

Intrinsische Fertilität: Wieviele Eizellen braucht man in welchem Alter für ein Kind?
Die Berechnung der intrinsischen Fertilität pro Eizelle
Die Fruchtbarkeit der Frau sinkt mit zunehmendem Alter, das ist eine bedauerliche, aber auch unabwendbare Tatsache. Die Frage, bis zu welchem Alter eine künstliche Befruchtung sinnvoll ist, konnte nur unzureichend beantwortet werden. Bei wenigen Eizellen sollte man jünger als 42 sein, wenn die Eierstöcke noch gut funktionieren, dann sind wohl 43 Jahre die Obergrenze. Manche Experten raten ab 42 Jahren von einer Kinderwunschbehandlung mit eigenen Eizellen komplett ab. Das sind nun alles Ergebnisse von künstlichen Befruchtungen, aber was ist mit unstimulierten – natürlichen – Zyklen?
Die intrinsische Fertilität einer Eizelle
Ob es nun um die Chancen geht, in einem natürlichen Zyklus noch einmal schwanger zu werden oder eher das Risiko, wenn es um die Beratung bei der Verhütung geht: Es fehlen belastbare Daten, wie hoch die Wahrscheinlichkeit pro Eizelle im natürlichen Zyklus ist, eine Schwangerschaft zu erzeugen. In einer aktuellen Studie wurde versucht, diese altersabhängige intrinsische Fertilität der Eizelle zu bestimmen.
Die individuelle Fruchtbarkeit der Eizelle
Der Begriff „intrinsische Fertilität“ wurden von den Autoren der hier vorgestellten Studie1 geprägt und entspricht dem Vermögen einer Eizelle im natürlichen Zyklus eine Schwangerschaft herbeizuführen. Natürlich möglichst gefolgt von der Geburt eines gesunden Kindes. Dazu wurden Daten aus IVF- und ICSI-Behandlungen im natürlichen Zyklus analysiert. Insgesamt umfasste die Untersuchung die Daten von fast 14.200 Eizellen aus einem natürlichen Zyklus. Die Zahl an Eizellen, die man für eine Lebendgeburt benötigt hängt stark vom Alter der Frau ab.
Altersabhängige Ergebnisse
Bei Frauen unter 42 Jahren lag die intrinsische Fertilität der Eizelle bei 18%. Man benötigt also durchschnittlich 5,5 Eizellen für eine Lebendgeburt. Bei allen Frauen < 35 Jahren betrug die Rate an Lebendgeburten pro Eizelle 26%, was im Rahmen dessen liegt, was man bei jüngeren Frauen als monatliche Schwangserschaftswahrscheinlichkeit pro Eisprung beobachtet. Ab 42 Jahren beträgt dieser Wert nur noch 4%, man benötigt also fast 23 Eizellen (und Zyklen – also 2 Jahre) für eine Geburt.
Mit Hilfe einer statistischen Analyse (logistische Regression) fassten die Autoren der Studie die Ergebnisse in einer grafischen Übersicht zusammen.Die Grafik zeigt eine Näherungskurve auf Basis der Daten von mehr als 14.000 Eizellen.
Die natürliche Fertilität der Eizelle ist schlecht
Für alle Altersgruppen ist zu sagen, dass ihre Fähigkeit, eine Schwangerschaft herbeizuführen ist sehr schlecht ist. Selbst bei den unter 30jährigen Frauen sind in zwei Dritteln der Fälle eine Einnistung nicht zu erwarten. Normalerweise kommen dann ja auch noch die Probleme der natürlichen Befruchtung hinzu: Timing, schlechte Spermien, Gelbkörperschwäche etc.. Diese Faktoren spielen bei dieser Untersuchung ja wegen der IVF und ICSI keine Rolle oder wurden gezielt umgangen.
Der altersabhängige Effekt tritt ab 35 Jahren ein
Während bis inklusive 34 die „intrinsische Fertilität“ der Eizelle fast gleich bleibt, kommt es dann zu einem deutlichen Abfall, der fast linear verläuft. 20% der Fruchtbarkeit geht bis zum 36. Lebensjahr verloren und 90% bis zum 42.
Wirklich neu ist das alles nicht, denn es bestätigt Erkenntnisse, die sich bereits aus anderen Behandlungsarten ergeben oder auch aus der Beobachtung natürlicher Zyklen. Dennoch haben bietet diese Studie aufgrund der großen Zahl an Eizellen aus einem natürlichen Zyklus, bei denen Befruchtungsprobleme aufgrund der ICSI keine Rolle spielen, nun eine sehr belastbare Datenbasis zur Einschätzung der individuellen altersabhängigen Fruchtbarkeit pro Eizelle.
Noch Fragen?
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Wie ist die Anzahl der Eizellen in dieser Statistik bei einer IVF oder ICSI definiert? Alle bei der PU gewonnenenen Eizellen, hiervon nur die reifen Eizellen oder die tatsächlich befruchteten Eizellen?
Sehr spannend. Danke, Doc!
Keine Ahnung warum das nicht will. Vielleicht ja jetzt. Also nochmal.
Wenn Frau jünger als 30 Jahre
25 Oocyten
Dies ergibt 15 PN – 4 Blastocysten – 2 euploide Blastocysten
Erforderlich: 2 bis 3 ovarielle Stimulationszyklen inkl. Punktion.
30 bis 35 Jahre
40 Oocyten
Dies ergibt 24 PN – 5,8 Blastocysten – 2,2 euploide Blastcysten
Erforderlich: 3 bis 4 ovarielle Stimulationszyklen incl. Punktion.
35 bis 38 Jahre
50 Oocyten
Dies ergibt 30 PN – 7,2 Blastocysten – 1,8 euploide Blastcysten
Erforderlich: 5 ovarielle Stimulationszyklen inkl. Punktion.
40 Jahre und AMH größer 1 ng/ml.
60 Oocyten
Dies ergibt 36 PN – 8 Blastocysten – 1,5 euploide Blastocysten
Erforderlich: 9 Stimulationszyklen inkl. Punktion.
Quelle: http://www.gerhard-leyendecker.de/fileadmin/KleineBroschuere2015.pdf
Diese Zahlen geben an, wieviele Eizellen man für 1-2 euploide Eizellen benötigt. Die hier vorgestellte Studie gibt an, wieviele Eizellen man für ein Kind benötigt. Die untersuchte Zielgröße ist nicht die gleiche.
Kurze Zwischenfrage: Geht es um das reine Vorhandensein der Eizellen oder um Eizellen, die letztendlich genetisch in Ordnung sind. Letzteres würde wohl bedeuten, dass wesentlich mehr Eizellen benötigt werden.
Viele Grüße und dankeschön 🙂
Letztlich geht es immer um beides. Aber hier um die reine Zahl der Eizellen