BSG: ICSI wird nur bei männlicher Unfruchtbarkeit bezahlt

Im Februar dieses Jahres ist ein Urteil vom Bundessozialgericht ergangen, welches sich mit der Bezahlung einer ICSI bei weiblicher Indikation beschäftigt. Das Urteil bestätigt, dass die gesetzlichen Krankenkassen zur Übernahme der Kosten nur bei männlicher Unfruchtbarkeit verpflichtet sind, nicht jedoch bei einer ausbleibenden Befruchtung im Rahmen der normalen IVF aufgrund einer Beeinträchtigung der Eizellqualität durch Endometriose.

Aus dem Urteil ergibt sich aber auch ein wichtiger Aspekt (IVF ist kein Bestandteil der ICSI, beides sind eigenständige Therapien), der eher die privat Versicherten Männer betrifft, dazu mehr am Ende des Artikels.

Die Klägerin hatte eine schwere Endometriose, weshalb zunächst eine IVF durchgeführt wurde. Dabei kam es aufgrund einer mangelnden Eizellqualität nicht zur Befruchtung, weshalb im weiteren Verlauf der Behandlung eine ICSI durchgeführt wurde, die schließlich zu einer Schwangerschaft führte. Das Landessozialgericht Düsseldorf entschied zunächst zugunsten der Klägerin (SG Düsseldorf – S 9 (1) KR 30/02).

Bei der Eizelldeformität der Klägerin sei ICSI indiziert gewesen. Die erst später vom Bundesausschuss erlassenen Richtlinien seien zu eng gefasst, da sie diese Indikation nicht enthielten. Darin liege auch eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Zumindest sei der in der ICSI enthaltene Kostenanteil für die IVF zu übernehmen

wurde das Urteil begründet.

Das Bundessozialgericht urteilte anders:

Zwar ist es theoretisch denkbar, dass auch eine weibliche Fertilitätsstörung eine Indikation für ICSI darstellen könnte. Dazu muss sich aber anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellen lassen, dass ICSI wesentliche Vorteile gegenüber der grundsätzlich indizierten In-vitro-Fertilisation (IVF) bietet.

Dieser wissenschaftliche Beweis konnte nicht erbracht werden, weshalb die Klage abgewiesen wurde. So bedauerlich das ist, so interessant ist dieses Urteil in einem anderen Zusammenhang.

Die IVF ist kein Bestandteil der ICSI, es handelt sich um jeweils eigenständige Behandlungen

Das Bundessozialgericht rügte ausdrücklich die Aussage des Landessozialgerichts, dass die Krankenkasse zumindest den in der ICSI enthaltenen Kostenanteil für die IVF übernehmen sollte.

Obwohl eine Indikation für eine IVF vorlag, kann die Klägerin auch nicht „wenigstens“ die Kosten für den Anteil der Behandlung verlangen, die auf die In-vitro-Behandlung der befruchteten Eizellen entfallen, denn insofern handelt es sich um zwei unterschiedliche Behandlungsmethoden. IVF ist kein „Minus“ von ICSI.

Dies ist interessant bei der häufigen Konstellation „privat versicherter Mann/gesetzlich versicherte Frau“ im Zusammenhang mit männlich bedingter Unfruchtbarkeit. Der Bundesgerichtshof hatte 2004 entschieden, dass eine ICSI in diesen Fällen von der privaten Versicherung des Mannes bezahlt werden muss und zwar inklusive der Behandlungskosten, die dabei der Frau entstehen.

In diesem Urteil steht aber auch folgender Satz:

Dass möglicherweise die Ehefrau des Klägers nach § 27a SGB V ebenfalls einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die In-vitro-Fertilisation gegen ihren gesetzlichen Krankenversicherer hat, führt zu keiner Kürzung des vertraglichen Anspruchs des Klägers. Ob und inwieweit ein Kostenausgleich zwischen seinem privaten Krankenversicherer und dem gesetzlichen Krankenversicherer der Ehefrau erfolgen kann, hatte der Senat hier nicht zu entscheiden.

Dies führte dazu, dass die Privatversicherer mittlerweile regelmäßig Anfragen bei der gesetzlichen Kasse der Frau durchführen lassen, inwieweit diese die Kosten für die IVF übernehmen. Und selbst wenn diese die Kosten nicht übernimmt, stellen sich die PKV oft auf den Standpunkt, dass sie dieses müssten und erstatten nur den Anteil der Kosten für die ICSI, wie sie es nennen, also die Injektion der Spermien in die Eizelle. Nicht jedoch die Kosten für die Eizellgewinnung.

Dies scheint nicht zulässig, denn dem aktuellen BSG-Urteil folgend ist die IVF nicht Bestandteil der ICSI Behandlung. Es handelt sich „um zwei unterschiedliche Behandlungsmethoden. IVF ist kein „Minus“ von ICSI.“

B 1 KR 22/05 R 21. Februar 2006

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Dr. med. Elmar Breitbach ist Facharzt für Frauenheilkunde, Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Er ist als Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren in der Behandlung ungewollter Kinderlosigkeit tätig. Dr. Elmar Breitbach ist Gründer und Betreiber von wunschkinder.de.

 

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