Kirchen laufen Sturm gegen Kostenübernahme bei PID

Gesundheitsministerium: Die PID ist zugelassen, die Erstattung der Kosten daher folgerichtig.

Die evangelische und katholische Kirche wenden sich gegen Pläne des Bundesgesundheitsministeriums, die Kosten für die Präimplantationsdiagnostik (PID) durch die Krankenkassen übernehmen zu lassen.

Es hat die Kirchen sicherlich damals viel Lobbyarbeit gekostet, die Zulassung der PID ließ sich jedoch nicht abwenden. Seit dem 21.11.2011 ist es auch in Deutschland erlaubt, eine genetische Untersuchung an Embryonen durchführen zu lassen. Die zu erfüllenden Voraussetzungen sind streng und hier bereits kurz umrissen worden. Kurz gesagt: Die PID darf in Deutschland nur dann durchgeführt ist, wenn es bei dem Kind genetisch bedingt zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schädigungen kommt, die unmittel- oder mittelbar zum Tod des Kindes führen. Was dazu gehört und was nicht, wird im Einzelfall von einer gesondert dafür eingesetzten Ethikkommission entschieden.

Die Kosten für eine solche Untersuchung belaufen sich auf bis zu 5.000 Euro (+ weitere 5.000 für die dazu notwendige ICSI), weshalb das Gesundheitsministerium plant, die Krankenkassen zur Kostenübernahme bei der PID zu verpflichten. Die Kosten seien überschaubar, so wird es zumindest im Gesetzentwurf berechnet:

Da es nach den bisherigen Antragszahlen deutschlandweit um circa 200 Fälle im Jahr geht, sollten sich die Mehrkosten für die GKV in einem vertretbaren Rahmen halten. Eine grobe Schätzung, welcher Angaben der bayerischen PID-Zentren zu Kosten und Häufigkeit von weiteren Versuchen sowie die bisherigen, deutschlandweiten PID-Antragszahlen zugrunde gelegt wurden, hat ergeben, dass mit rund 2,6 Millionen Euro pro Jahr (2,7 Millionen Euro, berücksichtigt man auch die Kosten der Ethikkommissionen), großzügig aufgerundet mit 3 Millionen Euro Gesamtkosten pro Jahr gerechnet werden kann.

Also durchaus übersichtlich. Die beiden großen christlichen Kirchen sind dennoch nicht zufrieden Es sei für sie „nicht nachvollziehbar“, warum „ausgerechnet eine so folgenreiche Entscheidung“ mit einem „fachfremden Änderungsantrag“ im TSVG untergebracht werden solle, heißt es laut Focus in einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD, Ralph Brinkhaus und Andrea Nahles, berichtet das Deutsche Ärzteblatt. Das Ministerium äußert Unverständnis für diesen Vorstoß: Die PID sei zugelassen, die Erstattung der Kosten daher folgerichtig.

Und genau da muss man mal kurz innehalten. Um was geht es den Kirchen und auch Kirsten Kappert-Gonther von den Grünen eigentlich? Zumindest die Grünen haben sich ja vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestages für eine Ausweitung der Kostenübernahme bei der IVF ausgesprochen. Es geht ihnen darum, dass sie das „Selektieren von Embryonen“ ablehnen. Das Wording ist gezielt stigmatisierend.

Es geht ihnen darum, dass Paare, die schon mehrere Fehlgeburten erleiden mussten oder Kinder nach der Geburt verloren haben, das entweder weiter tun sollen oder auf Kinder verzichten. Zumindest ist das die Konsequenz für Paare, die das Geld für die PID nicht aufbringen können.

Bei der katholischen Kirche hat man es nicht anders erwarten können. Sie ist ein zäher Gegner mit eindeutig formulierten Vorbehalten gegenüber allen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung. Und tote Kinder sind dann ein gottgewolltes Schicksal, das es zu akzeptieren gilt. Die evangelische Kirche hatte dazu auch schon mal andere Auffassungen vertreten.

Ja, und die Grünen? Lehnen die Kostenübernahme der PID komplett ab und quengeln stattdessen herum, dass „nur heterosexuelle Ehepaare diesen Anspruch erhalten sollen, versteht kein Mensch mehr.“ Dann doch lieber niemand. Verstehe mich niemand falsch, ich verstehe das auch nicht. Aber ist es ein Argument, weniger begüterten Paaren die einzige Chance auf ein lebendes Kind zu nehmen? Aus Prinzip?

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.
 

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Kommentar

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3 Kommentare
  1. mjuka schreibt

    Es ist immer so einfach, als Nicht-Betroffene gegen etwas zu sein. Wir brauchten glücklicherweise keine PID, aber ich kenne Menschen, die unfassbar viel Leid erlebt haben, weil es eben keine PID gab. Ich bin den Grünen nahestehende, evangelische Christin und als solche sehr für die Kostenübenmahme. Die Blockadehaltung ist einfach unverständlich.

  2. Claru schreibt

    Stattdessen ist den Kirchen und den Grünen lieber, man wird ohne PID schwanger und macht dann eine Chorionzottenbiopsie oder Aniozentese, bei der sich dann herausstellt, dass das Kind die Erbkrankheit auch in sich trägt, und dann darf man abtreiben, auf Kosten der Krankenkasse…
    Ja, sehr logisch…

  3. Rebella schreibt

    Danke für diesen Hinweis. Ich wusste bisher nicht, dass das geplante Terminsevice- und Versorgungsgesetz Kostenübernahmen der PID beinhaltet. Bin daher ganz erstaunt. DASS die PID darin steht, das ist für mich schon ein riesiger Fortschritt. Und das unter dem doch so konservativen CDU Gesundheitsminister. Alle Achtung dafür schon mal.

    Ich habe jetzt auch gesehen, dass eine Kostenübernahme für die Kryokonservierung von Fortpflanzungsgewebe bei Krebspatienten vor der Bestrahlung mit in dem Gesetzentwurf steht. Das ist auch ein Fortschritt.

    Dass die Kirchen nun wieder gegen die PID Sturm laufen, war zu erwarten. Mal sehen, ob sie sich durchsetzen können. Vielleicht erleiden sie ja eine Niederlage. 🙂 Das würde mich nicht "nur" mit Blick auf die jährlich 200 Paare, die aufgrund schwer wiegender Erbkrankheiten eine PID benötigen, sehr freuen.

    Die Grünen haben ja einen Gesetzentwurf zur Kostenübernahme für die meisten anderen bisher benachteiligten Gruppen im Bundestag eingebracht, was mich sehr freut. Frau Kappert-Gonther hat in dem Zusammenhang bisher sehr sinnvolle und produktive Aussagen getroffen, wofür ich ihr danke. Im Moment sieht es schwierig aus, ob ihr Gesetzentwurf wirklich zu einer Kostenübernahme auch für lesbische Paare und generell für Samenspenden, sowie für Unverheiratete führt. Einmal wurde derselbe Entwurf ja auch schon abgelehnt. Dass sie die Gelegenheit nutzt, auf diesen Entwurf aufmerksam zu machen, ist meiner Meinung nach legitim.

    Würden z.B. die Kosten für Familiengründung mit Samenspende hälftig von der GKV übernommen werden, dann würde das auch in etwa 2,5 Mio. Euro kosten. Genauso marginal also.

    Ich wünsche mir sehr, dass endlich ALLE Diskriminierungen bei der Kostenübernahme von assistierten Befruchtungen abgeschafft werden! Am Besten sofort!