Fehlgeburt durch Petersilie? Fakten statt Mythen

Petersilie wird nachgesagt, Fehlgeburten auszulösen. Zu recht?

Fehlgeburt durch Petersilie: Auf vielen Foren und Webseiten zum Thema Schwangerschaft wird von dem Verzehr von Petersilie in der Schwangerschaft abgeraten, da diese Pflanze bei übermäßigem Genuss Fehlgeburten auslöst. Ist das wirklich so? Und kann Petersilie demzufolge auch die Einnistung von Embryonen stören?

Nun ist die Petersilie auch im Jahre 2023 zur „Giftpflanze des Jahres“ ernannt worden: Ein Grund mehr zur Sorge?

Die  Auslösung einer Fehlgeburt mit der Petersilie wird bereits im Mittelalter beschrieben. Schaut man sich diese Quellen genauer an, dann wird hier vor allem die Anwendung zum Auslösen einer Blutung beschrieben, also bei ausbleibender Menstruation. Unklar ist, ob diese Wirkung wirklich bestand und in welche Menge dafür notwendig ist.

Apiol als Wirksame Substanz der Petersilie?

Im Mittelalter funktionierte die Medizin sehr gemäß dem Prinzip „Versuch und Irrtum“, wobei Irrtümer deutlich häufiger waren als gelungene Heilversuche. Vor allem wird der Petersilie eine durchblutungsfördernde Wirkung zugeschrieben. Das war aber auch bereits zur Zeit Karls des Großen bekannt und Petersilie wurde daher zur Stärkung der Manneskraft empfohlen. Vermutlich ebenfalls durch die Verbesserung der Durchblutung wird der Petersilie eine Wirkung als Diuretikum nachgesagt, also zur Förderung der Nierenfunktion.

Naturgemäß erfolgte eine wissenschaftliche Untersuchung der Wirkung von Petersilie erst deutlich später. Erst 1715 isolierte der Leipziger Apotheker Heinrich Christoph Link bei der Dampfdestillation von Petersilienöl die Substanz „Apiol“ erstmals.

Die Wirkung und Herstellung der Substanz wurde 1855 von Joret und Homolle beschrieben und als wirksam bei ausbleibender Regelblutung beschrieben1. Von einer abortiven Wirkung war damals nicht die Rede.

Nur die blühende Petersilie ist ein Problem!

Petersilie Blüte
„Petroselinum crispum“ Foto von Andreas Rockstein

Also ist das Apiol das Problem und verhalf der Petersilie zu ihrer Einordnung als Giftpflanze. Wo findet man nun das Apiol in der Pflanze? Vor allem in den Blüten. Und nach der Blüte findet man diese Substanz auch in größeren Mengen in der gesamten Pflanze. Daher sollte man Petersilie, die geblüht hat oder gerade in Blüte steht, nicht verzehren. Das wird man aber auch nicht tun wollen, weil Petersilienpflanzen, die geblüht haben, sehr bitter schmecken.

Führt Apiol zu Fehlgeburten?

Wissenschaftliche Belege aus neuerer Zeit gibt es dafür nicht. In geringen Mengen wurde dem aus der Petersilie gewonnene Apiol eine schwangerschaftsbeendende Wirkung zugeschrieben. Allerdings ist die Dosierung schwierig und offenbar scheint die gewünschte Wirkung (also eine gezielt medikamentös ausgelöste Abtreibung) auch die Gefahr von tödlichen Zwischenfällen zu bedingen2. Mit anderen Worten: Wenn es wirken soll, ist es so giftig, dass es auch tödlich sein kann. Auch in der Gegenwart kam es durch Apiol oder durch die unsachgemäße Verwendung von Petersilie zu Todesfällen.

Darf man als Schwangere Petersilie essen?

Aus den historischen wissenschaftlichen Publikationen ist zu ersehen, dass das Öl der Petersilie und der darin enthaltende Wirkstoff Apiol giftig ist und zum Auslösen von Fehlgeburten führen kann – und zu Todesfällen. Was ist aber, wenn man die Petersilie nur in der Küche verwendet und sei es in höheren Konzentrationen (z. B. in der Petersiliensuppe)?

Auch dazu gibt es nur wenig wissenschaftliche Literatur. Vermutlich nicht, weil sich keiner die Mühe gemacht hat, die Wirkung von Petersilie auf den schwangeren Körper zu untersuchen, sondern weil niemand eine solche Untersuchung als sinnvoll ansah in Anbetracht der Harmlosigkeit von Petersilie als Küchenkraut. Was man findet, ist jedoch erwartungsgemäß beruhigend3.

Zusammenfassung

Das Öl der Petersilie enthält Apiol. Dieses kann – in hoher Konzentration – möglicherweise Fehlgeburten auslösen. Allerdings auch nur in Mengen, die generell gesundheitlich schädigend sein können. Von der normalen Verwendung der Petersilie in der Küche muss Schwangeren und Frauen mit Kinderwunsch nicht abgeraten werden.

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.

 

Literatur

  1. Joret and Homolle, Jour. Pharm. Chim., 1855, 212.
  2. Edward Shorter, Wopmen’s Bodies: A Social History of Women’s Encouter With Health, III. (New York: Basic Books, 1982) p. 219-220
  3. Kryzhanovskaya ES
    Effect of flavoring Substances on the Bodies of Pregnant and Nursing Women
    Voprosy Pitania 6 (1970), p. 130
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