Folsäure vergessen?

Es ist ja eigentlich keine neue Erkenntnis:

Ein Mangel an Folsäure kann zu sogenannten Neuralrohr-Defekten beim Kind führen. Das Neuralrohr ist eine Struktur in der Embryonalentwicklung, die schon in der zweiten bis dritten Schwangerschaftswochen entsteht. Aus dieser Struktur entwickelt sich das zentrale und periphere Nervensystem des Kindes. Neuralrohr- Defekte sind z. B. offener Rücken (Spina bifida), Wasserkopf (Hydrozephalus), Lippen- Kiefer- Gaumen- Segel- Fehlbildung, kurz LKGS-Fehlbildung oder Entwicklungsstörungen des Gehirns. Folsäuremangel wird ebenfalls mit Fehlgeburten in Verbindung gebracht.

Wenn eine Schwangerschaft geplant wird, ist es sinnvoll, schon vor der Empfängnis mit der Einnahme von Folsäure zu beginnen. So wird sicher jedes Risiko vermieden. Schädigungen durch Folsäuremangel entstehen in der Regel in einer Zeit, in der Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. [Quelle: medizinfo.de]

Trotzdem wird es häufig vergessen. In der neuesten Ausgabe von „Human Reproduction“ berichtet die Lübecker Arbeitsgruppe über die Schwangerschaftsvorsorge von 2055 Einlingsschwangerschaften nach ICSI. Dabei fällt auf, dass nur 38,1% der Schwangeren vor der *icsi* regelmäßig Folsäure zu sich nahmen.

Da hilft dann auch die deutlich höhere Anzahl an Ultraschall-Untersuchungen nichts: 13,6 bei ICSI-Schwangerschaften gegenüber durchschnittlich 4,1 Untersuchungen nach natürlicher Konzeption. Damit kann man dann die kindlichen Fehlbildungen nur noch dokumentieren, nicht jedoch verhindern.

A.K. Ludwig, A. Katalinic, V. Steinbicker, K. Diedrich and M. Ludwig
Antenatal care in singleton pregnancies after ICSI as compared to spontaneous conception: data from a prospective controlled cohort study in Germany
Hum. Reprod. 2006 21: 713-720

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.

 

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Kommentar

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10 Kommentare
  1. reaba schreibt

    Danke für diesen Beitrag! Noch bedenklicher finde ich die Situation, rechnet man die genetisch angeborene Folsäure-Stoffwechselschwäche MTHFR mit ein…immerhin sind hier von etwa 40% der Bevölkerung heterozygot und bis zu 15% der Bevölkerung homozygot betroffen – daraus ergeben sich sicher nicht nur Konsequenzen für das Reproduktionsgeschehen, allerdings ist nicht einmal dort der recht simple Test auf diese genetische Störung allgemeiner diagnostischer Standard in allen KiWu-Praxen.

    Erweiterete Störungsmerkmale oder Komplikationen bei MTHFR können Prävalenz zu thrombotischen Geschehen, Herz/Kreislaufstörungen und Gefäßstörungen sein – was eben nicht nur die gelungene Nidation/das komplikationsfreie, intrauterine Wachstum des Fötus beeinflussen kann, sondern bei Nichtwissen oder Nichtbeachtung auch wohl erheblich die eigene Lebenserwartung (auch bei Männern!).
    Gegenmaßnahmen bei KiWu (oder Nachweis von MTHFR) sind recht simpel: ausreichende Einnahme von Folsäure (bei MTHFR reicht die Menge aus der Nahrung kaum aus), ggfs. bestimmte B-Vitamine und der Verzicht auf Noxen wie übermäßigen Alkohol-, Nikotin- (auch passiv!) und Koffeinkonsum, denn die genannten Stoffe sind sg. "Folsäureräuber"….schlecht, wenn man davon ohnehin zu wenig im System hat (oder es wegen MTHFR nicht so richtig verwerten kann).

    Ich hoffe, mir wird an dieser Stelle der kleine Ausflug in die Niederungen der MTHFR-Störung nachgesehen ;-)….

  2. E. Breitbach schreibt

    Ich hoffe, mir wird an dieser Stelle der kleine Ausflug in die Niederungen der MTHFR-Störung nachgesehen

    is´ scho recht 😉

  3. Trillian_06 schreibt

    Ich habe auf einem Beipackzettel einer Antibabypille entdeckt, dass Frauen, die die "Pille" nehmen generell einen höheren Bedarf an Folsäure haben. Quasi so, wie Raucher ja auch mehr Vitamin C benötigen. Daher: Folsäure ganz unabhängig vom Kinderwunsch zu sich nehmen!

