich habe aber nicht geschaltet und nachgefragt, da ich dachte, wir lösen ja auf jeden Fall erst mit HCG aus….

  5. Elmar Breitbach schreibt

    @Mariechen: Man kann zwar grundsätzlich auch Ohne Eisprungauslösen den Transfer durchführen, aber das Timing ist besser, wenn man es tut. Ansonsten wäre regelmäßiges LH-Testen notwendig. Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben: Vermutlich wäre dann der Ultraschall am Freitag besser, damit man das Auslösen für Sonntag dann planen kann.

  6. Mariechen74 schreibt

    Sonntags auslösen ist schlecht, weil ja eine Woche später transferiert werden müsste…..
    Danke für die Antwort, im Zweifel bzgl des Zeitfensters werde ich dann keinen Transfer machen

  7. Mariechen74 schreibt

    Kann man auch mit Orgalutran einen Tag schieben, wenn leicht stimuliert wird so wie bei Icsi?
    Oder ist das schlecht für die Schleimhaut?

  8. Elmar Breitbach schreibt

    Theoretisch geht es, aber man kann auch einfach so auslösen, dass es passt,. denn es kommt ja nicht so sehr auf die optimale Eizellqualität an, da es nur um die Hormone des Follikels geht und nicht um die Eizelle.

  9. Mariechen74 schreibt

    Dankeschön für Ihre vielen Antworten und Informationen!

  10. Elmar Breitbach schreibt

    😉

  11. Nesi schreibt

    Verstehe ich das richtig, dass bei einem Zyklus ohne Eisprung oder bei unregelmäßigen Zyklen besser Hormone zur Eizellreifung gegeben werden sollen? Ich habe ein PCO-Syndrom und meine Ärztin meint, dass da Östrogenen (sie gibt mir Estrifam) besser sind, um die Schleimhaut aufzubauen. Nun bin ich verwirrt…

  12. Elmar Breitbach schreibt

    Liebe Nesi,
    tatsächlich scheint es so zu sein, dass nicht unbedingt die Chancen auf eine Schwangerschaft höher sind, aber der Fortgang der Schwangerschaft besser ist, wenn man einen eigenen Gelbkörper hat und daher einen Eisprung. Schwangerschaftskomplikationen sind nach Stimulation oder natürlichem Eisprung offenbar seltener