Warum muss eine Mutter ihr Kind adoptieren?

Zumindest bei lesbischen Paaren ist dies immer noch notwendig

In einem Kinderwunsch-Zentrum ist es ein häufiger Ablauf:

Ein verheiratetes Paar kommt wegen unerfüllten Kinderwunschs in die Sprechstunde. Es wird eine Insemination durchgeführt. Es entsteht eine Schwangerschaft und es kommt zur Geburt eines Kindes. Happy ending…

Nicht ganz:

Ein Elternteil muss das Kind adoptieren

Warum das denn? Sie werden es nicht verstehen, auch wenn ich das jetzt hier hinschreibe: Das Paar ist zwar verheiratet, aber es gibt einen Unterschied zu vielen anderen verheirateten Paaren in unserer Sprechstunde: Es handelt sich um eine gleichgeschlechtliche Beziehung. Ein lesbisches Ehepaar.

Und hier ist es der aktuelle (rechtliche) Stand der Dinge. Während bei heterosexuellen Paaren der Ehemann direkt und unkompliziert beim Standesamt als Elternteil eingetragen wird, ist dies bei lesbischen Paaren mit eingetragener Lebenspartnerschaft anders. Die zweite Mutter muss die Elternschaft vor einem Familiengericht beantragen. Das Ganze nennt sich dann „Stiefkindadoption“.

Nur zum Verständnis eine kleine Wiederholung des Sachverhalts aus juristischer Sicht. Ein verheiratetes Paar entscheidet sich, ein Kind zu bekommen. Wenn dies zur Welt kommt Ist das eine Elternteil die Mutter. Und das andere Elternteil die Stiefmutter. Um als gleichberechtigte Mutter in die Geburtsurkunde eingetragen werden zu können, muss die „Stiefmutter“ das Kind adoptieren. Wenn es gut läuft, dauert das nur ein Jahr.

Paar will gegen die Notwendigkeit der Adoption klagen

Ein Paar aus Hannover möchte das Standesamt nun auffordern, die Geburtsurkunde entsprechend zu korrigieren, wie der NDR berichtet. Sollte die Behörde dem nicht nachkommen – und dem aktuell geltenden Recht zufolge wird sie das nicht tun können – „will das Paar beim Familiengericht in Hannover beantragen, das Standesamt zu verpflichten, die „richtige Geburtsurkunde“ mit zwei Eltern für ihre Tochter Paula auszustellen. […] Die beiden Frauen gehen aber nach eigenen Worten davon aus, dass sie bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen müssen, damit Verena Akkermann rechtlich als zweiter Elternteil anerkannt wird. Unterstützt wird das Paar, das in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt, von Anwältinnen und der Gesellschaft für Freiheitsrechte in Berlin.

Es ist zu hoffen, dass am Ende gleiches Recht für alle dabei herauskommt. Wobei: Dazu müsste man die Krankenkassen auch Kosten für eine Behandlung mit Spenderspermien übernehmen lassen. Für alle Paare mit Kinderwunsch und Bedarf an Spenderspermien.

Noch Fragen?

Dann haben Sie in unserem Kinderwunschforum die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder Fragen an unsere Experten zu richten. Und hier finden Sie die Übersicht über die andere Foren von wunschkinder.de. Die am häufigsten gestellten Fragen haben wir nach Themen geordnet in unseren FAQ gesammelt.

Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

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Kommentar

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8 Kommentare
  1. S schreibt

    zu Ende gedacht hieße das aber:
    ein Kind hat keinerlei Recht mehr auf die Offenlegung seiner Herkunft (Erzeuger).
    schwulen Paaren müsste die Leihmutter erlaubt UND bezahlt werden, da sie sonst unangemessen benachteiligt wären.
    das Kind der Leihmutter wäre automatisch ab Geburt das Kind des schwulen Paares.

    usw usw.

    manche Menschen denken ihre Wünsche nicht zu Ende.
    das Recht des Kindes steht hier über der Bequemlichkeit der Eltern.

  2. Alice schreibt

    Auch ein Kind welches in der heterosexuellen Ehe geboren wurde und durch eine Spende entstanden ist hat ein Recht auf Offenlegung der Herkunft daher gibt es seit 2013 oder 2014(??) keine anonymen Samenspenden mehr.

    Und ja es fehlt seit Jahren an einer Lösung wie Familien unterstütz werden die auf eine Spende angewiesen sind. Es würde vielen schon helfen wenn die eigentlichen Kosten einer Insemination oder IVF etc. übernommen werden würden. Ich glaube jedes Paar wäre da bereit die Kosten für die Spende als solches selber zu bezahlen.

