Spermien haben eine Nase für Cannabinoide

Dass Spermien riechen können, ist den treuen Lesern dieser Seiten ja bereits seit Längerem bekannt. Insbesondere die Sache mit dem Maiglöckchenduft vergisst man nicht so schnell, wenn man es mal gelesen hat.

Cannabinoide schalten die Spermien scharf

Also, aktivieren sie eher. Bochumer und Bonner Biologen haben in Spermien einen Cannabinoid-Rezeptor entdeckt. Körpereigene Cannabinoide, die sowohl im männlichen als auch im weiblichen Genitaltrakt vorkommen, leiten die sogenannte Akrosomreaktion ein, bei der das Spermium Verdauungsenzyme freisetzt und die Hülle an seiner Spitze verliert. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Samenzellen in die Eizelle eindringen können.

Um in die Eizelle zu gelangen, muss das Spermium zunächst die schützende Eihülle aufbrechen. Dazu setzt es Verdauungsenzyme frei, wobei die Hülle an seiner Spitze verloren geht. Diese sogenannte Akrosomenreaktion gilt im Labor als ein Test, um die Befruchtungsfähigkeit der Samenzellen zu beurteilen. Eine wichtige Rolle dabei spielt ein Rezeptor für ein körpereigenes Cannabinoid. Bochumer und Bonner Biologen um Prof. Hanns Hatt haben ihn bei einer vollständigen Bestandsaufnahme der sogenannten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren in Spermien erstmals nachgewiesen.

Forscher finden 223 weitere Rezeptoren

Joint
Spermien könnten es riechen: Cannabis

Das Bochumer Team, das eigentlich auf Riechforschung spezialisiert ist, hatte Anfang des Jahres bereits 60 Riechrezeptoren in Spermien nachgewiesen und zehn davon aktiviert und lokalisiert. „Bei der aktuellen Arbeit haben wir uns auf alle übrigen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren konzentriert, die eben keine Riechrezeptoren sind, sondern andere Substanzen binden“, erklärt Hanns Hatt. Die Forscher untersuchten an Proben zahlreicher Spender, welche Gene in Spermien abgelesen werden, und schlossen so auf 223 verschiedene Rezeptoren. Zu den drei am häufigsten vorkommenden gehört der Rezeptor GPR18, ein erst vor kurzem erstmals beschriebener Cannabinoid-Rezeptor.

Rezeptor reagiert empfindlicher als die bisher bekannten

„Der Rezeptor reagiert sowohl auf den pflanzlichen Cannabis-Wirkstoff THC als auch auf die körpereigene Fettsäure NAGly, die zum Cannabinoidsystem gehört“, so Hatt. „Er ist wesentlich empfindlicher für NAGly als die beiden klassischen, schon lange bekannten Cannabinoid-Rezeptoren.“ Eine Aktivierung des Rezeptors, der im Mittelteil der Spermien sitzt, kann die sogenannte Akrosomenreaktion einleiten. Dabei verändert das Spermium seine Oberfläche und verbindet sich mit der Hülle der Eizelle. Diese Reaktion ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Eindringen des Spermiums in die Eizelle.

Cannabinoide im Vaginalsekret

Man weiß, dass Cannabinoide sowohl in im männlichen als auch im weiblichen Genitaltrakt vorkommen. Studien legen nahe, dass ihre Konzentration bei der Frau an den fruchtbaren Tagen erhöht ist. „Das Cannabinoid schaltet die Spermien gewissermaßen scharf“, meint Hanns Hatt. Der GPR18-Rezeptor kommt auch in anderen Geweben des Körpers vor, zum Beispiel im Gehirn oder im Herzen. Seine Funktion war aber bisher unbekannt.

 

Originalveröffentlichung

Caroline Flegel at al.: Characterization of non-olfactory GPCRs in human sperm with a focus on GPR18. In: Scientific Reports, 2016, DOI: 10.1038/srep32255

Quelle: Pressemitteilung der Ruhruni Bochum

Foto von Alaska Carter

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

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