Fliegen in der Schwangerschaft

Eine sehr häufig im Kinderwunschforum gestellte Frage ist die nach Flugreisen in der Schwangerschaft. Die Aussagen der Ärzte sind unterschiedlich und zeigen, dass es verschiedene Ansätze bei der Beantwortung der Frage gibt.

Fliegen in der Frühschwangerschaft
Eine mögliche Antwort richtet sich nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu diesem Thema. Pauschal zusammengefasst kann man hier sagen, dass es keinen Hinweis dafür gibt, dass Fliegen in der (Früh-)schwangerschaft nachteilig für den Verlauf derselben ist. Es besteht nachweislich kein Zusammenhang zwischen Fehlgeburten- oder Fehlbildungsrate und dem Fliegen.

Auf der anderen Hand gibt es die vorsichtige Antwortmöglichkeit, die lieber zur erhöhten Vorsicht rät. Denn wir wissen, dass eine Fehlgeburt in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 15% auftritt. Theoretisch kommt es dann also bei ca. 15% aller Frauen, die in der frühen Schwangerschaft eine Flugreise unternehmen, zu einer Fehlgeburt. Diese geschieht dann zwar den medizinischen Studien zufolge nicht aufgrund des Fliegens, aber Unsicherheiten bleiben und eine unschöne Basis für (unberechtigte) Selbstvorwürfe wird gelegt.

Es muss also nicht von Flugreisen abgeraten werden, nur muss auch klar darauf hingewiesen werden, dass Fehlgeburten möglich sind, die unabhängig davon aber in zeitlichem Zusammenhang auftreten.

Sauerstoffgehalt in der Atemluft
Oft wird darauf hingewiesen, dass ein geringer Sauerstoffgehalt in der Atemluft des Flugzeugs gefährlich für den Embryo oder das Kind sein könnte. Für die frühe Schwangerschaft ist dieses Theorie zu verneinen, da der Sauerstoffbedarf eines Embryos gegenber dem der Mutter vernachlässigbar ist. Untersuchungen in fortgeschrittenerem Schwangerschaftsalter zeigten, dass die Herzfrequenz des Kindes in allen Phasen des Flugs unverändert zu der Ausgangsfrequenz zu ebener Erde ist, ein Zeichen dafür, dass die Sauerstoffversorgung gewährleistet ist.

Unterdruck
Auch der geringere Druck in der Flugzeugkabine wird oft als Gefahr für vorzeitige Wehen genannt. Auch dies kann nicht bestätigt werden, zumal die Druckveränderungen in einem Flugzeug nur sehr geringfügig sind. Ebenso sind Turbulenzen keine Ursache vorzeitiger Wehen, denn der Zusammenhang zwischen solchen mechanischen Einflüssen und Frühgeburtsbereitschaft konnte nicht belegt werden.

Strahlenbelastung
Insbesondere in großen Flughöhen besteht eine vermehrte Strahlenbelastung. Es gibt keine Grenzwerte, die eine Gefahr ausschließen oder erkennen ließen. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass auch zu ebener Erde eine kontinuierliche Strahlenbelastung besteht, die man nicht vermeiden kann. Eine signifikante Erhöhung der Belastung wird erst ab einer Flugestrecke von ca. 120.000 Flugkilometern angegeben. Größere Studien, die einen Effekt beweisen oder ausschließen würden, gibt es allerdings nicht.

Einschränkungen der Fluglinien
Bei unkompliziertem Schwangerschaftsverlauf nehmen alle Flugesellschaften Schwangere bis zu vier Wochen vor ihrem Entbindungstermin als Passagiere auf.

Tipps, Hinweise

  • In der Schwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko für Thrombosen, daher sollte eine Schwangere
    1. viel trinken
    2. sich während Langstreckenflügen bewegen (Aufstehen, Füße bewegen)
    3. Am Gang oder in der ersten Reihe Platz nehmen, wo mehr Platz zur Vefügung steht
  • Flugreisen sind auch in der Schwangerschaft die bequemste Fortbewegungsart und einer längeren Auto- oder Zugreise sogar vorzuziehen.
  • Diese Empfehlungen gelten nur für komplikationsfreie Schwangerschaftsverläufe, bei einer Risikoschwangerschaft sollte von längeren Reisen generell Abstand genommen werden.
  • Bei vielen Fluggesellschaften ist es erforderlich, eine Bescheinigung über den errechneten Entbindungstermin einzureichen, wenn man befördert werden will.
  • Der Gurt sollte unter dem Bauch im Beckenbereich befestigt werden.

Huch R.
Flugreisen in der Schwangerschaft
Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 1999 Oct;93(7):495-501.

Noch Fragen?