    Spätestens wenn man zur IVF muss hat es medizinische Gründe, nur das interessiert keine Krankenkasse.

  3. Sofia schreibt

    Warum muss eine Mutter ein nicht leibliches Kind adoptieren? Ist für mich irgendwie logisch. Denn sie ist mit dem Kind weder blutsverwandt, noch hat sie das Kind ausgetragen. Ja, sie ist mit der Mutter des Kindes verheiratet, aber so ist es nun mal, wenn nicht leibliche Kinder in der Familie sind. Auch NICHT-lesbische Paare müssen die nicht leiblichen Kinder adoptieren, wenn sie vor Gesetzt als Elternteil gelten wollen. Verstehe ich also nicht, was daran falsch ist und wogegen sie klaggen. Vielleicht sollen auch jetzt alle Patchwork-Familien gegen Adoption klaggen? Schließlich leben sie ja alle zusammen und sind auch zum Teil verheiratet.

  4. Elmar Breitbach schreibt

    @ Sofia: Heterosexuelle Ehepaare, die ein Kind mit Samenspende bekommen, müssen keine Adoption durchführen.

    Es geht darum, die hetero- und homosexuellen Paare, die mit Samenspende Kinder bekommen, gleichzusetzen.

    @ S: Ich kann Ihrem Zuendedenken nicht folgen. Die Herkunft des Erzeugers zu kennen, ist in beiden Fällen Recht des Kindes. Und naturgemäß geschieht die Aufklärung des Kindes bei lesbischen Paaren zuverlässiger als bei heterosexuellen Paaren.

    Das Recht des Kindes ist es, zwei Sorgeberechtigte Elternteile zu haben. Ich verstehe nicht, wieso die Adoption dem Wohl des Kindes dient und welche Rechte des Kindes tangiert würden, wenn die zweite Mutter analog zu anderen Ehepaaren von vorneherein Eingang in die Geburtsurkunde fände.

  5. S schreibt

    @Elmar

    dazu müsste man die Deutschen Gesetze offensichtlich kennen, was Sie nicht tun.
    Eine Geburtsurkunde kann jederzeit geändert werden (unter anderem passiert das eben bei Adoption), ein GEBURTSREGISTEREINTRAG nur mit sehr viel Mühen.
    Der Mann in einer Ehe gilt automatisch als Erzeuger, um die Kinder vor Rachetests des mutmaßlichen Erzeugers bei Trennung zu schützen.
    Ein Vaterschaftstest ist nur bei begründetem Zweifel an der Vaterschaft möglich und auch nur in einem sehr engen Zeitraum nach Bekanntwerden der Gründe.

    Eine zweite Frau KANN biologisch nun mal nie Erzeugerin sein. Deshalb kann sie auch nicht als zweiter Elternteil in dem Eintrag im Geburtsregister aufgeführt werden.

    Und weil es hier aufkam: sehr viele lesbische Paare holen sich Samen aus Dänemark und Co, weil sie nicht wollen, dass der Erzeuger nachvollziehbar ist.
    Das ist egoistisch. Das ist dem Kind gegenüber nicht ok.
    Und ja, die meisten wollen eine anonyme Spende, weil sie gern so tun würden, als gäbe es den entsprechenden Mann nicht.

    Desweiteren wären die schwulen Paare immer noch unangemessen benachteiligt, wenn es für sie keine Möglichkeit gibt, ein Kind in der Ehe als Kind von beiden Männern eintragen zu lassen. Außer per Adoption.

  6. Elmar Breitbach schreibt

    Ich weiß nicht, ob Sie den Artikel oder meine Kommentar gelesen haben. Leider habe ich nicht den Eindruck.

    Es geht um die Anerkennung der Elternschaft. Und es geht eben darum, dass eine Änderung eben erst gar nicht notwendig wäre, wenn die Elternschaft einer verheirateten Frau anerkannt würde, wenn ihre Frau ein Kind geboren hat. Dann wären Geurtsurkunde und Geburtsregistereintrag identisch.

    Ihre Exkursion in das Thema Vaterschaftstest ist hochinteressant, steht aber hier überhaupt nicht zur Debatte.

    Sie setzen Erzeuger und Elternteil gleich. Das ist eben falsch, denn bei nicht gleichgeschlechtlichen Paaren spielt es ebenfalls keine Rolle. Ihnen liegt offenbar viel daran, eine lesbische Mutter nicht automatisch als Elternteil anzuerkennen. Dies jedoch damit zu begründen, dass nur Erzeuger Eltern sein können, ist falsch.

    Offenbar sind Sie über die gesetzlichen Regelungen einer Samenspende unzureichend informiert. Denn "besorgt" man sich die Spermien in Dänemark "& Co", dann unterliegt diese Spende den europäischen Gesetzen. Diese sind seit 2018 dahingehend geändert, dass eine anonyme Spende nicht mehr möglich ist. Bei Interesse gibt es hier mehr Informationen: https://www.sueddeutsche.de/panorama/samenspende-anonym-bleiben-geht-nicht-mehr-1.4036332 Kinderwunschzentren und Samenbanken in ganz Europa sind nun verpflichtet, die Daten des Spenders über Jahrzehnte vorzuhalten. In Deutschland sind es 110 Jahre…

    Ich gebe Ihnen völlig recht, dass durch Spermienspende gezeugte Kinder unbedingt über die Art ihrer Zeugung aufgeklärt werden sollten. Deswegen ja auch die Gesetzesänderung. Naturgemäß erfolgt die Aufklärung der Kinder bei lesbischen Paaren zuverlässig, denn das Kind wird früher oder später Fragen zu seiner Zeugung haben. "Und ja, die meisten wollen eine anonyme Spende, weil sie gern so tun würden, als gäbe es den entsprechenden Mann nicht.". Aus diesem Satz spricht viel persönliche Betroffenheit. Das tut mir leid. Natürlich gibt es solche Fälle. Möglicherweise spricht aus diesem Satz aber auch nur mangelnde Information. Dann sei der Hinweis gestattet, dass die Information des Kindes über seinen seinen Erzeuger von lesbischen Paaren schon immer wesentlich mehr im Fokus stand als bei heterosexuellen Paaren, die eher dazu neigten, die Art der Zeugung zu verheimlichen.

    Zu Zeiten, als die anonyme Spende in Europa noch möglich war, wurden sogenannte "Yes-Spender" bevorzugt von lesbischen Paaren gewählt.

    Zum Thema schwule Väter gebe ich Ihnen recht. Nur stellt sich die Frage, ob man die Benachteiligung der lesbischen Paare erst dann beseitigen darf, wenn dies auch bei den schwulen Paaren der Fall ist.
    Natürlich nicht.

  7. Alice schreibt

    @S, ich bin selber nicht die genetische Mutter meiner Kinder ebenso ist der Vater nicht der genetische Vater.
    Aufgeklärt sind meine zwei übrigens 😉

    Dennoch habe ich sie geboren, wir waren damals verheiratet und somit ist der Vater auch eingetragen als Vater. Wir haben sogar eine Vaterschaftsanerkennung vor der KiWu Behandlung beurkunden lassen. Alles brav über das JA.

    Daher verstehe ich die unglückliche Situation der Regenbogenfamilien.
    Es ist FAKT dass diese Kinder mit der 2. Mutter genetisch so viel gemein haben wie meine Kinder mit mir.

    Diese Paare gingen übrigens genau deswegen nach Dänemark weil es eine zeitlang in Deutschland nicht möglich war als lesbische Paare an Spenden zu kommen, selbst eine Klinik zu finden die dann eine IUI, ICSI etc macht war schier unmöglich. UND Dänemark hatte schon vorher ein viel offeneres Konzept, und man konnte auch Yes-Spender wählen.

    Aber wie der Doc schon sagte damit hat das eigentliche Thema nichts zu tun.

    Es ist viel mehr auch ein logistisches Problem das viele Patchworkfamilien auch kennen, man kann nicht mit dem Kind einfach mal so zum Arzt, man muss immer die "leiblichen" Elternteile dabei haben.
    Später gehts dann auch ans eingemacht wenn es mal ums Erbe geht usw.

    Und für mich ist es eher widersprüchlich dass Kinder die in einer Ehe zur Welt kommen automatisch den Ehemann als Vater eingetragen haben, wieviele sind nicht der Vater, der Klassiker ist ja im Trennungsjahr vom neuen Partner ein Kind zu bekommen. Klar das wird dann "geschwind" geändert.
    Aber warum soll es dann nicht lesbischen Frauen möglich sein die verheiratet sind auch automatisch beide die Mütter sind? In den Zeiten wo man selbst in Stellenausschreibungen sogar -divers- angeben muss?

    Wir müssten gesellschaftlich doch langsam alle mal soweit sein dass man es akzeptieren kann das es eben auch andere Familienmodelle gibt!