IVF: Mehr eineiige Zwillinge?

Mehrlinge sind eine der häufigsten „Komplikationen“ in der Kinderwunschbehandlung. Immer noch sind ca. 20% aller Schwangerschaften nach einer künstlichen Befruchtung Mehrlingsschwangerschaften. Da oft 2 oder (selten) mehr Embryonen transferiert werden, handelt es sich dabei meist um zweieiige Zwillinge. Eineiige Mehrlinge entstehen ja durch die Teilung eines bereits in der Entwicklung befindlichen Embryos in zwei oder mehr, die dann äußerlich und innerlich (genetisch) identisch sind. Aufgrund dieses Entstehungsmechanismus ist eigentlich nicht von einem erhöhten Risiko für eineiige Mehrlinge im Rahmen einer künstlichen Befruchtung auszugehen. Theoretisch. Stimmt das jedoch wirklich?

Retrospektive Analyse

Eine italienische Arbeitsgruppe untersuchte die Geburtsstatistiken der Lombardei (10 Mio. Einwohner in dieser Region) der Jahre 2000 – 2014. 461.424 Schwangerschaften wurden in diesem Zeitraum ausgetragen und ausgewertet. Das Hauptaugenmerk galt dabei den Zwillingsschwangerschaften. Da den Statistiken nicht zu entnehmen ist, ob die Zwilinge ein- oder mehreiig waren, entwickelten die Wissenschaftler anhand der Gleichgeschlechtlichkeit von Zwillingspaaren und anderen Faktoren ein Berechnungsmodell.

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Sehr selten: Eineiige ZWillinge

Die durchschnittliche Rate für Zwillingschwangerschaften lag bei 1,24 Prozent. Gut 20 Prozent betrug der Anteil an Zwillingen, wenn eine künstliche Befruchtung zur Schwangerschaft führte. Dies sind Werte, die den üblichen Statistiken zu diesem Thema entsprechen. Die anhand des Berechnungsmodells geschätzte Anzahl von einiigen Zwillingen betrug nach künstlicher Befruchtung 0,72 und auf normalem Wege 0,45 Prozent. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant, wenngleich die absoluten Zahlen in beiden Gruppen sehr niedrig sind.

Eher überraschend

Und bevor jemand fragt: Eine nachvollziehbare Erklärung dafür habe ich nicht. Oder eher so: Ich hätte viele Erklärungen anzubieten, ohne sagen zu können, welches nun die Richtige ist. Ich bin bisher auch immer davon ausgegangen, dass die monozygoten Mehrlinge bei IVF nicht signifikant häufiger auftreten. Eine ältere Studie dazu zeigt eine höhere Rate an eineiigen Mehrlingen nach Blastozystentransfer. Eine Erklärung für die Häufung gibt es jedoch nicht.

Parazzini F, Cipriani S, Bianchi S, Bulfoni C, Bortolus R, Somigliana E
Risk of Monozygotic Twins After Assisted Reproduction: A Population-Based Approach.
Twin Res Hum Genet. 2016 Jan 8:1-5.

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

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Kommentar

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2 Kommentare
  1. Rebella schreibt

    Also, ich meine, ich habe schon vor Jahren gelesen, dass man beim Blastozystentransfer auch deshalb eher nur einen Embryo zurück nehmen soll und keinesfalls drei, weil gerade da das Risiko höher ist, dass sich die Blastozyste nach dem Transfer auch noch mal teilt. …

    Das sollten eigentlich Erkenntnisse sein, die bereits den Reproduktionsmedizinern, die SET anbieten, geläufig sind.

  2. tttxf schreibt

    Ich finde das Berechnungsmodell fragwürdig. Man sollte das wenigstens einmal an einer Population überprüfen, bei der die Rate an eineiigen Zwillingen tatsächlich bekannt ist.