Darf man bei Endometriose Hormone geben?

Verschlimmert sich die Endometriose bei Hormongaben automatisch?

Die Endometriose ist eine häufige Erkrankung bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch, die durch Hormone verstärkt werden kann. Verschlimmert sie sich immer bei Hormongaben?

Die Kombination der Endometriose mit dem unerfüllten Kinderwunsch tritt recht häufig auf. Das liegt zum einen daran, dass die Endometriose insgesamt eine Erkrankung ist, die nicht selten ist. 10% aller Frauen im fruchtbaren Alter sind davon betroffen. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass die Endometriose die Fruchtbarkeit der betroffenen Frau mindern kann. Ca. 25% aller Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch leiden unter der Erkrankung.

Hormongaben bei Endometriose?

Daher kommt es nicht selten vor, dass eine Kinderwunschbehandlung, sei es eine IVF oder Insemination, durchgeführt werden muss. Man muss bei diesen Behandlungen nicht zwingend eine hormonelle Stimulation durchführen, jedoch sind die Erfolgsraten um Einiges besser, wenn man Hormone verabreicht.

Daraus ergibt sich das Dilemma, einerseits Hormone geben zu müssen, andererseits dadurch Gefahr zu laufen, die Endometriose zu verschlimmern. Ist es denn wirklich so, dass die Erkrankung schlimmer wird, wenn man die Östrogenwerte durch Hormongaben erhöht? Denn das passiert typischerweise bei Hormonbehandlungen, wenn die Eierstöcke stimuliert werden.

Gibt es dazu schon Studien?

Ja, aber es gibt nur wenige Studien mit geringen Fallzahlen, die jedoch beruhigende Ergebnisse zeigten12. Wir hatten über diese Studien auch hier bereits berichtet.

Aktuelle Übersicht: IVF kein Problem bei Endometriose

Die Autorengruppe der zweiten hier zitierten Studie fassten nun die Daten von insgesamt 16 Studien zusammen3. In diesen Studien wurden Frauen unterschiedlichen Behandlungen (VZO, Insemination und IVF) unterzogen. Alle Behandlungen gingen mit einer hormonellen Stimulation der Eierstöcke einher.

Nach Sichtung der Daten aus den 16 Studien kamen die Autoren zu folgenden Schlussfolgerungen:

  • Die Beschwerdesymptomatik einer Endometriose wird durch eine IVF-Behandlung nicht verschlimmert
  • Die IVF erhöht nicht das Risiko, eines Endometrioserezidivs (also Wiederauftreten nach Entfernung)
  • Endometriosezysten der Eierstöcke (sog. Schokoladenzysten) nehmen durch eine IVF nicht an Größe zu
  • Inseminationen können das Risiko für eine Rückkehr der Endometriose nach operativer Entfernung erhöhen
  • Tief im Gewebe befindliche Endometriose kann sich durch eine Stimulation zum VZO (Verkehr zum optimalen Zeitpunkt) verschlimmern

Die Beweislage für die ersten drei Punkte war statistisch mäßig, für die letzten beiden eher schlecht. Die Autoren schließen aus diesen Daten, dass eine aggressive Endometriosetherapie vor einer IVF nicht notwendig ist.

Natürlich wird man auch zu dieser Fragestellung weitere Daten benötigen, um sich ein abschließendes Urteil erlauben zu können. Aber bereits jetzt kann man Frauen mit einer Endometriose bezüglich möglicher Risiken durch die hormonelle Stimulation beruhigen. Zumindest gilt dies für den Fall, dass eine IVF durchgeführt wird, die aber ohnehin bei Endometriosepatientinnen oft die bessere Behandlungsmethode ist.

Noch Fragen?

Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über die andere Foren von wunschkinder.de. Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.

Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

Literatur

  1. D’Hooghe TM, Denys B, Spiessens C, Meuleman C, Debrock S
    Is the endometriosis recurrence rate increased after ovarian hyperstimulation?
    Fertil Steril. 2006 Jun 3
  2. Benaglia L, Somigliana E, Vighi V, Nicolosi AE, Iemmello R, Ragni G.
    Is the dimension of ovarian endometriomas significantly modified by IVF-ICSI cycles?
    Reprod Biomed Online. 2009 Mar;18(3):401-6
  3. Somigliana E, Viganò P, Benaglia L, Busnelli A, Paffoni A, Vercellini P
    Ovarian stimulation and endometriosis progression or recurrence: a systematic review.
    Reprod Biomed Online. 2018 Dec 23
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Kommentar

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5 Kommentare
  1. sowahr schreibt

    Hallo Dr. Breitbach,
    wie sieht es denn mit Östrogentabletten im Vorzyklus und/oder während der Stimulation aus? Wurden in den Studien eher nur auf Hormone (Agonist/Antagonist) eingegangen?

    Bei den oben aufgeführten Resümeepunkten fiel mir auf dass nicht die IVF aber die IUIs das Wiederaufflammen der Endometriose erhöht (2. und 4. Spiegelstrich) – ich hätte eher das Gegenteil vermutet (also bei IUI nicht aber bei IVF).

  2. Elmar Breitbach schreibt

    Zur Verbehandlung habe ich keine Daten, zumindest nichts Aktuelles. Die Daten sind sehr heterogen, Es sind unterschiedlichste Protokolle in den Studien versammelt, so dass eine Differenzierung nach Protokoll nicht möglich ist. Das mit der IUI kann viele Gründe haben: Keine Downregulation, mehr Stimulationen (wenn auch geringer dosiert). Es deckt sich mit meinen persönlichen Erfahrungen, ohne, dass ich genaus sagen könnte, warum es so ist

  3. Libby1234 schreibt

    Hallo Herr Dr. Breitbach,

    wäre es denn nicht die allerbeste Möglichkeit, die Endometriose selbst zu behandeln, gerade, wenn diese das eigentliche Problem ist? Warum macht man denn dann eine IVF, anstatt die eigentliche Ursache des Problems zu behandeln? Ist die Behandlung zu schwierig oder zu wenig erfolgversprechend? Ich habe ja selbst sehr gute Erfahrungen nach (oder durch???) eine Endometriosetherapie mit Hormonen gemacht und bin jetzt zum zweiten Mal schwanger. Das mag natürlich ein Einzelfall sein, aber ich fand die IVF persönlich total schrecklich und denke, andere Möglichkeiten sollte man doch auch erwägen….

  4. Elmar Breitbach schreibt

    Liebe Libby,

    Natürlich ist es besser, die Endometriose selbst zu behandeln. Das ist aber zum einen gar nicht immer so einfach und auch nach dieser Behandlung sind Frauen, die eine Endometriose hatten,weniger fruchtbar als Frauen, die noch nie eine hatten.

    Das bedeutet natürlich nicht, dass man bei jeder Endometriose-Patientin eine IVF durchführen muss. Es geht in dem Artikel darum, ob man es kann, wenn es denn sein muss. Es kann ja auch sein, dass der Mann schlechte Spermien hat und die Frau eine Endometriose. Aber wegen des Spermiogramms muss nun eine ICSI durchgeführt werden.

    Und darauf zielt dieser Artikel ab: Darf man eine Frau mit Endometriose Hormone geben, wenn eine Kinderwunschbehandlung notwendig ist (und das natürlich nicht zwingend nur wegen der Endometriose oder überhaupt deswegen).

  5. […] Therapie diese Erkrankung verschlechtern könnte. Kürzlich hatten wir hier aber schon eine Übersichtsarbeit1)Somigliana, E., Viganò, P., Benaglia, L., Busnelli, A., Paffoni, A., & Vercellini, P. […]