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

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Kommentar

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15 Kommentare
  1. strahli schreibt

    vielen dank für diesen längst überfälligen beitrag!!!
    ist ne tolle argumentationshilfe für die zukunft:-)

  2. lenia* schreibt

    wir sind geflogen, und es hat uns allen gut getan 🙂 Schön mit dickem Bauch am Strand von Mallorca! Und das Jahr darauf krabbelte der Inhalt des dicken Bauchen über jenen Strand 🙂

  3. Kunstkoma schreibt

    Lieber Doc,

    was hat Sie denn zu diesem Artikel veranlasst? 😉

    Lieben Gruß, Ina

  4. Lectorix schreibt

    Merci, ich bin sehr froh über den Artikel. 🙂 Möchte hinzufügen, dass ich ein bestimmtes Klientel, was sehr sensibel bzgl. Sauerstoffgehalt und Druckunterschiede ist, sehr gut kenne: Menschen mit angeborenem komplexen Herzfehler. Lange Zeit war es für solche Kinder und Erwachsenen geradezu verboten, zu fliegen, mittlerweile weiß man aber auch aus zahlreichen, dass selbst bei höchst mieser Sauerstoffsättigung im "Normalzustand" die verminderte Sauerstoffzufuhr im Flieger selbst diesen Leuten kein gesundheitliches Problem macht, während sie, wenn sie auf ’nen hohen Berg steigen, dort dann umkippen. Genauso sieht’s mit den veränderten Druckverhältnissen aus, die sind selbst bei vorgeschädigten Leuten wirklich im Flugzeug nicht relevant. Folglich auch nicht für ein Kind in der Frühschwangerschaft…

  5. Suse schreibt

    stimmt es also… niemals wieder ist Mensch so gut geschützt wie in der Zeit vor der Geburt…

    schönen Urlaub wünsche ich also allen werdenden Mamis.
    Und den anderen natürlich auch.

    Grüßle
    S.

  6. Britta schreibt

    Unter Flugbegleiterinnen ist es ungeschriebenes Gesetzt, sich bei einer erkannten Schwangerschaft schnellstmöglich krankschreiben zu lassen, wenn man das Kind behalten will. Denn die Fehlgeburtenrate unter Flugbegleiterinnen ist wohl höher, aber vielleicht ist es ja auch nur eine subjektive Wahrnehmung derselben und es sind tatsächlich nur die besagten 15%. Nur wer fliegt schon alls Ottonormalverbraucherin so viele Flugkilometer wie diese Berufsgruppe? Aber es ist immer das gleiche Problem: Welche werdende Mutter will sich schon für solch eine Studie hergeben?

    Gruß, Britta

  7. Suse schreibt

    mankönnte es untersuchen bei menschengruppen, die in sehr hohen Lagen leben.
    Hochlandindios zum Beispiel.
    Deren Schwangere werden auch schon ganz schön von strahlung bombardiert…
    Ich denke, wenn man gewohnheiitsmäßig erhöhter Strahlung ausgesetzt ist, dürfte das schon eiinen effekt haben (aber einen statistischen, denke ich).

    Studien werden aber nur gemacht, wenn da Gewinn in klingender Münze rausspringt. so gesehen ist vorsicht ganz bestimmt ein gutes Konzept…

    Grüßle
    S.

  8. mimmi schreibt

    Frohe Ostern!
    Na? Ist dieser Artikel denn auch wirklich von einem "Fliegerarzt" verfaßt – also von einem, der sich eingehend mit dem Thema befaßt ist?
    Ansonsten schließe ich mich Britta an – nur ist es kein "ungeschriebenes" Gesetz, daß die Flugbegleiterinnen SOFORT bei Bekanntwerden einer Schwangerschaft zum Bodenpersonal versetzt, sondern ein durchaus verbindliches!!! Ich weiß von einigen Kolleginnen, die in der Frühschwangerschaft geflogen sind und dies mit einer Fehlgeburt bezahlt haben…
    Natürlich kann das jede Schwangere handhaben, wie sie will – aber ich würde mir dieses Risiko (nach all dem Aufwand, den wir betrieben haben endlich schwanger zu werden) und die Konsequenzen nicht auf die Fahne schreiben wollen.
    Das war jetzt wirklich mein allerletzter Komentar zu diesem Thema – versprochen!

  9. E. Breitbach schreibt

    @ Mimmi: Die Studien von Frau Huch sind über mehrere Jahre geführte mit hohen Fallzahlen und die einzig aussagekräftigen zu diesem Thema, zumindest im deutschsprachigen Raum. Mit anderen Worten: Wenn es eine Expertin zu diesem Thema gibt, dann ist sie es.

    Dass Flugbegleiterinnen nicht mehr fliegen dürfen, wenn sie schwanger sind, stimmt zwar, hat aber andere Gründe als die hier diskutierten.

  10. Donza schreibt

    zitat: "Dass Flugbegleiterinnen nicht mehr fliegen dürfen, wenn sie schwanger sind, stimmt zwar, hat aber andere Gründe als die hier diskutierten"
    –> jetzt bin ich aber gespannt!!!
    🙂

  11. maiprojekt schreibt

    vielen Dank für diesen sachlichen, informativen, differenzierten und ausführlichen Artikel ! eine sehr gute Hilfe zur eigenverantwortlichen Entscheidung !

  12. E. Breitbach schreibt

    eine sehr gute Hilfe zur eigenverantwortlichen Entscheidung

    genau so war es gemeint…

  13. Caro schreibt

    was ist mit der Strahlungsbelastung beim Einchecken?

  14. E. Breitbach schreibt

    Keine Ahnung. das müsste man die Hersteller der Durchleuchtungsgeräte fragen. Sie scheinen mir – laienhaft gesehen – jedoch sehr gut abgeschirmt zu sein

  15. […] Zum Fliegen in der Schwangerschaft gibt es nur wenig wissenschaftliche Literatur. Man befürchtet einen negativen Einfluss der kosmischen Strahlung in hohen Flughöhen. Jedoch muss man schon viele Langstreckenflüge unternehmen, um die als Grenzwert empfohlene kumulative Strahlendosis von 1 mSv zu erreichen. […]