Weltrekord: Geboren 30 Jahre nach der Befruchtung
Wie lange halten sich eigentlich eingefrorene Embryonen?
Embryonenspende in den USA: Am 31.10.2022 kamen die Zwillinge Lydia und Timothy zur Welt. Sie entstanden nach einer künstlichen Befruchtung im April 1992 und waren seitdem eingefroren. Zum Zeitpunkt der Zeugung war der jetzige Vater der Zwillinge 5 Jahre alt.
Was klingt, wie ein Unfall mit einer Zeitmaschine, ist das Ergebnis einer Embryonenadoption. CNN berichtet, dass die Zwillinge das Ergebnis einer künstlichen Befruchtung und nachfolgender anonymer Spende von Embryonen sind. Gezeugt wurden die Embryonen damals im Rahmen einer Behandlung mit gespendeten Eizellen. Also eine doppelte Spende…
Übrigebliebene Embryonen
Die Zwillinge waren damals „übrig“. Das Paar hatte für sie keine Verwendung mehr. Üblicherweise werden solche Embryonen dann verworfen, wenn kein weiteres Kind gewünscht ist. In den USA gibt es kirchliche Organisationen, die sich zum Ziel setzen, solchen Embryonen eine Chance zu geben, indem sie sie zur „Adoption“ vermitteln. Das Paar ließ die eingefrorenen Embryonen daher zum National Embryo Donation Center (NEDC) in Tennessee bringen, wo sie auf ihre weitere Verwendung im warteten.
In Deutschland ist dies grundsätzlich ebenfalls möglich, wie das Netzwerk Embryonenspende mitteilt. Im Jahr 2015 wurde bereits über die erste Geburt nach einer in Deutschland durchgeführten Embryonenspende berichtet. Noch immer ist die Mehrzahl der eingefrorenen Zellen in Deutschland jedoch im sogenannten Vorkernstadium. Und dies sind keine Embryonen, sondern nur befruchtete Eizellen, die laut einem Gerichtsurteil von 2018 nicht gespendet werden dürfen.
Die Embryonenspende hat mit einer Adoption nichts zu tun
Bei der Bewertung ethisch problematischer Themen wird gerne um und mit Begriffen gestritten. In christlich geprägten Kreisen vor allem in den USA wird der Vorgang der Behandlung mit fremden Embryonen als „Adoption“ bezeichnet, während die Amerikanische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin diesen Begriff ablehnt. Bei der Embryonenspende handele es sich um eine medizinisch Maßnahme, die nichts mit der Aufnahme eines Kindes in eine Familie zu tun hat. Der Begriff Adoption sei „irreführend […] und sollte vermieden werden“.
Wir haben uns die am wenigsten gewollten Embryonen ausgesucht
Man schätzt man die Zahl der in den USA eingefrorenen Embryonen auf mehr als eine Million. Rachel und Philip Ridgeway hatten bereits vier eigene Kinder, aber sie entschieden sich aus religiösen Gründen für die Embryonenadoption. Sie wählten daher auch nicht die Embryonen mit dem besten Potenzial aus, sondern sie wählten im Gegenteil jene, die offensichtlich niemand wollte. Hier hat der Begriff „Adoption“ vielleicht dann doch seine Berechtigung.
Einige Fragen zur Embryonenspende
Eingefrorene Embryonen sind das Ergebnis einer künstlichen Befruchtung. Meist entstehen sie in der Folge einer erfolgreichen Behandlung. Die Paare, die ihren Kinderwunsch erfüllen konnten, greifen dann nicht mehr auf ihre eingefrorenen Embryonen zurück.
Die Eizellspende erfolgt ausschließlich zu Behandlung anderer Frauen, z.B. weil diese keine eigenen Eizellen mehr zur Verfügung haben.
Nein, sie ist explizit verboten
Sie ist zumindest nicht verboten. Nimmt man das Embryonenschutzgesetz wörtlich und folgt seinem Zweck (=Schutz von Embryonen), dann ist die Spende zum Erhalt des potenziellen Lebens der Vernichtung auch unbedingt vorzuziehen. Höchstrichterliche Urteile (Bayrisches Oberstes Landesgericht 2020) bestätigen diese Auffassung.
Juristisch gesehen schon, da in der Folge ein Elternpaar ein genetisch mit ihm nicht verwandtes Kind aufzieht. Embryonen sind jedoch das Ergebnis eines Kinderwunschs. Auch wenn sie letztlich nicht zu einer Schwangerschaft führten, stammen sie von einem Paar mit Kinderwunsch und werden an ein anderes Paar mit Kinderwunsch abgegeben. Das ist ein sehr viel positiverer Hintergrund als der bei Adoptionen bereits geborenen Kinder, die mit der Abgabe durch die biologischen Eltern leben müssen.
Biologisch ist das nicht so klar zu beantworten, da von der einen Mutter die Embryonen stammen und die andere das Kind ausgetragen hat. Juristisch ist das in Deutschland jedoch klar geregelt. Eine „geteilte Mutterschaft“ ist hier nicht vorgesehen, die Mutter ist also immer jene Frau, die das Kind zur Welt bringt.
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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.