Erneute Bestätigung: Kein erhöhtes Brustkrebsrisiko nach IVF
So lange Hormone zur Kinderwunschbehandlung eingesetzt werden, so lange gibt es auch die Frage, ob sich hierdurch Risiken ergeben. Vor allem gelten diese Sorgen einem möglicherweise erhöhten Krebsrisiko nach Hormonbehandlungen. Schon vor einiger Zeit wurde eine große Studie vorgestellt, die zeigte, dass ein erhöhtes Krebsrisiko auch nach einer IVF-Behandlung, also mit recht hohen Hormondosierungen, nicht besteht.
Eierstockkrebsrisiko nicht erhöht
Speziell für bösartige Erkrankungen der Eierstöcke konnte eine weitere Studie belegen, dass höhere Risiken nicht bestehen. In dieser Studie wurden medizinische Informationen von 1900 Frauen aus einer laufenden Studie über Eierstockkrebs an der Mayo Clinic untersucht. Die Forscher verglichen 1.028 Frauen mit Eierstockkrebs mit 872 gesunden Frauen gleichen Alters. Über 24 Prozent der gesunden Frauen hatten Hormonbehandlungen wegen Kinderwunschs gehabt, während rund 17 Prozent der Frauen mit Eierstockkrebs solche Medikamente verwendet hatten.
Gleiches gilt für Brustkrebs
Eine aktuelle Erhebung weist nun auch für die häufigste bösartige Erkrankung der Frau – den Brustkrebs – die Unbedenklichkeit von Hormonbehandlungen nach. Bisher publizierte Studien konnten dies zwar auch bereits nachweisen, jedoch war der Beobachtungszeitraum zu kurz, um die betroffenen Frauen bis in die Wechseljahre hinein zu beobachten, in denen ja die meisten Brustkrebserkrankungen auftreten. Studien mit mehr Patientinnen über einen längeren Zeitraum zu beobachten, könnte hingegen erst die Ungefährlichkeit der Hormonbehandlung beweisen.
Die aktuelle, im „Journal of the American Medical Association“ publizierte holländische Studie verfolgte die Verläufe von 19.158 Frauen, die zwischen 1983 und 1995 mit einer IVF begonnen hatten (IVF-Group) und verglich sie mit 5.950 Frauen, die sich einer Kinderwunsch-Behandlung ohne hochdosierte hormonelle Stimulation (non-IVF-Group) im gleichen Zeitraum unterzogen hatten. Am Ende der Nachbeobachtung waren die Frauen durchschnittlich 54,5 Jahre alt.
nach 7 IVF-Behandlungen sinkt das Krebsrisiko sogar
Die Ergebnisse der Studie konnte mit Überraschungen aufwarten. So hatten Frauen, die sieben oder mehr IVF-Behandlungen hatten durchführen lassen, später sogar ein niedrigeres Risiko für eine bösartige Erkrankung der Brust als die Vergleichsgruppe. Das gleiche galt für Patientinnen, die im ersten Behandlungszyklus nur schlecht auf die Stimulation ansprachen.
Bei ehemaligen IVF-Patientinnen betrug das Krebsrisiko 3,0 % und in der Kontrollgruppe lag es bei 2,9%, also gleichauf.
Diese Ergebnisse sind beruhigend, zumal sie die von kleineren Studien bestätigen. Natürlich gibt es immer noch Fragen, die auch weiterhin unbeantwortet bleiben. So ist unklar, ob die Stimulationsprotokolle der letzten Jahre einen anderen Einfluss auf die Erkrankungswahrscheinlichkeit haben. Die holländischen Wissenschaftler möchten auch diese Fragen beantworten und planen eine Neuauflage der Untersuchung mit mehr als 10.000 Patientinnen.
van den Belt-Dusebout AW, Spaan M, Lambalk CB, Kortman M, Laven JS, van Santbrink EJ, van der Westerlaken LA, Cohlen BJ, Braat DD, Smeenk JM, Land JA, Goddijn M, van Golde RJ, van Rumste MM, Schats R, Józwiak K, Hauptmann M, Rookus MA, Burger CW, van Leeuwen FE
Ovarian Stimulation for In Vitro Fertilization and Long-term Risk of Breast Cancer.
JAMA. 2016 Jul 19;316(3):300-12. doi: 10.1001/jama.2016.9389.
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
Ich finde die Ergebnisse der holländischen Studie entlastend. Jede Frau, die eine IVF durchläuft, fragt sich bestimmt irgendwann, ob diese Behandlung negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben wird.
Die holländische Studie reduziert die Bedenken, kann sie aber nicht völlig ausräumen.
Ich hoffe auf weitere Studien mit einer größeren Versuchsgruppe.
Sehr schön. Eine Sorge weniger. Das hat mich schon beschäftigt.
Hat man eigentlich auch untersucht, ob es einen Unterschied macht, ob die Behandlungen erfolgreich verliefen oder nicht?
Das war in früheren Studien bei den allgemeinen Krebsrisiken (also nicht nur Brustkrebs) ein beobachteter Nebeneffekt, dass Frauen, die Schwanger wurden eine niedrigere Krebsrate haben. Das kann man in aktuellen Studien so nicht belegen, da die Risiken ja auch nicht erhöht sind.
In diesem Artikel wird aber ja nur von Brustkrebs gesprochen. Gibt es denn auch Studien im Zusammenhang mit Gebärmutterhalskrebs? Da bei dieser Krebsart ja, neben den HPV-Viren, auch Östrogen als hohes auslösendes Element eine Rolle spielt und bei einer ICSI oder IVF ja nicht unwesentliche Dosen Östrogen verabreicht werden, stellt sich für mich die Frage, ob es da nicht ggf. doch Zusammenhänge gibt?
@ Agnes,
gute Frage. Da habe ich aber eine beruhigende Antwort:
Gebärmutterhalskrebs entwickelt sich aus Plattenepithel, genauer "glatten Plattenepithel" und daher handelt es sich um Plattenepithecarcinome (wie z. B. auch bei Lungenkrebs). Dieses Gewebe ist nicht östrogenempfindlich, anders formuliert: Es enthält nur wenige Östrogenrezeptoren, wie z. B. auch die Haut.
Sie haben Recht: die Dosierungen bei IVF führen zu hohen Östrogenspiegeln, aber das scheint weder bei östrogenabhängigem Gewebe (Brust, Eierstock, Gebärmutter) und erst recht nicht bei östrogenunempfindlichen Organen zu einer erhöhten Anzahl von Krebnserkrankungen.