  4. Rebella schreibt

    Ich sehe das Problem auch darin, dass die Kassen die Folsäure nicht zahlen. Ich bin ja ein sehr sparsamer Mensch und drehe jeden Groschen 3mal um.

    Zumindest beim ersten Kind habe ich auch keine Folsäure genommen, weil ich es nicht so ernst genommen habe. Werbung wird ja für alles Mögliche gemacht und wenn´s danach geht, müsste man jeden Tag ´n ganzen Haufen so ´n Zeugs in sich rein futtern. So billig war die Folsäure auch nicht – und da hab ich´s eben gelassen.

    Würde die Kasse solche Sachen übernehmen, würde sich der Anteil der Frauen, die es nehmen, deutlich erhöhen. Gespart werden könnte dann durch den Rückgang der o.g. Krankheiten.

  5. E. Breitbach schreibt

    @ Rebella,

    da bin ich anderer Meinung: so teuer ist es zum einen nicht. Zum anderen sehe ich nicht unbedingt die Kassen immer in der Pflicht, wenn es darum geht, der Gesundheit förderliche Maßnahmen zu finanzieren.

    Folsäure einzunehmen sollte im Interesse jeder Frau sein, die schwanger werden will. Genauso wie man sich gesund (und dann vielleicht etwas teurer) ernähren sollte und Sport treiben etc. Den Beitrag für den Sportverein wird die Kasse ebenso wenig zahlen wie die Preisdifferenz zwischen Holland-Tomate und Biogemüse.

  6. reaba schreibt

    grundsätzlich sehe ich das so wie der Doc, es geht mit etwas politischem goodwill und ernstgenommener Fürsorgepflicht aber auch anders:

    http://www.ak-folsaeure.de/aktuelles_0408.html

    in D/ EULand braucht man dazu aber bestimmt 10-25 Gutachten und dann x Durchführungsverordnungen, entsprechnende Mehrheiten bei Abstimmungen etc…..ergo nix passiert: es werden weiter Kinder mit vermeidbaren Behinderungen geboren….wofür es aber auch mehr als genug Lobbies gibt (von wünschenswerter Unterstützung der Betroffenen bis hin zu "Gottgewollt/akzeptiert euer Schicksal").

    Die Vernunft würde eine Anreicherung der Nahrungsmittel mit Folat gebieten.

  7. Rebella schreibt

    @Doc,

    vernunftsmäßig haben Sie ganz sicher Recht. Aber die Mehrheit ist da eben nicht vernünftig genug, wie die Zahlen belegen ….

  8. Klingon Lady schreibt

    Stimmt, wenn man Produkte wie Folio, Folsan etc. nimmt, sieht es preislich ziemlich happig aus. Folcur z.B. ist aber wesentlich preiswerter. Was ich viel blöder finde, ist die Verunsicherung, bis wann man die Folsäure denn nehmen sollte. Manche sagen, nur im ersten Trimester, andere sagen die ganze Schwangerschaft hindurch.

    Zudem finde ich es nicht so toll, daß viele Folsäure-Produkte gleich mit einer Ladung Jod versehen sind. Da weist auch kein Apotheker drauf hin, sondern man muß selbst auf der Hut sein. Da ich Schilddrüsenmedikamente nehme, bin ich schon des öfteren dumm angeschaut worden, wenn ich nach einem Blick auf den Inhalt dem Apotheker sagte, daß dieses oder jenes Produkt für mich nicht in Frage kommt. Von alleine wäre da kein Hinweis gekommen. Leider auch von den meisten Frauenärzten nicht.

  9. Greta schreibt

    Folsäure wird bei MTHFR bezahlt!

    Auf das Kassenrezept muss man nur "Diagnose MTHFR Mutation" draufschreiben lassen!

    So schwer ist das doch gar nicht. Und bevor man nie schwanger wird……

    *winke*

  10. reaba schreibt

    @Greta….stimmt leider nicht, zu mindest nicht für die KV Nordrhein und deren Regelwerk – da sind Vitaminpräparate ausdrücklich ausgenommen (egal für was!)….bin doch sogar homozygot und löhne immer noch selbst – worauf ich aber mittlerweile gepfleget*duweißtschon-grins*….man kann mit seiner Kohle wesentlich sinnlosere Dinge anstellen, als in Folat bei KiWu zu investieren ;-)!

    *wink* Reaba