Heparin bei IVF und ICSI: kann es helfen?
Bessere Erfolgsraten bei Gerinnungsstörungen?
Die Gabe von Heparin bei IVF und ICSI zur Verbesserung der Einnistung ist umstritten. Wie ist es jedoch, wenn die Frau eine Gerinnungsstörung hat? Kann Heparin dann die Chancen auf eine Schwangerschaft verbessern? Dieser Artikel ist Teil der Reihe „Addons bei IVF und ICSI: Welche helfen wirklich?“
Bessere Durchblutung – bessere Schwangerschaftsraten?
Bei Einnistungsstörungen, also dem wiederholten Ausbleiben einer Schwangerschaft bei einer Kinderwunschbehandlung trotz guter Voraussetzungen, wird oft auch nach Gerinnungsstörungen geschaut. Man geht davon aus, dass sich die Durchblutung der Gebärmutterschleimhaut bei solchen Blutgerinnungsstörungen (Thrombophilie) verschlechtert und dadurch die Einnistung des Embryos gestört werden kann. Auch das Auftreten von Fehlgeburten wird damit in Zusammenhang gebracht.
Ältere Studien zeigen mögliche Vorteile der Gabe von Heparin bei IVF
Bei wiederholt aufgetretenen Fehlgeburten hilft die Gabe von blutgerinnungshemmenden Medikamenten jedoch offenbar leider nicht. Wenn hier ähnliche Mechanismen vermutet werden, hilft Heparin bei IVF und ICSI dann auch nicht? Wie eingangs schon gesagt: Es ist umstritten und das bereits seit Jahrzehnten. In der Cochrane Datenbank findet sich eine Studie aus dem Jahre 20131. Also bereits etwas älter. Und damals waren Hinweise auf einen positiven Einfluss von Heparin bei IVF nur unzulänglich zu erkennen. Wie so oft war in der Zusammenfassung daher der Wunsch nach mehr und besseren Studien zu diesem Thema geäußert worden.
Wie sieht es mit aktuellen Studien aus?
Gibt es diese Studien nun? Zumindest ist die Zahl der in guten Studien (randomisiert und kontrolliert) inzwischen größer. Statt drei Studien (2013) sind es nun fünf Studien und fast dreimal so viele Frauen (1094), die untersucht wurden. Eine Übersicht und Auswertung dieser Studien wurde nun im Juli 2023 veröffentlicht2.
Wenn eine Störung der Blutgerinnung nachgewiesen wurde, kann Heparin die Einnistung verbessern
In diesen Studien wurde ausschließlich Frauen mit nachgewiesenen Gerinnungsstörungen erfasst. Also Frauen, bei denen man am ehesten einen positiven Effekt der Heparingabe auf die Einnistung vermuten könnte. Und in der Tat fand sich hier ein positiver Effekt der Behandlung der Blutgerinnungsstörung: Es trat häufiger eine klinische Schwangerschaft ein und am wichtigsten: Die Zahl der Lebendgeburten war bei der Behandlung mit Heparin signifikant höher. Allerdings traten auch häufiger Blutungen (auch später in der Schwangerschaft) auf.
Aber auch hier beklagen die Autoren weiterhin eher schlechte Beweislage („Very low certainty evidence“). Sie verweisen daher auf noch in der Zukunft durchzuführende bessere Studien, die erst in der Lage sein werden, die Frage „Hilft Heparin die Einnistung bei IVF zu verbessern – und wenn ja bei wem?“ abschließend zu beantworten.
Schlussfolgerung
Schwierig…
Die Beweislage ist schwach und so ganz ohne Nebenwirkungen ist die Gabe von Heparin ja auch nicht. „Einfach mal so“ Heparin zu geben, in der Hoffnung, die Einnistung damit vielleicht verbessern zu können, ist sicherlich nicht anzuraten. Sind wiederholt bei besten Voraussetzungen keine Schwangerschaft eingetreten, besteht also eine Einnistungsstörung, dann kann man es mit Heparin versuchen – wenn die Frau nachweislich eine Gerinnungsstörung hat. Anders formuliert ist es aber auch richtig: Wenn man die Blutgerinnung in diesen Fällen nicht hemmt, macht man vermutlich auch nichts falsch.
Noch Fragen?
Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über die andere Foren von wunschkinder.de. Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.
Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Literatur
- Akhtar, M. A., Sur, S. D., Raine‐Fenning, N., Jayaprakasan, K., Thornton, J. G., & Quenby, S. (2013). Heparin for assisted reproduction. Cochrane Database of Systematic Reviews, (8).
- Chen, J., Bie, J., Jiang, F., Wu, Y., Pan, Z., Meng, Y., … & Liu, Y. (2023). Low‐molecular‐weight heparin in thrombophilic women receiving in vitro fertilization/intracytoplasmic sperm injection: A meta‐analysis. Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica.