Fortsetzung: Wann beginnt die Schwangerschaft?

Ich hatte ja zu Beginn des Jahres darüber berichtet, dass in einem Arbeitsgerichtsverfahren die Frage nach dem Beginn der Schwangerschaft geklärt würde, wenn eine IVF-Behandlung durchgeführt wird.

Damals wurde in den erstinstanzlichen Urteilen entschieden, dass die Schwangerschaft mit der Befruchtung im Reagenzglas beginnen würde und daher auch ab dann der Mutterschutz greifen müsste.

Geklagt hatte die Angestellte einer Konditorei in Salzburg. Ihr Hausarzt hatte sie Anfang März 2005 für eine künstliche Befruchtung krankgeschrieben. Drei Tage vor dem geplanten Embryotransfer erhielt die Mitarbeiterin jedoch von der Konditorei eine Kündigung. Den folgenden Streit um Lohn und Kündigungsschutz legte der österreichische Oberste Gerichtshof dem EuGH vor.

Dieser erhielt nun ein Rechtsutachten zu diesem Fall: Nach dem am Dienstag beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegten Rechtsgutachten gilt der besondere Kündigungsschutz für werdende Mütter erst ab dem Transfer befruchteter Eizellen in die Gebärmutter. Allerdings sei eine Kündigung dennoch rechtswidrig, wenn der Arbeitgeber von dem geplanten Eingriff weiß und der Schwangerschaft noch zuvorkommen will. Das Urteil wird für Anfang kommenden Jahres erwartet. Der EuGH ist dabei nicht an Gutachten gebunden, er folgt ihnen aber in der Regel (Az. C-506/06).

Das Gutachten erhebt jedoch nicht den Anspruch, den biologischen Zeitpunkt zu definieren, an dem eine Schwangerschaft beginnt, sondern zieht sich auf eine Antidiskriminierungs-Argumentation zurück: Demnach sei eine Kündigung nicht erst wegen einer bestehenden, sondern auch schon mit Blick auf eine mögliche oder erwartete Schwangerschaft rechtswidrig. Aus diesem Grund schlägt der Rechtsgutachter vor, die österreichischen Gerichte müssten prüfen, ob die Konditorei von der geplanten künstlichen Befruchtung wusste. Die Beweislast für diskriminierungsfreie Kündigungsgründe liege beim Arbeitgeber.

Ich persönlich finde, dass sich der Gutachter ziemlich geschickt aus der Affäre gezogen hat, indem er die biologischen Aspekte außen vorlässt und uns mit der Frage nach dem Beginn der Schwangerschaft weiterhin alleine lässt.

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

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Kommentar

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5 Kommentare
  1. MichaW schreibt

    Sie wollten doch nicht wirklich von einem Juristen eine Antwort auf eine biologische Frage??
    Wenn es um Kündigungsschutz geht finde ich die Meinung des Rechtsgutachters absolut korrekt. Wichtig ist auch die Aussage, dass wegen der geplanten KB-Behandlung ebenfalls keine Benachteiligung erfolgen darf.

  2. Suse schreibt

    Nun ja, das ist ja auch das eigentliche problem. eigentlich ist es wurscht, ab wann eine Schwangerschaft rechtlich gesehen eingetreten ist – der arbeitgeber wollte verhindern, daß er ne schwangere durchfüttern muß.

    Das Problem an sich ist damit aber noch nicht wirklich gelöst. als Frau im gebärfähigen alter wird man von chefs halt komisch angeguckt, und als Mutter kleiner Kinder ist man offizielles Risiko. Ich weiß, wovon ich schreibe… Ich fürchte, eine Lösung fällt mir auch nicht ein….

  3. Jufa schreibt

    Ich sehe es auch wie Suse. Das Problem ist in unserer Gesellschaft, das wir als Betroffene zu einer Randgruppe zählen und dieses Thema unter den Tisch geschwiegen wird. Die AG würden am liebsten sowieso nur noch Männer einstellen, bei uns werden im Auswahlverfahren für die Azubis von vier Stellen drei mit Jungs besetzt. Würde ich meinem Chef erzählen das ich in Kiwu Behandlung wäre, würde er einen Grund finden mich mit ner unterqualifizierten Tätigkeit los zu werden. Wenn ich oft die Kommentare mitbekomme, wenn meine derzeit ss Kollegin sich krank meldet weil es ihr nich gut geht, "Frau XY ist mal wieder krank, soll se doch direkt zuhause bleiben"….

  4. Rebella schreibt

    Wenn der Kündigungsschutz ab Transfer gilt – gilt er dann auch, wenn der Versuch negativ endet? Ich stelle mir gerade mal einen Fall vor, in dem jemand eine Kündigung direkt nach Transfer erhielt, wo der Versuch negativ ausging, Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich ein bisschen über die Wirksamkeit der Kündigung stritten, in der Zeit aber ein neuer Versuch endlich positiv ausgeht, so dass keine erneute Kündigung mehr möglich ist …

    Was meint ihr? Greift da der Kündigungsschutz?

  5. Rebella schreibt

    Ab wann beginnt denn nun die Schwangerschaft? Ich brauche dazu was für folgenden Ausschnitt aus meinem Schattenbericht zum Thema "Ungewollte Kinderlosigkeit und Beruf":

    "In manchen Berufen sind Arbeiten zu verrichten, die sich negativ auf eine Schwangerschaft auswirken. Wird die Schwangerschaft bekannt, fällt die betreffende Arbeitnehmerin unter Mutterschutz und muss Arbeiten zugewiesen bekommen, die ihrer Schwangerschaft nicht schaden. So lange die Schwangerschaft nicht bekannt ist, fällt die Arbeitnehmerin jedoch nicht unter Mutterschutz. Eine Schwangerschaft beginnt ????? . Zu diesem Zeitpunkt ist sie aber noch nicht bekannt. Das Kind kann durch die Tätigkeit der Mutter insbesondere in den ersten Schwangerschaftswochen schwer geschädigt werden. …"