Akupunktur bei künstlicher Befruchtung: Hilft die chinesische Medizin?

Die Wirkung der Akupunktur auf die Erfolgsrate bei IVF und ICSI ist nicht belegt

Wie wirkt die Akupunktur im Rahmen der künstlichen Befruchtung? Wie sehr werden die Erfolgsraten verbessert? Schon seit vielen Jahren wird die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und die Akupunktur zur Begleitung von IVF und ICSI angewendet. Bislang ist die Wirkung jedoch umstritten. Aktuelle Studien schaffen nun Klarheit.

Schon verschiedentlich habe ich hier über die Unterstützung der künstlichen Befruchtung mit Hilfe der Akupunktur berichtet. Der letzte Artikel liegt jedoch schon eine Weile zurück. Es ist also Zeit, ein Update zu machen.

Die Idee hinter der Akupunktur zum Zwecke der Fruchtbarkeitsverbesserung ist, dass in der traditionellen chinesischen Medizin offenbar Punkte bekannt sind, die den Blutfluss in Gebärmutter und Eierstöcken erhöhen sollen. Auch wird ihr eine entspannende Wirkung zugeschrieben und behauptet, dass dies hilfreich sei. Nun gibt es zahlreiche Studien, die die Wirkung der Nadeltherapie mit Placebo-Nadeln vergleichen (kontrollierte Studien) und inzwischen sind einige hinzugekommen.

Zunächst wurde im Jahre 2013 zuletzt eine Übersicht in der Cochrane Database1 (was ist das?) publiziert. Hier wurden die Ergebnisse von insgesamt 20 Studien zusammengefasst, um die Frage zu beantworten, ob die Zahl lebend geborener Kinder durch die Akupunktur verbessert werden kann. Ca. 3000 Frauen wurden im Rahmen der Studien behandelt. Die gute Nachricht: In keiner der Studien wurde über nennenswerte Nebenwirkungen der Akupunktur berichtet. Und die Antwort auf die Fragestellung lautet: Nein. Es fand sich kein signifikanter Einfluss der Akupunktur auf den Eintritt oder den Verlauf einer Schwangerschaft. Und das unabhängig vom Zeitpunkt und Zahl der Behandlungen.

Nun, diese Zusammenfassung liegt schon  einige Jahre zurück, möglicherweise sind zwischenzeitlich neue Studien mit anderer Aussage hinzugekommen. Neue Studien schon, aber keine andere Aussagen.

Wissenschaftliche Studienlage zur Akupunktur 2018

Im November ist eine weitere Übersichtsarbeit erschienen2, die auch aktuellere Studien beinhaltet (eine ziemlich aussagekräftige fehlt leider und wird unten nachgereicht). Hier werden die Behandlungsergebnisse von fast 2.400 Frauen zusammengefasst, die im Rahmen einer künstlichen Befruchtung eine Akupunktur bekamen oder eben nicht (=Kontrollgruppe). Hier wurden nur Studien berücksichtigt, in denen die Patientinnen am Tag des Embryotransfers eine Akupunktur bekamen. Das zusammengefasste Ergebnis ist recht eindeutig: Die Zahl an klinischen Schwangerschaften war nach Akupunktur sogar eher geringer als besser.

Eine Studie fehlt, die im Mai dieses Jahres veröffentlicht wurde3 (im sehr renommierten JAMA). Bemerkenswert ist hier die hohe Zahl an behandelten Patientinnen (824). Alle Patientinnen wurden entweder einer Akupunktur mit richtigen Nadeln oder mit Placebo-Nadeln) unterzogen und zwar an drei Terminen: In der Frühphase der Hormonstimulation und je einmal vor und nach dem Embryotransfer.

Die Ergebnisse waren auch hier recht eindeutig:  74 von 405 akupunktierten Frauen bekamen ein Kind (18,3%) und 72 von 404 Frauen aus der Kontrollgruppe (17,8%).

Zusammenfassend muss man leider sagen, dass die Akupunktur weder bei der Betrachtung aktueller Studien noch in älteren Untersuchungen die Chancen auf eine Schwangerschaft und ein Kind verbesserten. Man würde sich eigentlich wünschen, dass es funktioniert, aber bedauerlicherweise ist das nicht der Fall.

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

Literatur

  1. Cheong YC1, Dix S, Hung Yu Ng E, Ledger WL, Farquhar C
    Acupuncture and assisted reproductive technology.
    Cochrane Database Syst Rev. 2013 Jul 26;(7):CD006920.
  2. Schwarze JE, Ceroni JP, Ortega-Hrepich C, Villa S, Crosby J, Pommer R
    Does acupuncture the day of embryo transfer affect the clinical pregnancy rate? Systematic review and meta-analysis.
    JBRA Assist Reprod. 2018 Nov 1;22(4):363-368
  3. Smith CA, de Lacey S, Chapman M, Ratcliffe J, Norman RJ, Johnson NP, Boothroyd C, Fahey P
    Effect of Acupuncture vs Sham Acupuncture on Live Births Among Women Undergoing In Vitro Fertilization: A Randomized Clinical Trial.
    JAMA. 2018 May 15;319(19):1990-1998
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Kommentar

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3 Kommentare
  1. Eibischteig schreibt

    Hahaha hilft nur dem Geldbeutel des Akupunkteurs…aber das ist ja bei den ganzen alternativen Methoden so… 😀

  2. Libby12345 schreibt

    Wenn die Studien z.B. plazebokontrolliert waren, dann könnte es ja immer noch sein, dass es hilft, wenn man dran glaubt. Man müsste mal eine skeptische mit einer „gläubigen“ Gruppe vergleichen… Fände ich eine interessante Frage, da ja auch oft behauptet wird, bei den alternativen Methoden würde der Glaube daran helfen.

  3. Elmar Breitbach schreibt

    Darin unterscheidet sich die Medizin nicht von alternativen Methoden. Beide haben einen Plazeboeffekt.